Klimawandel und Landwirtschaft:Das Potenzial im Filz

Klimawandel und Landwirtschaft: Die Moorlandschaft rund um das Kloster Benediktbeuern wird extensiv genutzt und ist daher besonders resilient.

Die Moorlandschaft rund um das Kloster Benediktbeuern wird extensiv genutzt und ist daher besonders resilient.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein bayernweites Forschungsprojekt belegt, wie wichtig Moore für den Klimaschutz sind. Die ersten Ergebnisse wurden nun in Benediktbeuern präsentiert, wo das Sumpfland dank extensiver Nutzung besonders viel CO2 speichern kann.

Von Anja Brandstäter, Bendiktbeuern

Dass Moore für den Klimaschutz sehr wichtig sind, weil sie große Mengen CO2 speichern, wird immer mal wieder betont. Nun liegen erste wissenschaftliche Forschungsergebnisse vor, die den Wert intakter Moore belegen - am Beispiel des Klosterlands Benediktbeuern. Martina Schlaipfer hat im Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) im Benediktbeurer Kloster die ersten Erkenntnisse des Projektes "Klimaschutz- und Anpassungspotenziale in Mooren Bayerns" (Klimobay) präsentiert, an dem vier große Institute beteiligt sind. Schlaipfer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Peatland Science Centers an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, das mit der TU und der LMU München, sowie mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft zusammenarbeitet, um Moore genauer zu erforschen.

Diese rücken aufgrund ihrer Fähigkeit, Kohlendioxid zu speichern, zunehmend in den Fokus der Klimapolitik und somit der Strategie, die Erderwärmung einzudämmen: In Bayern sollen bis 2040 insgesamt 55 000 Hektar der landwirtschaftlich genutzten Moorflächen wiedervernässt werden. Denn durch Entwässerung und landwirtschaftliche Nutzung haben 95 Prozent der bayerischen Moore ihre Kohlenstoff-Speicherfähigkeit verloren und sind zu einer bedeutenden Treibhausgasquelle geworden. Das Thema ist auch auf nationaler Ebene brandaktuell: Gerade hat die Bundesregierung die sogenannte Nationale Moorschutzstrategie beschlossen, mit der Moore geschützt und wiederhergestellt werden sollen. Vier Milliarden Euro fließen in das Programm. "Es ist ein Schritt in die richtige Richtung", sagte Schlaipfer.

Das Forschungsprojekt Klimobay untersucht unter anderem, inwiefern Moore Treibhausgase aufnehmen, beziehungsweise - bei problematischer Nutzung - wieder abgeben. Anhand von Statistiken, Tabellen und Karten erklärte Schlaipfer die Untersuchungen der vier Institute seit 2020. Die Daten dazu stammen von zwei Mess-Standorten: Einer befindet sich in den Mooren des Klosterlands Benediktbeuern, der andere ist die Versuchsstation Karolinenfeld der Bayerischen Staatsgüter im Landkreis Rosenheim. Sie eignen sich gut zum Vergleich, da die beiden Moor-Flächen unterschiedlich genutzt werden.

In Benediktbeuern wird das Areal zweimal im Jahr gemäht und nicht gedüngt, während die Flächen in Karolinenfeld dreimal jährlich geschnitten und zwei- bis dreimal im Jahr gedüngt werden. Eine Folge der intensiveren landwirtschaftlichen Nutzung in Karolinenfeld ist zum Beispiel die Verdichtung des Bodens, der bei Starkregen nicht mehr so viel Wasser aufnehmen kann. "Wir messen bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit", sagte Schlaipfer. "Bei nasseren Bedingungen mit höheren Wasserständen im Jahr 2021 zeigt sich in Benediktbeuern teilweise eine deutliche Minderung der Treibhausgasemissionen."

Klimawandel und Landwirtschaft: Martina Schlaipfer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf untersucht die "Klimaschutz- und Anpassungspotenziale in Mooren Bayerns".

Martina Schlaipfer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf untersucht die "Klimaschutz- und Anpassungspotenziale in Mooren Bayerns".

(Foto: Manfred Neubauer)

Die etwa 30 Besucher im Allianzsaal des Klosters erfuhren in dem einstündigen Vortrag viel über die verschiedenen Messreihen. So wurde eine dynamische Wasserstandskarte entwickelt, Bodeninformationen wurden gesammelt, über Fernerkundung haben die Forscher Hebungs- und Sackungsprozesse bestimmt. "Intakte Moore sind sehr resilient", sagte die Wissenschaftlerin mit Blick auf Starkregen oder Trockenheit. Auf Basis all dieser Erkenntnisse könnten für Bayern Handlungsspielräume für Wiedervernässungsprojekte aufgezeigt, Flächen priorisiert, Synergien identifiziert und Restriktionen festgelegt werden. Ein wesentliches Ergebnis der Forschung ist, dass erstmalig Karten entwickelt werden können, die das Klimaschutz- und Anpassungspotenzial auf der Gesamtfläche mit einer Perspektive bis zum Jahr 2050 darstellen.

Wie Schlaipfer berichtete, besitzt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) als Nachfolgerin der Königlichen Bayerischen Moorkulturanstalt zudem eine umfassende Sammlung historischer Dokumente zu den Mooren im Freistaat. "Durch die digitale Erschließung der historischen Informationen und den Abgleich mit den aktuellen Nacherhebungen lassen sich regionale Veränderungen analysieren und Entscheidungsgrundlagen ableiten", erklärte die Wissenschaftlerin.

Ein wesentlicher Teil der Arbeit ist die Sensibilisierung der Landwirte für den Wert der Feuchtgebiete. Dies zeigte sich auch in der Dikussion mit den Gästen, unter denen einige Bauern waren. In einem weiteren Forschungsprojekt zu "Moorverträglichen Bewirtschaftungsmaßnahmen", an dem die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf unter Leitung der LfL beteiligt ist, werden derzeit Nutzungsalternativen zur moorschonenden Bewirtschaftung untersucht. "Ziel ist es, mit Landwirten Möglichkeiten zu entwickeln, was sie sonst noch anpflanzen können", erläuterte Schlaipfer. "Es gibt moortypische Pflanzen, die mit oberflächennahen Wasserständen gut zurecht kommen, und mit ihrem dichten Wurzelfilz zur Befahrbarkeit der Fläche beitragen." Dabei handle es sich etwa um Schilf, Rohrglanzgras, Rohrkolben und Seggen. Diese Pflanzen ließen sich sowohl energetisch als auch stofflich verwerten, man könne aus der geernteten Biomasse beispielsweise Möbel- und Dämmstoffplatten herstellen. "Wir wünschen uns, dass Förderungen aktivitätsbezogen sind und den Landwirten eine langfristige Perspektive bieten", sagte Schlaipfer.

Das Forschungsprojekt zu den moorverträglichen Bewirtschaftungsmaßnahmen läuft noch eine Weile. Bis 2024 wollen die Wissenschaftler genug Material sammeln, um der Regierung Empfehlungen auszusprechen. Das Klimobay-Projekt soll hingegen Ende dieses Jahres abgeschlossen werden. Seine Ergebnisse sollen den Umsetzern wie Moormanagern und Gebietsbetreuern bald zur Verfügung stehen.

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