Kirchenleben:"Die Welt ist noch nicht alles"

Kirchenleben: Er stammt aus Vilsbiburg, hat seinen Zivildienst in einem Pflegeheim absolviert und dann das Priesterseminar besucht: Bernhard Häglsperger ist neuer Pfarrer in Königsdorf und damit auch für Beuerberg zuständig.

Er stammt aus Vilsbiburg, hat seinen Zivildienst in einem Pflegeheim absolviert und dann das Priesterseminar besucht: Bernhard Häglsperger ist neuer Pfarrer in Königsdorf und damit auch für Beuerberg zuständig.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Im September wird Bernhard Häglsperger neuer Pfarrer der katholischen Gemeinde Königsdorf-Beuerberg. Er sieht den Kern seines Glaubens in einem offenen Umgang mit Fehlern

Von Moritz Hackl

Bernhard Häglsperger räuspert sich, rückt auf seinem Stuhl hin und her, bis er eine bequeme Position gefunden hat, und blickt einen Moment lang in sich. Am 1. September übernimmt der 33-Jährige die Leitung des Pfarrverbands Königsdorf-Beuerberg. Und er nimmt die Aufgabe, die Kardinal Reinhard Marx ihm übertragen hat, ernst. Er spricht langsam und mit Bedacht.

Der gebürtige Vilsbiburger wollte schon immer Pfarrer werden. Als Kind spielte er im improvisierten Talar Gottesdienst, wobei der Klavierhocker seiner Schwester als Altar herhielt. Während der Schulzeit nannten ihn all seine Freunde nur "den Pfarrer" und der sonntägliche Kirchenbesuch wurde für ihn immer mehr zur geistigen Heimatsuche. Nach Abitur und Zivildienst trat Häglsperger ins Priesterseminar ein. Eine Zeit auch der Desillusionierung, wie er sagt, vor allem aber des Wachstums. Schließlich mussten die kindlichen Vorstellungen den alltäglichen Herausforderungen angepasst werden. Doch es war auch eine Phase, in der Häglsperger eine Leidenschaft vertiefen konnte, die er während seines Zivildienstes im Pflegeheim bereits kennengelernt hatte: die Seelsorge. "Die Dankbarkeit, die Menschen einem zurückgeben, wenn man ihnen hilft, erfüllt mich mit Glück", sagt er.

Auf das Priesterseminar folgte das Theologiestudium. Darauf der Pastoralkurs im Pfarrverband Hausham-Agatharied des Dekanats Miesbach. Die vergangenen vier Jahre verbrachte er als Kaplan in den Pfarrverbänden Neumarkt-Sankt Veit und Schönberg, beide im Dekanat Mühldorf am Inn. Im letzten Jahr als Pfarrvikar.

Der Pfarrer wirkt wie ein Mann ohne Alter, als wäre er der Zeit enthoben. "Ich möchte, dass mein Leben ein Zeichen dafür ist, dass es noch mehr gibt", sagt er. Was er meint: mehr als bloß das weltliche Glück. Nicht nur deshalb ist er ein Verfechter des Zölibats, des Gelöbnisses, das nach seiner festen Überzeugung nicht zu halten wäre, wenn er seine Hoffnung auf das Endliche setzen würde. Erst das Vertrauen auf ein Leben nach dem Tod mache die weltlichen Sehnsüchte erträglich. Und Häglsperger ist sich sicher: "Die Welt ist noch nicht alles."

Was die Welt allerdings ist: der Ort seines Wirkens. Und er möchte Wirkung hinterlassen. Vor allem als Seelsorger. "Natürlich ist auch die Beichte ein Teil der Seelsorgearbeit", sagt er. "Aber das Angebot wird kaum noch angenommen."Dabei bietet die Beichte aus seiner Sicht ein befreiendes Versprechen. Auf die Aussprache folge die Vergebung. Wer offen über sein Innenleben spreche, bekomme mit der Beichte die Zusage: "Es ist vergeben, es ist gut." Anders als in der Psychotherapie, die derzeit einen Ansturm erlebe, gehe es der kirchlichen Seelsorge nicht um Ergebnisse. "Es geht darum, den Menschen einen Raum für die Seele anzubieten, aber auch zu schauen, was der da oben zu sagen hat", sagt Häglsperger.

"Der da oben"

Überhaupt sei die Vergebung, die "der da oben" anbiete, eine Lösungsperspektive für die Missbrauchsvorwürfe und die Suche nach Verantwortlichen, mit denen die Kirche derzeit zu kämpfen habe. "Menschen sind Menschen", sagt Häglsperger. "Und auch Vertreter der Kirche sind immer Menschen." Es sei wichtig, das nicht aus den Augen zu verlieren. "Ich denke, dass gerade die Kirche einen offenen Umgang mit Fehlern kultivieren sollte", sagt er. Dafür sei die Institution prädestiniert, wo sich doch ohnehin alles um Verfehlung und Vergebung drehe. Wenn Raum für persönliche Fehler geöffnet werde, meint der Pfarrer, könnten nicht nur die einzelnen Akteure, sondern die gesamte Kirche daran wachsen.

Auf die Frage, ob die Kirche bei all den Austritten der vergangenen Monate, wieder attraktiver werden müsse, denkt Häglsperger einen Moment lang nach und lacht dann. "Die Kirche muss nicht attraktiv sein", sagt er dann. "Sie muss authentisch sein - dann kann sie auch Attraktivität ausstrahlen." Für ihn sei wichtig, dass die Botschaft der Bibel klar vermittelt wird. Und da stehe nun mal, dass jeder, der Jesus nachfolgen möchte, sein Kreuz aufnehmen muss. Der Pfarrer drückt es so aus: "Wer mir nachfolgt, muss sich auf etwas gefasst machen." Es gebe weder "Wellness-Glauben", noch eine auf Hochglanz polierte Kirche. Denn das Glück sei, sich hinzugeben. "Die Aufgabe der Kirche ist nicht unbedingt, es den Menschen leicht zu machen, sondern die Gemeinschaft mit Gottes Sohn", so Häglsperger. "Aber diese Gemeinschaft kann zu Glück, Freude und einer tiefen Zufriedenheit führen."

Für seine künftige Gemeinde wünscht er sich, dass die Werte des Glaubens in den Lebensmittelpunkt rücken können, dass er auf die lebendige Gemeindekultur aufbauen und segensreich für die Menschen wirken kann. Und Häglsperger ist sich sicher: "Es lohnt sich, für das zu kämpfen, dem ich mich verschrieben habe."

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