Klima und Borkenkäfer setzen dem Wald zu:"Das ist momentan eine echte Krise in der Forstwirtschaft"

Klima und Borkenkäfer setzen dem Wald zu: Sebastian Thalhammer ist ein erfahrener Forstwirt. Die momentanen Preise bereiten ihm Sorgen.

Sebastian Thalhammer ist ein erfahrener Forstwirt. Die momentanen Preise bereiten ihm Sorgen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Forstwirt Sebastian Thalhammer erklärt, warum es höchste Zeit ist, Fichten-Monokulturen durch Mischwald zu ersetzten.

Von Annika Bingger

Lange Zeit hat die Fichte als sehr resistent und gut gewappnet für die Klimakrise gegolten. Doch das Klima begünstigt die Ausbreitung von Schädlingen und Parasiten. "Wir Forstwirte haben mittlerweile riesige Probleme mit dem Borkenkäfer", sagt Sebastian Thalhammer, Land- und Forstwirt aus Dietramszell. "Die Fichte ist da leider ganz schlimm dran", so Thalhammer.

Viele Forstwirte hatten Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem auf die Fichte gesetzt, nun hat ausgerechnet sie es in der Klimakrise besonders schwer. Bei Stürmen knickt sie leichter um als andere Bäume. Auch hat sie aufgrund ihrer flachen Wurzeln Schwierigkeiten, standhaft im Boden zu bleiben sowie das benötigte Wasser zu speichern. Das sei jedoch eine überlebenswichtige Funktion und stelle einen wichtigen Schutz vor dem Borkenkäfer dar, erklärt Thalhammer. In der Forstwirtschaft versuche man deshalb zunehmend, den Fichtenwald in einen Tannen- und Mischwald umzubauen.

"Ein Wald ist aber immer eine Generationsfrage. Es dauert fast zwei ganze Generationen, bis sich ein Wald komplett erneuert hat und bis man einen Fichtenwald zu einem Mischwald verändert hat", sagt der Forstwirt. Dies sei nicht mit der Landwirtschaft zu vergleichen. Anfang April werde der Borkenkäfer aktiv und fange an zu fliegen. Er sei zwar durchaus ein fester Bestandteil des Waldes, denn er habe die Aufgabe, kranke Bäume zu befallen und so auf natürliche Art auszusortieren. Mittlerweile funktioniere dieses Naturphänomen allerdings nicht mehr ideal.

Die vielen Borkenkäfer befielen, so Thalhammer, nicht mehr nur kranke, sondern auch gesunde Bäume: "Normalerweise klappt das alles ja auch sehr gut, wenn die Niederschläge und die Feuchtigkeit stimmen. Nachdem es jetzt aber immer wärmer und trockener wird, hat der Borkenkäfer beste Ausgangsbedingungen und er vermehrt sich rasant", erklärt der Forstwirt. Auch Stürme, wie das Sturmtief Sabine im vergangenen Februar, begünstigten die Vermehrung des Käfers. "Der Baum verliert Nadelbestand, und im Wald entstehen so mehr und mehr Lücken. Die Sonne scheint auf aufgerissene Flächen. Da hat der Borkenkäfer einfach leichtes Machen", sagt Thalhammer.

Dem gesamten Wald fehle es also schlicht an Abwehr. Durch das trockene Klima könne der Baum nicht mehr das nötige Harz zum Eigenschutz bilden. "Das stellt momentan eine echte Stresssituation für den Wald dar."

Doch nicht nur Klimaerwärmung und Stürme machen den Waldbesitzern zu schaffen. Auch der aktuelle Shutdown ist eine schwierige Situation, die es zu bewältigen gilt. "Mit der Corona-Krise ist jetzt der Absatz nach Österreich und Italien komplett weggefallen. Jetzt stockt gerade der gesamte Markt", erklärt Thalhammer. 25 bis 30 Euro seien der aktuelle Preis je Festmeter Fichtenholz, mit dem sich Waldbesitzer momentan zufrieden geben müssten. Doch das decke gerade die Kosten für die Waldarbeiter und die Abholzung. Bayernweit sei zwar mit 40 bis 50 Euro zu rechnen, vor zwei bis drei Jahren jedoch habe ein Waldbesitzer je Festmeter Fichte 70 bis 85 Euro erzielt, Staatsforsten sogar bis zu 100 Euro.

"Das ist momentan eine echte Krise in der Forstwirtschaft", sagt Thalhammer. Ein Umdenken sei wichtig. Ziel sei es, den Wald stabiler zu machen und besser gegen die zunehmende Hitze zu wappnen. Doch dies schaffe man nur durch den Umbau zu Misch- und Laubwäldern. "In der Industrie ist die Tanne noch immer nicht wirklich beliebt. Für die Tanne wird weniger auf den Festmeter bezahlt als für die Fichte. Aber das muss sich ändern, die Tanne hat eigentlich ein wirklich schönes und gutes Holz", sagt der Fachmann.

Doch schneller als die Klimaerwärmung sei der Mensch nicht. Thalhammer betont mehrmals: "Einen gesamten Wald zu erneuern und umzubauen braucht gut hundert Jahre." Umso wichtiger sei es, damit zu beginnen, nun vom Fichtenwald und vor allem von den reinen Monokulturen wegzukommen. Ob die Tanne dann jedoch wirklich der optimale Baum für die Zukunft sein werde, das wisse selbst der Forst- und Landwirt nicht. Dies gelte es abzuwarten.

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