Klimawandel:Willkür der Natur

Olaf Schmidt, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) zu sehen. Er hat den Vortrag über den Klimawandel gehalten. Foto: Robert Nörr

Referent Olaf Schmidt mahnt, dass sich Mensch und Tier schon in naher Zukunft auf einige Schwierigkeiten gefasst machen müssten.

(Foto: Robert Nörr/oh)

Olaf Schmidt von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft berichtet beim "Runden Tisch Jagd" über die Auswirkungen des Klimawandels auf Flora und Fauna

Von David Holzapfel, Egling

"Olivenbäume im Oberland? Das ist natürlich provokant, aber der Klimawandel ist Fakt", sagt Olaf Schmidt, der Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Der "Runde Tisch Jagd" hat ihn zu einem Vortrag über die "Auswirkungen des Klimawandels auf Natur und Tiere" nach Egling eingeladen, um den anwesenden Waldbesitzern und Jägern unter anderem einen Ausblick in die Zukunft der Forstwirtschaft zu gewähren.

Steigende Temperaturen und extreme Witterungsverläufe: Schmidt zufolge müssen sich Mensch und Tier schon in naher Zukunft auf einige Schwierigkeiten gefasst machen: "Die Temperaturen in Bayern sind seit 1990 um 1,5 Grad gestiegen", sagt er. Dabei habe das Jahr 2018 einen absoluten Höhepunkt markiert. Meteorologen blicken auf den drittwärmsten Sommer seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen zurück. Außergewöhnlich dabei: die lange Dauer der Wärme von April bis Oktober.

Ausgetrocknete Bachläufe im Landkreis Straubing-Bogen, fast zeitgleich Überschwemmungen im Landkreis Wunsiedel und faustgroße Hagelkörner im Landkreis Bamberg: Die Wetterextreme in Bayern in diesem Jahr vermitteln einen guten Eindruck von der zunehmenden Willkür der Natur. "Forstwirtschaft baut auf langjähriger Erfahrung auf, bei der Erderwärmung haben wir aber keine Erfahrung", sagt Schmidt. Ihm zufolge nehme der Wald eine Doppelrolle im Klimawandel ein: Auf der einen Seite diene er als "grüne Lunge" - als natürlicher Kohlenstoffspeicher der Erde. Weiter schütze er den Mensch vor Hochwasser, Erosionen und Lawinen. Auf der anderen Seite führe der zunehmende Temperaturanstieg zu großen Problemen für den heimischen Forstbestand. Vor allem die Fichte - die mit 40,9 Prozent Anteil als "Brotbaum" bayerischer Forstbesitzer gilt - ist vom Klimawandel betroffen: Als sogenannter "Flachwurzler" besteht für sie eine besonders hohe Sturmwurfgefahr. Außerdem ist sie besonders anfällig gegenüber Schädlingsbefall. "Das war ein Sommer für den Biergarten und für den Borkenkäfer", resümiert ein älterer Zuhörer.

Eine mögliche Anpassungsstrategie liefert Olaf Schmidt in seinem Vortrag jedoch gleich hinterher: Ein Waldumbau - also vermehrte Mischbestände mit klimastabileren Arten - sei in Zukunft unumgänglich. "Robuste Baumarten sind hier das Stichwort", sagt Schmidt. Dies untermauern einige Grafiken des Bayerischen Standortinformationssystems (BaSIS), die das standörtliche Anbaurisiko unterschiedlicher Baumarten im Forstgebiet Holzkirchen beleuchten. Ihnen zufolge steigt das Anbaurisiko für Fichte und Kiefer bis zum Jahr 2100 eklatant an. Tanne, Buche oder Traubeneiche - alles widerstandsfähige Baumarten - profitieren jedoch von der Erderwärmung. Für Waldbesitzer gilt es, eine ausgewogene Mischpflanzung zu betreiben. "Olivenbäume wird es in Bayern aber auch in Zukunft nicht geben", sagt Schmidt. Für ihren Wachstum benötigen die empfindlichen Bäume mediterrane Klimaverhältnisse. Außerdem vertragen sie keinen Frost.

Wie jedoch wirkt sich der Klimawandel auf die heimische Tierwelt aus? Lebensraumverluste, eine Veränderung des Zug- und Brutverhaltens bei Vögeln und eine Begünstigung der Populationsentwicklung bei Wildarten: Die Liste potenzieller Veränderungen ist lang, die Auswirkungen dabei jedoch schwer zu kalkulieren. Mildere Winter kommen unter anderem dem Schwarzwild zugute. Zum einen befördern höhere Temperaturen ihre Zuwachsrate, zum anderen erschwert der fehlende Schnee die Bejagbarkeit der Wildschweine. Das Wild ist für Jäger schlichtweg schwerer zu erkennen. "Tiere mit einem großräumigen Vorkommen und einer hohen Reproduktionsrate gehören zu den Gewinnern des Klimawandels", sagt Schmidt.

Verlierer dagegen sind die sogenannten "Spezialisten", Tierarten mit einer hohen Abhängigkeit von ihrer Umgebung und einer schlechten Anpassungsfähigkeit wie das Alpenschneehuhn, für das Schneehöhlen als Kälteschutz überlebenswichtig sind. Die Betroffenheit einzelner Arten vom Klimawandel variiert also stark. Für Olaf Schmidt ist jedoch klar: Sollte der Klimawandel weiter ungebremst voranschreiten, werden sich Flora und Fauna unwiderruflich verändern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: