Schutz vor Klimafolgen:Bäume statt Beton

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Bei Starkregen kann die Wolfratshauser Altstadt schnell überfluten, wie hier im Sommer 2016. (Foto: Michaela Kunstmann/oh)

Der Klimawandel stellt auch Wolfratshausen vor Herausforderungen. Besonders Hitzewellen und Hochwasser werden künftig zu Problemen. Die Stadt diskutiert darüber, wie man diesen begegnen kann.

Von Finn Sanders, Wolfratshausen

„Schatten wird die neue Währung.“ Mit diesem Satz bringt Manfred Fleischer (Wolfratshauser Liste) bei der Veranstaltung „Klimafolgenschutz“ am Mittwochabend ein zentrales Problem Wolfratshausens auf den Punkt. Rund 50 Bürger versammelten sich im Wirtshaus Flößerei, um zu diskutieren: Wie kann eine Stadt, die immer dichter bebaut und heißer wird, den Folgen des Klimawandels begegnen? Eingeladen hatten die lokalen Initiativen Wolfratshausen for Future (Wor4Future), der Bund Naturschutz (BN) und der Verein Lebendige Altstadt Wolfratshausen (LAW). Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung Wolfratshausen) und Vertreter fast aller Stadtratsfraktionen – außer der CSU – präsentierten ihre Ansichten und Vorschläge. Im Anschluss folgte eine rege Diskussion, bei der auch die Bürger ihre Anliegen und Vorschläge einbringen konnten.

Jan Reiners (Wor4Future) warnte vor den wachsenden Risiken durch Hitzeinseln und Starkregen in Wolfratshausen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Jan Reiners von Wor4Future eröffnete mit einem dringenden Appell: „Die Erderhitzung beschleunigt sich. In Deutschland sind wir schon bei 2,5 Grad Erwärmung.“ Wolfratshausens dichte Siedlungs- und Verkehrsflächen wirkten als Hitzeinseln, auf denen die Lufttemperatur bis auf 60 Grad steigen könne. Es gebe zu wenige kühlende Grünflächen, fügte er hinzu. „Pro Grad Temperaturanstieg kann die Luft 7 Prozent mehr Wasserdampf speichern, das führt zu stärkeren Regenfällen.“ Der Landkreis sei ein Hochrisikogebiet für Starkregen, sagte Reiners. Es sei nicht die Frage, ob, sondern wann die Stadt betroffen sein werde.

Klaus-Peter Scharf (LAW) forderte mehr Straßenbäume und Grünflächen als Schutz vor der zunehmenden Hitze. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Klaus-Peter Scharf vom Verein LAW betonte die kühlende Wirkung von Bäumen. Besonders an Geh- und Radwegen sei Schatten entscheidend. Der Architekt kritisierte, dass Bäume gefällt, aber nicht nachgepflanzt würden, etwa am Bahnhof, wo große Flächen ohne Schatten gestaltet wurden. „Ein Baum kostet um die 1500 Euro. Das ist eine kleine Summe, mit der man vielen Menschen helfen kann“, sagte er und forderte zudem eine Baumschutzverordnung in der Stadt.

Sigrid Bender (BN) betonte die Rolle naturnaher Flächen für den Hochwasser- und Klimaschutz in der Stadt. (Foto: Harry Wolfsbauer/Harry Wolfsbauer)

Die örtliche BN-Vorsitzende Sigrid Bender hob die Bedeutung der Biodiversität hervor: „Mehr Natur verbessert die Lebensqualität und unser Wohlbefinden“, sagte sie und plädierte dafür, naturnahe Areale wie den Bergwald und das Loisachufer zu schützen: „Diese Flächen verbessern die Trinkwasserqualität, stützen die Grundwasserversorgung und bieten Hochwasserschutz.“ Bender forderte die Stadt auf, Flächenversiegelung besser zu überdenken, und die Natur bei der Stadtentwicklung mehr zu berücksichtigen.

„Ich gebe Ihnen in allen Punkten recht“

Wolfratshausens Bürgermeister Klaus Heilinglechner räumte in seinem Statement die genannten Herausforderungen ein: „Ich gebe Ihnen in allen Punkten recht“, sagte er zu den vorgebrachten Forderungen. Heilinglechner unterstrich, dass viele Maßnahmen bereits daran arbeiteten, diesen zu begegnen; dass aber die Umsetzung oft länger dauere als gewünscht: „Wir haben 2018 ein Sturzflut-Risikomanagement in Auftrag gegeben, aber das dauert leider sehr lange.“ Zur Kritik an den fehlenden Baumpflanzungen sagte Heilinglechner, er könne die Gründe für deren Ausbleiben nicht nachvollziehen. Das bei der Stadtverwaltung zuständige Referat habe außerdem auf drei Seiten erfasst, was die Stadt bereits für mehr Klimaresilienz mache. „Die bete ich Ihnen aber jetzt nicht runter, das macht keinen Sinn.“ Allerdings müsse auch jeder Grundstückseigentümer eigene Vorkehrungen treffen, betonte der Bürgermeister. „Man kann sich nicht nur auf die Versicherungen oder die Kommunen stützen.“

Bei den anschließenden Erklärungen der Stadtratsfraktionen sagte Manfred Menke (SPD), die Begrünung der Stadt stehe zwar im Wahlprogramm seiner Partei, „aber wir werden an unseren Taten gemessen, nicht an unseren Worten.“ Es sei noch zu wenig geschehen, gab er zu und plädierte für eine pragmatische Politik und Kompromissbereitschaft.

Josef Praller (Bürgervereinigung Wolfratshausen) forderte, den veralteten Flächennutzungsplan zu überarbeiten, um die Stadt besser auf den Klimawandel vorzubereiten. Es sei wichtig, neue Pläne zu entwickeln, die Grünflächen besser zu vernetzen und gleichzeitig die Herausforderungen der dichten Bebauung zu berücksichtigen.

Manfred Fleischer kam für die Wolfratshauser Liste schließlich auf den Schatten als neue Währung zu sprechen. „Den hat nur ein großer Baum.“ Auch sei es entscheidend, den regionalen Wasserhaushalt zu erhalten, sagte Fleischer. „Das Wasser darf nicht einfach wegrinnen.“ Maßnahmen wie Dachbegrünungen und Versickerungsflächen könnten den Wasserabfluss verringern und Überschwemmungen verhindern.

Mehr Grün für die Zukunft

Hans Schmidt forderte für die Grünen wieder einmal eine Baumschutzverordnung und mehr Grünflächen in künftigen Bebauungsplänen: „Beide Effekte des Klimawandels, sowohl der Starkregen als auch die Hitzeperioden, können durch mehr Natur in der Stadt abgedämpft werden“, sagte er.

Die abschließende Diskussion zeigte, dass viele Bürger engagiert an Lösungen für die klimabedingten Herausforderungen in Wolfratshausen mitwirken wollen. Die Debatte drehte sich um konkrete Vorschläge wie mehr Begrünung des Loisach-Ufers und Hochwasserschutz, aber auch um die bürokratischen Hindernisse, die schnelle Fortschritte bei den Maßnahmen erschwerten. Am Ende stand die gemeinsame Einsicht: Wolfratshausen muss sich stärker vernetzen und handeln, um den Klimafolgen effektiv begegnen zu können.

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