Klingender Strauss-Kosmos:Küsse und Katzenmusik

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Gefeierte Gäste: Markus Elsner (Klavier), Angelika Lichtenstern (Violine), Tobias Kaiser (Flöte), Oliver Klenk (Klarinette) und Christina Kudym (Violoncello) bei ihrem Strauss-Konzert im Barocksaal. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Süddeutsche Kammerensemble gibt ein beschwingtes Neujahrskonzert im Kloster Benediktbeuern

Von Arnold Zimprich, Benediktbeuern

Ungewöhnliche Geräusche sind im Kloster Benediktbeuern zu vernehmen: Es schmatzt in den altehrwürdigen Gemäuern. Zum Kusswalzer von Johann Strauss (Sohn) fliegen Küsse durch die Luft, er hat den Walzer 1881 für seine zweite Frau komponiert. Doch die Luft ist heute nicht nur mit Küssen erfüllt, sondern mit dem ganzen Charme einer Epoche, der Epoche Strauss, hat die Familie doch mehrere überaus erfolgreiche Musiker hervorgebracht.

Eröffnet wird der Abend mit dem Stück "Unter Donner und Blitz", einer ebenfalls von Johann Strauss junior stammenden, schwungvollen Polka, die erstes Kopfwippen im Publikum erntet. Bei "Frauenherz" schmelzen nicht nur die Frauenherzen dahin, so perfekt harmonieren Violine und Flöte, Klari nette u nd Violo ncello mit dem Flügel, der den Rhythmus vorgibt. Da ist keine Dissonanz herauszuhören, das Ensemble unter Leitung von Markus Elsner stellt seine Klasse eindrucksvoll unter Beweis. Einige Zuhörer schließen die Augen, wiegen während der anmutigen Intermezzi den Kopf und lassen sich in die Zeit entführen, als in der Donaumetropole Walzer en vogue waren.

Josef Strauss hatte auf Wunsch seines Vaters zunächst eine Ingenieurslaufbahn eingeschlagen und begann erst spät mit dem Komponieren. Der "Mistbub schreibt Walzer", monierte der Vater. Zum Glück, könnte man heute sagen. Seine Stücke sind nicht weniger virtuos, nicht weniger hörenswert.

"Beppi ist von uns der Begabtere", soll Sohn Johann Strauss über seinen Bruder gesagt haben, wie Markus Elsner erzählt. Mit den Polkas "Frauenherz" und "Sans Soucis" sowie dem Walzer "Dorfschwalben aus Österreich" werden drei Stücke von Josef Strauss gespielt. Konzertleiter Elsner würzt den Abend dabei mit mal komischen, mal nachdenklich stimmenden Anekdoten rund um die Familie Strauss.

Die warme, beruhigende Klangfarbe von Oliver Klenks Klarinette bietet den ganzen Abend lang den idealen Gegenpol zum bewegten Geigenspiel Angelika Lichtensterns, die nicht nur bei "Erinnerung an Ernst oder Der Karneval in Venedig" zu Höchstform aufläuft. Manch einer blickt verträumt auf die stuckverzierte Saaldecke des Barocksaals, passt die liebliche Musik zum Teil doch perfekt zu den verspielten Deckengemälden. Schließlich folgt mit der Romanze in G-Dur "I dolci Pianti" ein Stück, das Johann Strauss für den russischen Geschmack komponierte - schließlich weilte er mehrere Sommer lang in der Nähe von Sankt Petersburg, wie Markus Elsner zu berichten weiß. Das Stück wirkt etwas schwerfälliger, pathetischer, doch Strauss wäre nicht Strauss, würde er zu lange im Pathos verharren, es ist eine überaus erbauliche Musik, die durch die Klostergänge hallt.

"Jetzt gibt es Katzenmusik!", warnt Elsner das Publikum, "Katzenmusik macht man für jemanden, den man nicht mag." Den "Liguorianer-Seufzer" schrieb Johann Strauss als Schmähstück und politisches Statement gegen einen erzkonservativen katholischen Orden - deshalb erklingen nun auch die einzigen dissonanten Töne des Abends, es wird auf Pfeifen getrillert und auf Topfdeckeln getrommelt. Schließlich reißen sie Musiker den ganzen Saal mit dem finalen Stück und Walzer-Klassiker "An der schönen blauen Donau" zu Begeisterungsstürmen hin. Es folgen noch zwei Zugaben. Das oberbayerische Publikum ist eben noch lange nicht Strauss-gesättigt.

© SZ vom 07.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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