Kochel am See:Neues Festival gegen die "Corona-Depression"

Willy Astor Alter Speicher

Willy Astor eröffnet das Festival am Walchensee.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Musiksommer am Walchenseekraftwerk: Das Openair-Festival soll der Verarmung des kulturellen Lebens entgegenwirken.

Von Felicitas Amler

Das Walchenseekraftwerk aus den Zwanzigerjahren sei immer schon auch ein "Platz der Begegnung", sagt der Pressesprecher des Betreiberunternehmens Uniper, Theodoros Reumschüssel. Und dies nicht nur wegen der jährlich rund 100 000 Besucher der technischen Anlage. Von diesem Sommer an soll das Kraftwerk noch stärker kulturell ausstrahlen. Uniper beginnt zusammen mit den Lenggrieser Veranstaltern von Klein-Kunst & Kultur (KKK), Sabine und Stefan Pfister, eine Reihe "Musiksommer am Walchenseekraftwerk".

Die Idee dazu sei "aus der Corona-Depression heraus" entstanden, erklärt Reumschüssel. Uniper und KKK wollten der "Verarmung des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens", zu der die Pandemie geführt habe, etwas entgegensetzen. Mit hierzulande bekannten Musikgrößen von Willy Astor bis Ami Warning soll das gelingen.

Musiksommer-Programm

Der Musiksommer beginnt am Dienstag, 13. Juli, mit dem Wortakrobaten Willy Astor und seinem "Saitenprojekt Sound of Islands". Der sizilianische Singer-Songwriter Pippo Pollina bringt am Samstag, 24. Juli, das Palermo Acoustic Quintet mit zum Walchensee. Tags darauf kommt Norisha mit ihrer Jazz- und Soulband unter dem Motto "Gotta be happy". Ebenfalls mit Band tritt die Pop-, Soul- und Raggeasängerin Ami Warning am Samstag, 31.Juli, vor dem Kraftwerk auf. Die Ludwig-Seuss-Band präsentiert am Sonntag, 1. August, Blues, Zydeco und Boogie. Den Schlusspunkt setzen am Freitag, 6. August, bei einem "Isar- und Loisachtaler Musikabend" Josef Kloiber, Sonja Schroth, Leonhard Schwarz und Martin Regnat. Alle Konzerte beginnen um 20 Uhr. www.uniper.energy/musiksommer

"Fast sechsstellig"

Uniper investiere einen "fast sechsstelligen" Betrag in das Festival, genauer will sich Reumschüssel nicht äußern. Die Frage, ob es dem Kraftwerk, das augenblicklich besonders stark in der Kritik von Naturschützern steht - Stichwort "Rettet die Isar" -, um Imagepflege gehe, verneint er. Dieser Aspekt habe bei den Überlegungen gar keine Rolle gespielt.

Das Walchenseekraftwerk biete, so der Pressesprecher, mit seinem überdachten Vorplatz die Gelegenheit zu Openair-Veranstaltungen, die dennoch regengeschützt seien, verfüge über die nötige Infrastruktur, von technischen Anschlüssen über Toiletten bis zum Restaurant. Gewöhnlich sei dort von April bis Oktober Hochsaison: "Da ist Action, Begegnung, Dialog." Kochevents, Openair-Kino und Oldtimertreffen hätten schon stattgefunden. Und dies soll nun von Mitte Juli bis in den August um ein Musikfestival ergänzt werden.

Kochel am See: So stimmungsvoll könnte es aussehen, wenn unterm Vordach des Kraftwerks Sommerkonzerte gegeben werden. Noch ist es freilich nur eine Fotomontage.

So stimmungsvoll könnte es aussehen, wenn unterm Vordach des Kraftwerks Sommerkonzerte gegeben werden. Noch ist es freilich nur eine Fotomontage.

(Foto: Veranstalter)

Kraftwerksdirektor Klaus Engels nennt es in einem Vorwort zum Programm "einen Beitrag zum kulturellen Angebot in dieser wundervollen Landschaft und zur touristischen Attraktivität". Reumschüssel sagt auf Nachfrage, wie sich das mit den Klagen der Region rund um Kochel am See über den gerade im vergangenen Jahr viel zu großen touristischen Druck vertrage, es handle sich ja um ein abendliches Kulturangebot.

Andreas Wüstefeld, Leiter des Tourismusverbands Tölzer Land, warnt davor, hier von "Overtourism" zu sprechen, der immer mit Übernachtungen zu tun habe. Kochel hingegen habe ein "Tagesausflugsproblem". Der Touristiker zeigt sich vielmehr "hoch dankbar" für das neue Festival. Es sei ein "qualitativ hochwertiges Angebot", das Gäste anziehe, von denen "viele bereit sind, mit dem öffentlichen Verkehr anzureisen".

"Einmalig"

So würdigt denn auch Kochels Bürgermeister Thomas Holz (CSU) die Kulturinitiative genauso wie das Walchenseekraftwerk selbst. Dieses sei "ein Vorzeige-Projekt, das durch seine große Flexibilität die Energiewende unterstützt". Das Festival bringe die Technik nun "in einmaliger Weise" mit der Kultur zusammen. Und dies, so Holz, mit einer Liste von Künstlern, die "aufhorchen" lasse.

Sabine Pfister zeigt sich ausgesprochen glücklich über die Kooperation, die dem KKK eine neue Location erschließt. Sie betont, es seien ja nur 199 Plätze zu besetzen, so dass "was Kleines, Schnuckliges" entstehen könne - "sehr für die einheimische Bevölkerung". Eine Reihe wie der Musiksommer sei dennoch "eine große Sache" und für kleine Veranstalter allein nicht umzusetzen. Dass Uniper mit dem KKK kooperiere, quittiert das Ehepaar Pfister mit einem "Wow! Was für eine Aufgabe!"

In allen Fragen des Planens kultureller Events sind die Pfisters allerdings äußerst erfahren. Sie bespielen seit Jahren das Arabella-Brauneck-Hotel in Lenggries und den Kramerwirt in Arzbach. Auch für den Musiksommer am Walchenseekraftwerk kümmern sie sich nun ums Künstlerbooking, den Kartenvorverkauf und die Betreuung der auftretenden Gäste am Ort des Geschehens. Wie alle Veranstaltungen, die derzeit geplant werden, steht auch dieses Festival unter dem Vorbehalt des Schutzes vor der Pandemie; je nach der Entwicklung und den aktuellen Vorgaben kann es stattfinden oder nicht.

Im Fall einer Absage, so Reumschüssel, "wird's eben nächstes Jahr was". Die Tickets würden dann zu hundert Prozent erstattet, sagt Sabine Pfister. Sie bittet das Publikum aber um rechtzeitige Reservierung, nur so lasse sich alles gut vorbereiten. Reumschüssel lädt dazu ein, die Chance des Kunstgenusses im "intimen Rahmen" vor dem Kraftwerk zu nutzen: "So nah kommen Sie solchen Leuten nicht mehr."

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