Klimawandel:Nicht ohne die Bürger

Klimawandel: Um Wohnungen, Schulen und Arbeitsplätze auch im Winter warm zu bekommen, müssen die Wolfratshauser viel Energie aufwenden.

Um Wohnungen, Schulen und Arbeitsplätze auch im Winter warm zu bekommen, müssen die Wolfratshauser viel Energie aufwenden.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Im Wolfratshauser Energienutzungsplan finden sich 21 konkrete Maßnahmen, wie die Loisachstadt künftig Kohlendioxid einsparen und regenerative Energien ausschöpfen kann.

Von Konstantin Kaip

Bis zu 40 Prozent des aktuellen Kohlendioxid-Ausstoßes könnte die Stadt Wolfratshausen bis zum Jahr 2022 einsparen. Das ist ein Fazit aus dem Energienutzungsplan, den das Institut für Systemische Energieberatung (ISE) der Hochschule Landshut im Auftrag der Stadt erstellt hat. In Zusammenarbeit mit der städtischen Steuerungsgruppe hat das ISE in neun Monaten eine umfassende Bestandsanalyse des Energieverbrauchs in Wolfratshausen erstellt und mögliche Einsparpotenziale ermittelt.

In dem Papier sind auch 21 konkrete Maßnahmen enthalten, die nach Ansicht der Verfasser in Wolfratshausen sinnvoll wären. Der Plan sei nur der erste Schritt, betonte ISE-Projektleiterin Katharina Zeiser bei ihrem Abschlussbericht im Stadtrat. "Jetzt muss es weitergehen und in die Umsetzung getragen werden."

Klares Ziel des Energienutzungsplans sei die größtmögliche Einsparung des CO₂-Ausstoßes, sagte Zeiser. Sie erinnerte an das Ziel der Pariser Klimaschutzkonferenz, die Emissionen auf fünf Tonnen pro Kopf zu senken. Im Jahr 2014 seien in Wolfratshausen pro Kopf durchschnittlich 7,4 Tonnen Kohlendioxid ausgeschüttet worden. Deutlich weniger als der Bundesdurchschnitt mit 11,5 Tonnen, der allerdings die Schwerindustrie beinhalte, die es in Wolfratshausen nicht gebe. Dort liege man aber bereits jetzt unter dem gesamtdeutschen Ziel für 2035 von 7,5 Tonnen Co₂-Ausstoß pro Kopf. In der Loisachstadt könne es gelingen, den Verbrauch bis 2022 auf 6,2 Tonnen zu senken. Wenn man das gesamte im Plan ermittelte technische Zubaupotenzial ausschöpfe und alle Detailprojekte realisiere, könne die Pariser Vorgabe sogar unterschritten werden. Dann würde jeder Wolfratshauser bis 2022 nur noch 4,4 Tonnen Kohlendioxid im Jahr produzieren. Aber: "Wir werden den Klimaschutzpfad einschlagen müssen, um das in irgendeiner Form zu erreichen."

Um die Einsparpotenziale zu ermitteln, hat das Landshuter Institut in enger Zusammenarbeit mit der Stadt, verschiedenen Behörden und Unternehmen zunächst eine detaillierte und umfassende Analyse des energetischen Ist-Zustands im Stadtgebiet erstellt. Im Jahr 2014 ist in Wolfratshausen demnach eine Endenergiemenge von 471 Gigawattstunden verbraucht worden, knapp die Hälfte davon für Wärme. Addiert man die für die Gewinnung und Bereitstellung benötigte Menge hinzu, kommt man auf 584 Gigawattstunden Primärenergiebedarf. Für die einzelnen Verbrauchergruppen (kommunale Liegenschaften, private Haushalte/Kleingewerbe, Industrie/Gewerbe und Verkehr) macht der Plan spezifische Aussagen zu Einsparmöglichkeiten und dem Ausbau erneuerbarer Energien. Zudem hat das ISE für das gesamte Stadtgebiet ein Wärmekataster erstellt, in dem Gebäude, bei denen Wärmeverbrauch und Sanierungsbedarf besonders hoch sind, rot eingezeichnet sind. "Durch fortlaufende Sanierung kann viel eingespart werden", sagte Zeiser.

Als Beispiel für die 21 konkreten Maßnahmen, die die Stadt nach Ansicht der Analysten angehen sollte, nannte Zeiser den Gebäudekomplex der Grund- und Mittelschule in Waldram, den die Stadt vor fünf Jahren generalsaniert hat. Der Heizkessel sei für die Gebäude überdimensioniert, erklärte sie. Nach Untersuchung mehrerer Varianten habe sich ein Blockheizkraftwerk als die effizienteste erwiesen. Die etwa 133 000 Euro, die die Stadt dafür ausgeben müsste, lohnen sich laut Zeiser. "Eine attraktive Alternative, die auf jeden Fall weiterverfolgt werden sollte."

Die Stadt habe bereits einiges in Sachen Klimaschutz getan, lobte Zeiser. So wurden im Jahr 2014 9,3 Gigawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, was einem Anteil von 13 Prozent entspricht. Bei der Wärmeenergie liegt der Anteil aus regenerativen Quellen mit 11,2 Gigawattstunden derzeit bei sechs Prozent. Laut den Zielen, die Zeiser am Ende formulierte, kann Wolfratshausen bis 2022 13 Prozent Strom und 23 Prozent Wärmeenergie einsparen. Der Primärenergiebedarf kann demnach um 26 Prozent gesenkt, die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien um 47 Prozent gesteigert werden. Bei der Wärmegewinnung aus regenerativen Quellen sei allerdings nur eine Steigerung um sieben Prozent realistisch, sagte Zeiser.

Das Ziel der Stiftung "Energiewende Oberland", bis 2035 Strom und Wärme zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, sei jedoch "für die Stadt Wolfratshausen nicht zu erreichen", sagte sei. Wenn überhaupt, sei das nur im Gesamtkontext über die drei Landkreise möglich, die an der EWO beteiligt sind, also Miesbach, Bad Tölz-Wolfratshausen und Weilheim-Schongau.

Die Stadträte zeigten sich beeindruckt von dem Energienutzungsplan. "Es ist wichtig für unsere Zukunft und unsere Nachkommen, dass wir hier Weichen stellen", sagte Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW), auch wenn die Umsetzung im Einzelfall immer eine Kostenfrage sei. Laut Beschluss will der Stadtrat in seiner kommenden Sitzung konkrete Ziele festlegen. Zudem sollen die Wolfratshauser umfassend über den Energienutzungsplan und ihre Möglichkeiten, daran teilzuhaben, informiert werden. "Als Kommune haben wir einen Vorbildcharakter und müssen vorausgehen", sagte Heilinglechner. "Aber ohne die Bürger geht es nicht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: