Umweltfreundlicher Bergsport:Viele Höhenmeter, wenig Emissionen

Umweltfreundlicher Bergsport: Die Tölzer Hütte hat das DAV-Umweltgütesiegel. Für die Anfahrt zum Ausgangspunkt für die Bergmesse am nahen Schafreuter-Gipfel soll es künftig Bustransfers geben.

Die Tölzer Hütte hat das DAV-Umweltgütesiegel. Für die Anfahrt zum Ausgangspunkt für die Bergmesse am nahen Schafreuter-Gipfel soll es künftig Bustransfers geben.

(Foto: Andrea Rosin/oh)

Mit einem neuen Team will die Tölzer Sektion das Ziel des Alpenvereins umsetzen, bis 2030 klimaneutral zu werden. Das erfordert Überzeugungsarbeit, damit Bergsteiger und Mountainbiker aufs Auto verzichten.

Von Benjamin Engel

Der Deutsche Alpenverein (DAV) will bis 2030 klimaneutral werden. Wie anspruchsvoll diese Strategie ist, zeigt sich in den Sektionen im Kleinen. Zu Touren und Kursen an- und abzureisen, dürfte wohl die meisten CO₂-Emissionen verursachen. Dagegen könnte helfen, Fahrgemeinschaften zu bilden oder öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bahn zu nutzen. Allerdings fällt es selbst dem Vorsitzenden der Tölzer Alpenvereinssektion, Benedikt Hirschmann, schwer, immer nur die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Die vom Regionalverkehr Oberbayern (RVO) taktverdichtete Bergsteigerbuslinie aus dem Isarwinkel in die Eng fahre aus seiner Sicht zu früh oder zu spät, räumt der Endzwanziger ein. Und: "Ich setze mich nicht so gern mit anderen in den Bus, wenn ich einen ruhigen Bergtag haben will."

Umweltfreundlicher Bergsport: Neues Klimaschutzteam (v.l.n.r.): Benedikt Hirschmann, Anke Ellmann, Christiane Danner, Tom Hesslinger, Wilma Schenk und Kilian Stimm.

Neues Klimaschutzteam (v.l.n.r.): Benedikt Hirschmann, Anke Ellmann, Christiane Danner, Tom Hesslinger, Wilma Schenk und Kilian Stimm.

(Foto: Alpenvereinssektion Tölz)

In diesem gesellschaftlichen Spannungsfeld dürfte die angestrebte Klimaneutralität für den Alpenverein ein herausforderndes Puzzelspiel werden. Um sie zu erreichen, hat die Tölzer wie die anderen bundesweiten Sektionen zwei Klimaschutzkoordinatoren ernannt - Christina Danner und Kilian Stimm - und ein Klimaschutzteam gebildet. Dazu gehören der Vorsitzende Hirschmann genauso wie die Geschäftsstellenleiterin Anke Ellmann, der für Touren und Kurse hauptverantwortliche Tom Hesslinger, Hüttenwart Max Nichtl sowie Wilma Schenk für die Mountainbikesparte. Das erste Zwischenziel: Die verursachten CO₂-Emissionen überhaupt einmal zu erfassen und bis 2026 um 30 Prozent zu reduzieren - ganz nach DAV-Vorgabe.

Hirschmann spricht von einer Gratwanderung zwischen den bergsportlichen Interessen und dem Naturschutzgedanken für den Alpenverein. "Meine Lieblingsvariante ist ja, mit dem Rad von der Haustür wegzufahren, auf den Berg zu gehen und mit dem Rad wieder heimzufahren." Ein bei einer inzwischen auf mehr als 8000 Mitglieder angewachsenen Sektion mit um die hundert nur ihnen offenstehenden Kursen kaum für alle praktikables Vorgehen. Die größte Herausforderung sei schon einmal, wie alle Teilnehmer zum Treffpunkt etwa für einen Kletterkurs nach Bad Tölz kämen, so Hirschmann. Denn der Einzugsbereich der Mitglieder sei groß und reiche vom südlichen München bis Penzberg. Die Tölzer Sektion bitte alle, zu Kurs- und Gruppenaktivitäten möglichst umweltfreundlich anzureisen und frage auch jeden Teilnehmenden ab, wie er oder sie zum Treffpunkt gekommen ist - mit dem Auto, dem öffentlichen Nahverkehr oder dem Rad. Das bringe die Leute zum Nachdenken, sagt Hirschmann.

Allerdings soll auch niemand zum Radfahren zwangsverpflichtet werden. Wenn die Mitglieder aber über ihr Verhalten nachdenken, womöglich Fahrgemeinschaften bildeten, sei schon ein erster Schritt getan, so Hirschmann. Seine Sektion sieht er schon auf einem guten Weg, umweltfreundlicher zu werden. So übernehme der Tölzer Zusammenschluss etwa schon jetzt Transportkosten zu hundert Prozent, wenn Gruppen nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs seien. Die Mittwochsgruppe für Wanderaktivitäten habe etwa einen Bus für bis zu 50 Personen gemietet, der sie zum Ausgangspunkt ihrer Touren bringe und wieder abhole. "Die Sektion zahlt den Bus", sagt Hirschmann. Viele bildeten zur An- und Abreise auch schon kleine, private Auto-Fahrgemeinschaften.

Künftig kann sich der Sektionsvorsitzende vorstellen, etwa zur Bergmesse auf dem Schafreuter am Saisonabschluss ein Transferangebot per Bus von Bad Tölz bis in das Risstal zu machen. Für Unternehmungen sollte sich die Sektion größtenteils auf die Region konzentrieren. "Es gibt genügend tolle Ziele bei uns", findet Hirschmann. Das bedeute aber nicht, auf tolle Ziele für Mehrtagesunternehmungen in benachbarten Alpenländern zu verzichten. "Klimaschutz muss auch Spaß machen", sagt Hirschmann.

Genauso sieht das auch Wilma Schenk. In der Tölzer Sektion ist sie für die Mountainbike-Sparte zuständig. Für Eintagestouren mit ihrer Damengruppe starte sie ohnehin konsequent vor der Haustür, sagt Schenk. Für Mehrtagesunternehmungen werde versucht, möglichst Fahrgemeinschaften mit Privatautos zu bilden. Einen Bus zu nehmen, um noch mehr CO₂ für An- und Abfahrt zu reduzieren, könne sie sich gut vorstellen. Doch sich mit teils bis zu 40 Leuten auf eine feste Abfahrzeit an einem Tag zu verständigen, sei fast unmöglich. Einige hätten ihren Arbeitsalltag so durchgetaktet, dass sei erst später am Abend dazu stoßen könnten. "Das ist ein Gewöhnungsprozess", sagt Schenk zum Ziel des DAV klimaneutral zu werden.

Heuer wird es für die Tölzer Sektion erst einmal darum gehen, den durch ihre Aktivitäten verursachten CO₂-Ausstoß systematisch zu erfassen. Darunter fallen zusätzlich zur Mobilität etwa auch der Strom- und Heizverbrauch in der Geschäftsstelle, in der Kletterhalle, aber auch die Art der Übernachtungen oder das Essen bei Mehrtagesaktivitäten. "Es soll möglichst vollumfänglich aufgenommen werden", beschreibt Klimaschutzkoordinator Kilian Stimm die Aufgabe. Erst dann gewinne die Sektion zum Jahresende den Überblick, um sich konkrete Maßnahmen zur CO₂-Reduktion zu überlegen.

Als Klimaschutzkoordinatoren übernehmen Stimm und Christina Danner die Scharnierfunktion zum Hauptverband des Alpenvereins. Es gehe darum, den CO₂-Fußabdruck so gering wie möglich zu halten, sagen sie. Das schließe auch mit ein, ob Unterkünfte regional eingekaufte Produkte zum Essen anbieten oder vegetarisch kochen. Er selbst sei als Förster am Landesministerium in München beschäftigt, gehe gern selbst in die Berge und habe sich in der Sektion für den Naturschutz engagieren wollen, sagt Stimm.

Zur Strategie der Sektion zählt darüber hinaus, mit Aktivitäten wie einer Klimawanderung zur Tölzer Hütte am Schafreuter die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Das sektionseigene Unterkunftshaus besitzt das DAV-Umweltgütesiegel, verzichtet auf fossile Brennstoffe, hat ein mit Rapsöl betriebenes Blockheizkraftwerk und eine Solaranlage auf dem Dach. Das meiste CO₂ falle an, wenn mit dem Holzofen eingeheizt werde, sagt Hirschmann. Klimaneutral zu werden sei ein Prozess, der sich aber einschleifen werde, gibt sich der Vorsitzende zuversichtlich.

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