Süddeutsche Zeitung

Kochel am See:Durchhalten bis zum Sommer

Denise Bissinger ist von der Pandemie mitten in der Aufbauphase ihres Hostels "Berg-Blick" getroffen worden. Sie bleibt dennoch optimistisch

Von Laura Kukulenz, Kochel am See

Denise Bissinger betreibt seit drei Jahren das Hostel "Berg-Blick" und das dazugehörige Dorfcafé in Kochel am See. Die 26-Jährige hat vor drei Jahren den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt und muss seit vergangenem Jahr die Folgen einer Pandemie bewältigen. Auch die junge Unternehmerin hat die Corona-Krise zunächst schwer erwischt. "Für uns ist das natürlich eine große Herausforderung, unsere Branche hat es hart getroffen", sagt sie. Die 26-Jährige lässt sich aber nicht unterkriegen und sagt selbst: "Ich mache das Beste aus dieser Situation." Sie habe die unerwartete Auszeit für ein zweites Standbein genutzt. "Wenn sich eine Tür kurzfristig schließt, schaue ich, was ich machen kann. Es war nicht so, dass ich nur rumsaß. Wir haben renoviert, was Neues aufgebaut", sagt sie. Gemeinsam mit einer Freundin hat sie den Onlineshop "nice-ink eröffnet. Dort verkaufen sie Temporäre Tattoos.

Kleinere Renovierungsarbeiten, etwa ein neuer Anstrich der Zimmer, seien bereits vor der Pandemie geplant gewesen. In der Krise habe sie dann noch zusätzliche Arbeiten vorgenommen und viel in die Digitalisierung investiert. Ein Check-in-Tablet wurde angeschafft, dies ermöglicht ankommenden Gästen kontaktloses Einchecken; Gästemappen seien nun ebenfalls digital, und sie habe eine neue Software für die Buchhaltung eingeführt.

2017 erwarb Bissinger das alte Gebäude nahe dem Kochelsee, von der Gemeinde Kochel, nachdem es zwei Jahre leer gestanden hatte. Nach drei Jahren war der Lockdown im Frühjahr die erste, wenn auch unfreiwillige Auszeit für sie. Im Juni konnte sie ihr Hostel wieder öffnen. Dafür ist die Kochlerin sehr dankbar, denn die meisten Gäste begrüßt sie von April bis Ende Oktober, und so konnte sie den Großteil ihrer Hauptsaison mitnehmen. "Dank unseres Hygienekonzeptes konnten wir die gesamte Saison öffnen und wir hatten keinen einzigen Corona-Fall. Ich habe mich regelmäßig testen lassen", sagt Bissinger.

Die momentanen Infektionszahlen bedeuten zwar, dass ihr Hostel seit November bis auf Weiteres geschlossen bleiben muss, doch sie empfindet "die Maßnahmen absolut richtig. Natürlich haben wir extra Hygienekonzepte ausgearbeitet und durchgesetzt, aber es geht um alle Kontakte, die wir in dieser Situation vermeiden sollten".

Es gab durch Corona einige Umstellungen für die Unternehmerin. Vor allem bei den Gästen habe sie einen Unterschied gesehen. Das Hostel ist eigentlich eher eine Gruppenunterkunft, vor allem beherberge sie Schulklassen und jedes Wochenende veranstalte sie Events, wie Geburtstagsfeiern oder Hochzeiten. In diesem Jahr kamen nun kleinere Familien, und so war das Haus nicht immer voll besetzt.

Sie habe Glück: "Wir profitieren von der Sommersaison und sind nicht so sehr von der Wintersaison abhängig, wie zum Beispiel Skiorte, die haben es natürlich hart", sagt sie. "Vergangenes Frühjahr gab es schon Anfragen für Weihnachten und Silvester. Da haben wir aber seit Beginn der Pandemie nichts angenommen, weil wir wussten, dass das nicht stattfinden kann und wird", sagt die 26-Jährige.

Über die Unterstützung des Staates, wie etwa die Überbrückungshilfe, sei sie sehr froh und dankbar. "Das ist auch nicht selbstverständlich", sagt sie. Da sie weder gemeinnützig ist und auch zu keinem Verband gehört, habe sie zwar die Steuerlast, dafür könne sie genau in einer solchen Krise Staatshilfen in Anspruch nehmen. Sie sei froh, dass sie erst im dritten Jahr nach der Eröffnung eine Krise durchstehen muss. "Wenn es direkt nach der Eröffnung passiert wäre, hätte ich keine Rücklagen gehabt. Ich wäre auch nicht förderfähig gewesen, da würde meine Situation und auch meine Stimmung natürlich anders aussehen."

Sie habe sich das Hostel nebenher aufgebaut, und daher habe sie eine andere, positivere Ansicht als viele Unternehmer. Das Haus hat sie gekauft, als sie noch Immobilienwirtschaft studierte. "Als Student braucht man nicht viel zum Leben", sagt sie. Einen sparsamen Lebensstil habe sie sich beibehalten. Sie habe zwar immer reinvestiert, aber sich dennoch Rücklagen geschaffen, "es ist ja doch ein altes Haus, da kann schon mal die Heizung ausfallen und diese Rücklagen konnte ich jetzt gut hernehmen." Sie sei optimistisch, dass sie allerspätestens zur Sommersaison wieder öffnen könne. "Wir haben schon wieder Gruppenanfragen für dieses Jahr. Die Zeit bis dahin überstehen wir, und wenn wir die nächste Saison wieder mitnehmen können, füllen wir auch wieder unseren Puffer auf", sagt sie.

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SZ vom 08.01.2021
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