Klavierkonzert:In der Romantik zu Hause

Die Pianistin Anna Buchberger stellt im Bergkramerhof ein breit gefächertes Programm vor. Während ihre Mozart-Interpretation Schwächen zeigt, brilliert die junge Musikerin bei Liszt und Chopin

Von Reinhard Szyszka

Klavierkonzert: Anna Buchberger bei ihrem Konzert im Bergkramerhof

Anna Buchberger bei ihrem Konzert im Bergkramerhof

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Klavier oder Pferd? Als Franz von Pocci, der spätere "Kasperlgraf", 1824 zum Studium nach Landshut ging, konnte er nur eines von beiden mitnehmen, und er entschied sich fürs Klavier. Mit dieser Anekdote stellte Michael Köhle, Vorsitzender der Pocci-Gesellschaft, geschickt eine Verbindung her zwischen dem Thema seines Vereins und dem Konzert, das dieser Verein am Samstag in der Tenne des Bergkramerhofs veranstaltete.

Die junge Münchner Pianistin Anna Buchberger ließ sich dort hören, eine hochbegabte Künstlerin, die im kommenden Jahr in Baltimore einen Meisterkurs von Leon Fleisher besuchen wird. Traudl Bergau, die rührige Konzertorganisatorin aus Icking, kennt Buchberger schon länger und hatte den Auftritt möglich gemacht.

Der Abend begann mit einer Klaviersonate des damals 21-jährigen Mozart. "Zu leicht für Kinder, zu schwer für Künstler" soll der Pianist Artur Schnabel über Mozarts Sonaten gesagt haben, und dieses Bonmot bewahrheitete sich auch hier. Anna Buchberger beherrscht die Technik zwar perfekt, doch fiel es ihr sichtlich schwer, das Werk sinnfällig zu gliedern, die großen Bögen zu spannen.

Die Besonderheiten des Instruments und der Raumakustik mögen das ihre dazu beigetragen haben, dass die Forte-Stellen allzu direkt herauskamen, während die leisen Partien blass blieben. Die perlenden Läufe und die klare Artikulation entschädigten da nur zum Teil.

Dann folgten zwei Fantasiestücke von Robert Schumann, und man merkte sofort: Hier, bei der Romantik, ist Buchberger in ihrem Element. Mitreißend gestaltete sie die leidenschaftliche Emphase von "Aufschwung", und bei "Warum?" lauschte sie versonnen den Tönen nach. Mit klugem, differenziertem Pedalgebrauch und stilsicherem Anschlag gelang der Künstlerin eine überzeugende Interpretation.

Franz Liszt war der dritte Komponist des Abends, und hier begann die Pianistin mit einer Bearbeitung des Schumann-Lieds "Widmung" für Klavier allein. Buchberger nutzte die Freiheiten, die ein Pianist besitzt, voll aus und gestaltete das Werk mit gewaltigem Rubato, ganz anders, als ein Sänger das Lied singen würde.

Bei der Konzertetüde und der Klavierparaphrase nach Verdis "Rigoletto" stellte die Künstlerin ihre stupende Virtuosität unter Beweis. Dabei verzichtet die "Rigoletto"-Paraphrase auf die bekannten Ohrwürmer der Oper wie "La donna è mobile" oder "Caro nome" und beschränkt sich auf das Quartett "Bella figlia dell'amore", dieses allerdings mit derartiger pianistischer Raffinesse ausgestaltet und ausgemalt, dass es die Zuhörer von den Sesseln reißt.

Nach der Pause ging es weiter mit Chopins "Andante spianato" nebst anschließender Polonaise, und auch bei diesem Komponisten war Buchberger zu Hause und glänzte mit Virtuosität ebenso wie mit feinsinniger Gestaltung. Überraschend: Auf das bei Liszt fast überreichlich eingesetzte Rubato verzichtete sie bei Chopin gänzlich. Das offizielle Programm klang aus mit Werken des Spaniers Enrique Granados und des Argentiniers Alberto Ginastera.

Obwohl diese Kompositionen im 20. Jahrhundert entstanden, sind sie doch zutiefst in der Romantik verwurzelt, trotz der gelegentlichen impressionistischen Anklänge und der fast an Bartók erinnernden Rhythmen im letzten Satz von Ginastera. Langsam-verhaltene und virtuos zupackende Stücke wechseln einander ab. Anna Buchberger besitzt die künstlerische Souveränität für beides. Zuletzt gab sie dem Affen noch einmal Zucker und setzte mit einer fulminanten Darbietung der Argentinischen Tänze einen mitreißenden Schlusspunkt.

Die Romantik ist die Domäne Buchbergers, und so waren die Mozart-Schwächen des Anfangs bald vergessen. Am Ende gab es zu Recht Jubel und Applaus, für den sich die Künstlerin mit einem weiteren Fantasiestück von Schumann sowie mit einem Präludium von Bach bedankte. Köhle überreichte der Künstlerin einen Blumenstrauß, ein weiterer Strauß ging an Traudl Bergau, denn ohne ihren Einsatz wäre das Konzert nicht zustande gekommen.

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