Kochel am See:Ende eines denkmalwürdigen Streits

Kochel am See: Am ehemaligen Verstärkeramt in Kochel am See laufen seit knapp drei Wochen die Abbrucharbeiten.

Am ehemaligen Verstärkeramt in Kochel am See laufen seit knapp drei Wochen die Abbrucharbeiten.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Nach der Gerichtsentscheidung zum Kochler Verstärkeramt machen sich die Konfliktparteien noch einmal Luft

Von Petra Schneider, Kochel am See

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am Montag die Popularklage des Weilheimer Architekten Heiko Folkerts gegen den Abriss des Verstärkeramts abgewiesen. Nun liegt auch die schriftliche Begründung vor. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass der Bebauungsplan für das Areal verfassungsgemäß ist. Das Gericht sieht keinen Verstoß gegen den Denkmalschutz.

Auf den bereits laufenden Abriss, für den das Tölzer Landratsamt bereits vor einem Jahr die Erlaubnis erteilt hat, hatte die Klage ohnehin eigentlich keine Auswirkungen. Sie richtete sich aus formaljuristischen Gründen gegen den Bebauungsplan. Falls das Urteil anders ausgefallen wäre, hätte die Gemeinde die Pläne, das Verstärkeramt mit kommunalen Wohnungen und einem neuen Bauhof zu ersetzen, zwar nach den Vorgaben des Verfassungsgerichts ändern müssen. An der Abrisserlaubnis hätte das aber nichts geändert.

Überraschend ist das Urteil nicht, denn bereits im August hatte das Gericht mitgeteilt, dass die Popularklage keine Aussicht auf Erfolg habe. Bürgermeister Thomas Holz (CSU) äußert sich entsprechend zufrieden. "Das Urteil war erwartbar", sagt er. Die Entscheidung des Gerichts sei eine "weitere krachende Niederlage" für die Initiatoren der Popularklage und die Projektgegner. Man müsse dieses eindeutige Ergebnis nun endlich akzeptieren. Kläger Folkerts, der sich für den Erhalt des knapp 100 Jahre alten Gebäudes aus der Münchner Postbauschule eingesetzt hat, findet die Entscheidung indes "sehr bedauerlich". Er nennt die Causa Verstärkeramt ein "Lehrbeispiel, wie man Denkmäler zu Fall bringt". Der Denkmalschutz in Bayern sei inzwischen "Makulatur", schimpft er. Die "vorbildlichen Denkmalgesetze aus den Siebzigerjahren" seien "faktisch außer Kraft gesetzt". Die Politik sei nur noch in Einzelfällen willens, den Denkmalschutz anzuwenden, so Folkerts. Ohne das Engagement Einzelner oder ehrenamtlicher Vereinigungen wie dem Denkmalnetz Bayern, dem Folkerts angehört, passiere gar nichts mehr. Beim Verstärkeramt seien nun alle Möglichkeiten ausgereizt, "das ist erledigt", sagt er. Der politische Kampf um den Denkmalschutz gehe aber freilich weiter.

Tatsächlich haben die Denkmalbehörden im Fall des Verstärkeramts keine gute Figur abgegeben. Bereits im April 2018 hatte die damalige Kreisheimatpflegerin Maria Mannes Landesamt für Denkmalpflege um eine Überprüfung der Denkmaleigenschaft des Verstärkeramts gebeten, das sich da bereits im Eigentum der Gemeinde befand. Dies ist nicht geschehen. Die Gemeinde stellte einen Bebauungsplan auf, das Landesamt für Denkmalpflege wurde beteiligt - gab aber keine Stellungnahme ab, auch nicht bei einem späteren Ortstermin. Der Gemeinderat beschloss im Juli 2018 den Bebauungsplan einstimmig. Erst sechs Wochen später nahm das Landesamt für Denkmalpflege das Gebäude dann doch in die Denkmalliste auf - auf politischen Druck, weil sich Folkerts mit einer Petition an den Landtag gewandt hatte. Ein halbherziger Eintrag, denn die Denkmalbehörde räumte Versäumnisse ein und erklärte, dass sich die gemeindlichen Pläne wohl nicht mit einem Erhalt des Gebäudes vereinbaren ließen.

Wie Bürgermeister Holz stets betonte, hätte die Gemeinde das Areal nicht gekauft, wenn das Verstärkeramt damals schon als Denkmal eingetragen gewesen wäre. Die Gemeinde pochte in der Folge auf ihren "Vertrauensschutz" und trieb trotz der Denkmalverdächtigkeit des Verstärkeramts ihre Planungen voran. Bis zum nächsten Frühjahr soll das Gebäude nun abgerissen werden. Kosten: rund eine halbe Million.

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