Renovierung auf dem Reutberg:Modernes Wunder in der Klosterkirche

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Die eine Hälfte dunkel, die andere leuchtend: Das Wandgemälde „Die klugen und die törichten Jungfrauen“ wurde zum Teil schon mit einem modernen Laser gereinigt. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Einsatz von Lasertechnik lässt fast verschwundene Wandgemälde in der Kirche „Mariä Verkündigung“ wieder leuchten. Die Innenrenovierung verzögert sich dadurch. Neuer Spiritual auf dem Reutberg ist Pfarrer Markus Gottswinter.

Von Klaus Schieder, Sachsenkam

Die linke Hälfte des Wandgemäldes in der Klosterkirche auf dem Reutberg ist dunkel, fast schon schwarz. Der Ruß der Kerzen und die alte Heizung haben in vielen Jahrzehnten einen Trauerflor über die Darstellung „Die klugen und die törichten Jungfrauen“ gelegt, die Figuren sind dahinter kaum noch zu erkennen. Die rechte Hälfte leuchtet dagegen in Farben, als sei das Bild erst vor wenigen Wochen gemalt worden. Moderne Lasertechnik macht’s möglich. „Ein hervorragendes Ergebnis“, schwärmt Architekt Hermann Thurner. „Es ist schon beeindruckend, was man mit dieser Technik herausholen kann.“ Der winzige Wermutstropfen: Die Renovierung der Klosterkirche wird nicht wie vorgesehen bis Ende des Jahres, sondern erst 2025 abgeschlossen sein.

Den Einsatz eines Lasers hatten Schwester Benedicta Tschugg, Apostolische Kommissarin des Klosters, Hans-Jürgen Dennemarck, ehemaliger Diözesanbaumeister und Projektleiter der Kirchenrenovierung, und Architekt Thurner vor fünf Monaten noch skeptisch gesehen. Vor allem wegen der Gefahr, dass Teile von Wandgemälden dadurch unwiederbringlich verloren gehen könnten. Erzeugt ein Laser eine hohe Oberflächentemperatur auf einem Bild, kann dies rasch geschehen. Übliche Laser liegen Thurner zufolge unter den grenzwertigen 60 Grad, mittlerweile gibt es aber auch moderne Versionen, die nur fünf bis zehn Grad erzielen. Kostenpunkt: gut 100 000 Euro. Die beauftragte Fachfirma aus Weißenhorn bei Neu-Ulm hat sich ein solches Gerät angeschafft, als sie den Auftrag vom Kloster Reutberg erhielt.

Den Stand der Renovierung in der Klosterkirche auf dem Reutberg erläuterte Architekt Hermann Thurner. Links: Schwester Benedicta Tschugg. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Lasern ist Millimeterarbeit. Zunächst nehme man sich eine fingernagelkleine Probefläche vor, sagt Thurner. „Die schaut man sich dann unter dem Mikroskop an.“ Jedes Pigment, jeder Farbton bedürfe einer unterschiedlichen Einstellung des Lasers. Für einen Quadratmeter Fläche benötige man ungefähr vier Stunden. Hinzu kommt, dass sich während der Arbeit mit dem Laser niemand sonst dort in der Kirche aufhalten darf. Das wäre zu gefährlich. Dies ist der auch der Grund dafür, warum sich die Innenrenovierung nun noch bis ins nächste Jahr erstreckt. Aber, so Thurner: „Die Fachleute sind vom Ergebnis sehr angetan, da gibt es große Zustimmung, um nicht zu sagen, sie sind begeistert.“

Ansonsten kommt die Renovierung gut voran. Die Decke der Klosterkirche ist fertig retuschiert und leuchtet rosafarben. Dies korrespondiere mit der Farbe in der Loreto-Kapelle, sagt Schwester Benedicta: „Wir haben jetzt wieder das barocke Erscheinungsbild, alles ist aus einem Guss.“ Die Kapelle, die früher wie eine Steinmauer aussah, ist nun – wie andere Loreto-Kapellen – als Ziegelbau gemalt. Zehn bis zwölf Restauratoren arbeiten zeitweise gleichzeitig an Leinwandgemälden, Altären und Holzfiguren.

Die Figur Johannes der Täufer wurde bereits vom braunen Überzug befreit und retuschiert. Links: Novizin Maria Pia. (Foto: Manfred Neubauer)

In der Sakristei sind unter anderem die Skulpturen der Apostel Petrus und Paulus aufgestellt, die bei der letzte Restaurierung in den Sechzigerjahren einen Überzug erhielten, der braun wurde. Die beiden Heiligen sehen inzwischen aus, als wären sie zu lange am Strand gelegen. Die Figuren werden mit modernen Materialien und in Acryltechnik retuschiert. „Weil man damit bessere Ergebnisse erzielen kann“, erklärt Thurner.

Nach jahrelangen Vorarbeiten begann die Renovierung der beliebten Klosterkirche Mariä Verkündigung auf dem Reutberg vor drei Jahren. Zunächst wurden der Kirchturm und dann der Dachstuhl instandgesetzt. 2023 folgte die Haustechnik – von der Elektroinstallation über die Beleuchtung bis zur Heizung, die nun mit Hackschnitzeln aus der klostereigenen Forstwirtschaft betrieben wird. Im Hauptraum des Gotteshauses wurde unter dem Putz eine Bauteiltemperierung verlegt, die für konstante Temperaturen von acht bis zehn Grad sorgt.

Die Erzdiözese hat einen weiteren Zuschuss von 300 000 Euro für die Innenrenovierung gewährt

Die Gesamtkosten belaufen sich auf circa drei Millionen Euro. Sie lägen damit „unter den 2020, mit Index seit 2014, hochgerechneten und prognostizierten Kosten“, teilt Projektleiter Dennemarck mit. Gut ein Drittel davon trägt die Erzdiözese München und Freising, außerdem gab es Bundesmittel. Sponsoren sind überdies mehrere Stiftungen, die Gemeinde Sachsenkam, Privatleute und der Förderverein der Freunde des Klosters Reutberg. Die Erzdiözese legte erst vor Kurzem nochmals 300 000 Euro für die Innenrenovierung drauf, wie Schwester Benedicta mitteilte. Das mache es ihr und dem Mitschwestern vom Orden der Terzianerinnen der Franziskaner leichter, bestimmte Entscheidungen zu treffen. Der Einsatz der Lasertechnik dürfte Thurner zufolge gut 100 000 Euro kosten. Vielleicht auch etwas mehr.

Markus Gottswinter ist der neue Spiritual und Wallfahrtsrektor auf dem Reutberg. (Foto: Manfred Neubauer)

Der erhöhte Zuschuss ist auch ein Zeichen dafür, dass sich die Beziehung zwischen dem Ordinariat und den Ordensschwestern verbessert hat. Vor sechs Jahren, als der nur mehr aus zwei Nonnen bestehende Konvent aufgelöst werden sollte, war das Verhältnis angespannt. Ein weiterer Hinweis: Der Reutberg bekommt nach Jahren der Vakanz wieder einen Priester. Neuer Seelsorger ist Markus Gottswinter aus München. „Er ist kein Ausrangierter, sondern reißt ein großes Loch in München“, sagte Schwester Benedicta.

Seit seiner Kindheit, vor allem seit seiner Weihe zum Diakon ist er eng mit den Schwestern vom Reutberg verbunden. „Ohne den Reutberg wäre ich nicht geworden, was ich bin, ohne das Gebet der Schwestern säße ich nicht hier“, sagte er. Der neue Spiritual und Wallfahrtsrektor war als Kaplan im Chiemgau, Fürstenfeld und Moosburg tätig, als Pfarrer wirkte er in Mariahilf München und der Universitätskirche St. Ludwig. Für die Stelle auf dem Reutberg musste er sich bewerben. So schnell, erzählte er, habe er noch nie eine Reaktion von Kardinal Reinhard Marx erhalten: „Jetzt gehst nach Reutberg.“

Das Kloster Reutberg als „Krepieranstalt für halsstarrige Schwestern“

Das Kloster dort sei schon immer von starken Frauen geprägt gewesen, sagte Gottswinter. Dazu führte er ein Beispiel aus der Geschichte an: 1809 habe das bayerische Innenministerium unter Maximilian von Montgelas den Reutberg als „Krepieranstalt für halsstarrige Schwestern“ bezeichnet. Mehr als 200 Jahre später hielt im Kloster noch Schwester Faustina mit der inzwischen gestorbenen Schwester Augustina aus. Zwei Nonnen hätten für den Reutberg „alles, was ihre Seele an Kräften hatte, eingesetzt“, sagte Gottswinter. Als neuer Spiritual wird er am Sonntag, 1. September, 14 Uhr, offiziell in sein Amt eingeführt.

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Klosterkirche Reutberg
:Von Schwämmen, Sternen und Sorgen

Die Innensanierung der Wallfahrtskirche Mariä Verkündigung soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Allerdings stellt sich die Frage, ob das Hauptgemälde nur gereinigt oder retuschiert werden soll. Der Arbeit eines Kunstmalers brächte ein besseres Ergebnis, aber auch Mehrkosten von bis zu 200 000 Euro.

Von Klaus Schieder

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