Kloster Beuerberg:Zwischen Himmel und Hölle

Bis in den Herbst hinein zeigt eine Ausstellung, wie das Leben der Salesianerinnen von Spiel und Theater geprägt war. Die Gäste werden beim Besuch selbst zu Spielfiguren

Von Benjamin Engel, Eurasburg

Das Spiel beginnt - so der Name der aktuellen Ausstellung in Kloster Beuerberg - für die Besucher am Eröffnungstag schon an der Tür zur Schwesternkapelle. Sie dürfen ein zusammengerolltes Los mit dem Bild eines Heiligen sowie dessen besonderer Tugend ziehen. Das gefällt beileibe nicht jedem. "Aufopferung" hat eine Frau gezogen und fragt, ob sie ihr Los nicht umtauschen kann. Das geht natürlich nicht. Gleichzeitig sind die Besucher direkt in das Regelwerk der Salesianerinnen eingetaucht, die in Beuerberg bis 2014 lebten. Denn jedes Jahr zogen die Nonnen solche Lose mit Heiligen und Tugenden, an denen sie sich in den nächsten zwölf Monaten besonders orientierten sollten.

Das Spiel beginnt

Besucher können sich bei der "Reise in die Ewigkeit" direkt am Spiel beteiligen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Im Kloster haben Christoph Kürzeder, Leiter des Diözesanmuseums Freising, und sein Team während der Vorbereitung der Ausstellung ein ganzes Füllhorn an Spielformen entdeckt. "Sie haben dazu beigetragen, dass das Leben neu gedeutet wird", sagt er. Beispielhaft dafür steht etwa das Fest der Bohnenkönigin am Dreikönigstag. Wer die in einem Kuchen eingebackene Hülsenfrucht fand, wurde symbolisch zur Königin. Diese erhielt ein Gefolge und wurde durch das Kloster geführt. "Die Hierarchien wurden auf den Kopf gestellt wie im Fasching", schildert Kürzeder.

Das Spiel beginnt

In der Kapelle können die Besucher selbst zu Spielfiguren auf großen Feldern am Kirchenboden werden.

(Foto: Manfred Neubauer)

Wie spielerische Formen das gesamte menschliche Leben prägen, ist zentrales Thema der dritten Schau in Kloster Beuerberg. "Wir alle kommen in die Welt und werden in eine Familie hineingeboren", sagt Kürzeder. Die Rolle und Identität darin und später in der Gesellschaft müsse jeder lernen. Laut Kürzeder kann das Kloster dafür als Mikrokosmos verstanden werden. Die Nonnen lebten in einem klaren begrenzten Raum und festem Regelwerk - und trotzdem blieben sie Individuen. Wie in der Gesellschaft außerhalb der Klostermauern war auch für die Ordensfrauen zentral, wie das Leben in Gemeinschaft gelingen kann. Ihre Rolle und Identität vermittelte sich ihnen spielerisch. Die Heiligen dienten ihnen als Vorbilder.

Das Spiel beginnt

Eine Ausstellung im Kloster Beuerberg zeigt, wie das Leben der Salesianerinnen von Spiel und Theater geprägt war.

(Foto: Manfred Neubauer)

So erfährt der Ausstellungsbesucher etwa, dass die jungen Frauen zum Eintrittstag ins Kloster früher im Brautgewand erschienen. Damit symbolisierten sie, dass sie nun symbolisch mit Jesus Christus vermählt waren. Ihm und damit Gott sollten sie nun ihr Leben widmen. Der Habit mit dem schwarzen Schleier diente als Zeichen von Armut, Keuschheit und Gehorsam bis ans Lebensende.

Wie Rolle und Identität das Leben aller prägen zeigen die Doppelporträts der Fotografin Herlinde Koelbl unter dem Titel "Kleider machen Leute". Ein Schweizergardist begegnet dem Besucher genauso in Berufs- und Zivilkleidung wie eine Geisha oder ein Clown. Ebenso zeigen Fotografien von Koelbl das deutsche Wohnzimmer als Ort der Selbstinszenierung. Ganz nach dem Prinzip "Ich zeige dir wie ich lebe und du weißt wer ich bin", wie Kürzeder berichtet. Darüber hinaus zeigt die Schau das Kloster selbst als Ort des Spiels und der Zerstreuung. Früher betrieben die Nonnen im Kloster ein Mädcheninternat. Mit ihren Zöglingen spielten sie viel Theater, was der reiche Kostümfundus illustriert. Eine Heimorgel und die Plattensammlung sind genauso zu sehen wie Brettspiele.

In der Kapelle können die Besucher selbst zu Spielfiguren werden, mit großen Würfeln die Reise in die Ewigkeit auf Feldern am Kirchenboden in Angriff nehmen. Im Spiel geht es darum, von der Erde in den Himmel zu kommen oder in Hölle und Fegefeuer zu landen. So können sich die Ausstellungsbesucher direkt am Spiel beteiligen. Und das ist ganz im Sinne der Ausstellungsmacher, die das Kloster als Ort des Spiels und der theaterhaften Inszenierung nahebringen wollen. "Wir wollen zeigen, wie das Spiel im Kloster uns alle betrifft", sagt Kürzeder.

"Das Spiel beginnt!", Kloster Beuerberg, geöffnet Mittwoch bis Sonntag und an Feiertagen zwischen 10 und 18 Uhr; bis Sonntag, 7. Oktober

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