Die Wunschformel für Samstag, 15. September, fasst Jason Thalhammer in fünf Worten zusammen: "Es soll sich was rühren!" Deshalb hat der 34-jährige Chef der Chili's Tex-Mex-Bar nach acht Jahren Pause das Wolfratshauser Wirtefest wiederbelebt. "Ich bin zum Bürgermeister gegangen und hab gesagt: Die Leute sollen merken, dass sie in Wolfratshausen fortgehen können", erzählt er. Immer heiße es, die Stadt schlafe. Und tatsächlich klappten abends um Sieben die Bürgersteige hoch. "Und dann stehst du da und schaust, wie du sie wieder runterklappst, wie du Gäste herbekommst!"
Dieses Problem dürften er und seine Kollegen am Samstag nicht haben. Im gesamten Stadtgebiet steigt ein Livemusik-Festival, das selbst erprobte Feierbiester an ihre Grenzen bringen dürfte. Die meisten Bands treten in der Wolfratshauser Altstadt auf, aber auch an der Königsdorfer und an der Sauerlacher Straße, am Hans-Urmiller-Ring und in Waldram gibt es Bühnen für eine Nacht. Zudem beteiligt sich das Wirtshaus Pupplinger Au mit einem Mittelalterfest an dem Spektakel. Der Eintritt zu allen Konzerten ist frei. Zwischen den Gaststätten, Bars und Cafés verkehrt ein kostenloser Shuttlebus.
Einen guten Überblick über das Angebot gibt eine Broschüre, welche die Stadt - sie bezuschusst das Festival mit 16 000 Euro - hat drucken und auslegen lassen. Die Auflage beträgt 5000 Stück. Auch bei der Organisation hat Marion Klement vom Wolfratshauser Kulturamt mitgewirkt. Sie sei selbst erstaunt gewesen, dass es in der Stadt 40 Restaurants und Cafés gebe, gesteht sie. "So viele!" Alle Gastronomen seien angeschrieben und zum Mitmachen eingeladen worden. Die Hälfte von ihnen ist nun mit von der Partie.
Neu ist, dass die Wirte sich ihre Musik selbst ins Haus holen. Bei den vorherigen Festen hatte ein externer Veranstalter ihnen die Bands zugeteilt. Das sei ihm gegen den Strich gegangen, sagt Thalhammer. "Der eine zieht am Morgen lieber ein gelbes T-Shirt an, der andere ein schwarzes. Und mit der Musik ist es genauso." Er hat am Samstag eine kubanische Band engagiert, die mit Salsa und Latin-Hits einheizen soll. Azucar Cubana heißt die Combo, die bisweilen mit prächtig kostümierten Tänzerinnen auftritt und schon im Papperlapp in Geretsried zu Gast war. Dort hat Thalhammer sie erlebt. "Geil", sagt er, "das taugt mir." Bis drei Uhr morgens sollen seine Gäste bei ihm tanzen können.
Andere Kollegen lassen es lieber ruhiger angehen. So singt im Café Ratscherl der italienische Tenor Guiseppe del Duca beliebte Opern- und Operetten-Melodien. Im neu eröffneten Pa'Jas an der Sauerlacher Straße packt Willi Sommerwerk seine Gitarre aus. Und in der Tagesbar im Wirth-Haus stellt sich eine junge Liedermacherin namens Luna vor. Im Rathaus Café Streicher lädt das vierköpfige Trio ZAKK zu einer musikalischen Weltreise ein, und im Waldramer Gasthof zur Post bieten die Bonny Tones handgemachte Covermusik.
Zwei umtriebige Wirte - Michel Amato und Ralf Musto - lassen ihre Bars an diesem Abend zugesperrt und verwandeln stattdessen den Marienplatz in eine Freilichtbühne mit 200 Sitzplätzen. Beginn ist um 16 Uhr. Die meisten anderen Kollegen starten erst etwas später ins Abendprogramm. Gleich nebenan im Haderbräu spielt die Bläserkombo Tromposaund auf; ein paar Türen weiter, im Eiscafé Cristallo, lässt es die Wolfratshauser Nachwuchsband Manera krachen. Funk, Soul und Hip-Hop bringt Münchens kleinste Bühne in die Zeppelin Bar.
Passend zur Musik haben viele Wirte auch ihre Speise- und Getränkekarte gestaltet. Jason Thalhammer setzt in seiner Tex-Mex-Bar natürlich auf die mexikanische Küche mit Tortillas und Fajitas, die sich jeder nach Belieben belegen kann. Zum Wirtefest bietet er aber auch eine Spezialität an, die man in ganz Lateinamerika vergeblich sucht: den Alpenburger. "Den machen wir sonst nur zum Christkindlmarkt."
Informationen unter www.wolfratshausen.de
Kunterbunte Gaudi
Bunt gemischt ist das Publikum im Landhaus-Café an der Sauerlacher Straße. Ebenso vielfältig ist das Repertoire der Formation Gaudi Box, der mehr als 15 Musiker angehören. Beim Wirtefest tritt die Cover-Combo als Trio auf mit Andi Halamek-Weinert (Keyboard), Mid Stelzer (Gitarre) und Stefan Gilly (Schlagzeug). Auf der Speisekarte steht unter anderem Weißbierbowle mit Himbeeren, Aprikosen im Speckmantel und Vanilleeis mit Espresso - die Mischung macht's.
Boule und Bluegrass
Selbst gemachte Kuchen sind das Markenzeichen des Fair Cafés in Waldram, das einen französischen Tag ausrichtet: mit speziellen Weinen, Crêpes, Cidre und einer Boulebahn. Am Abend dürfen es sich die Gäste am Lagerfeuer gemütlich machen. Aber nicht etwa bei Chansons. Vielmehr packt die Isar River Staring Band aus Wolfratshausen Banjo und Gitarren aus und lässt amerikanische, irische und schottische Volksweisen erklingen sowie Old Time und Bluegrass.
Magie des Mittelalters
Met, Flammbrot, gefüllte Ofenkartoffeln und Spareribs vom Grill hat Andreas Krieger am Samstag auf die Speisekarte gesetzt. Im Wirtshaus Pupplinger Au geht nämlich ein Mittelalterfest mit Fabula Ignis über die Bühne. Dazu gehören musikalische Darbietungen, eine Feuershow, inszenierte Kämpfe und ein nachgestelltes Lagerleben. Ein umherziehender Magier verzaubert die Gäste. Kinder dürfen sich ihr Stockbrot unter Aufsicht selbst am Lagerfeuer rösten.
Erdiger Rock
Nur kein Schnickschnack. Während andere Kollegen sich kulinarisch schwer ins Zeug legen, vermeldet Dieter Sattler von der Biermühle lapidar : "Der Wirt verzichtet auf Experimente und bleibt seiner Karte treu." Seine Gäste wissen diese Bodenständigkeit zu schätzen, die Café-Bar am Birnmühlplatz ist ein beliebter Treffpunkt. Erdig geben sich auch die Busstopp Rokkers - Chris Doc Schneider und Michael Reiserer - mit Songs von Johnny Cash, Bob Dylan, Chuck Berry und Hans Albers.
Urlaub am Untermarkt
Griechische Spezialitäten tischen Dritan Xhaka und Christina Oerterer ihren Gästen im mehr als 400 Jahre alten Haderbräu am Untermarkt auf, das unter den neuen Pächtern den Namen Athos trägt. Dazu passend hat das Paar die Musik ausgewählt: Die Band Genima speist sich aus Schülern des griechischen Rockstars Vasilis Papakonstantinou, der in München eine Musikschule gegründet hat.
Bayerische Klassiker
"Urig, bayerisch, zünftig", so beschreibt Franz Holzheu seinen Gasthof zum Löwenbräu. Auf der Karte hat er Klassiker wie Schnitzel mit Pommes, im Programm die G-Mahde Wies'n - eine regionale Kultband, die sich ihren eigenen Reim auf die Befindlichkeiten ihrer Mitmenschen macht. Die vier Musiker intonieren Rockwalzer und Alpin-Boogie und freuen sich, wenn ihre Fans mitsingen.
Erfrischender Stilbruch
Das Wirtshaus Flößerei erweckt den Eindruck, als stünde es seit Jahrhunderten an der Loisach. Tatsächlich wurde es erst vor knapp zehn Jahren neben der Loisachhalle errichtet. Hinter der rustikalen Fassade verbirgt sich eine moderne Bar. Auf erfrischende Stilbrüche setzt auch die Münchner Formation Oans no, die Ska, Hip-Hop und Balkanbeats mischt und sie mit bairischen Texten garniert.
Dragqueen im Schokoladenhimmel
Schokobananen, Nugat-Crêpes, Trinkschokolade und Wiesn-Bowle kredenzt Georg Bernhofer seinen Gästen zum Wirtefest. Das Sahnestückchen in seiner Chocoladenmanufaktur & Genusswerkstatt am Obermarkt dürfte aber die Dragqueen Clara sein, die mit neckischen Kommentaren für gute Laune sorgen will und zugleich eine Verlosung zugunsten der Wohnungslosenhilfe Wolfratshausen leitet.