Konflikt mit der Kirche:Pfarrer streitet mit Kirche um sein Zuhause

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Kirchenpfleger Robert Müller, Josef Strobl, Cornelia Wolpers und Erich Kühn (v. l.) unterstützen die Haltung von Pfarrer Kirchbichler. (Foto: Hartmut Pöstges)

Nach Fertigstellung des neuen Münsinger Pfarrhauses will das Erzbischöfliche Ordinariat den kleinen Pavillon abreißen, in dem derzeit Pfarrer Martin Kirchbichler wohnt. Der möchte dies verhindern, fühlt sich jedoch von München unter Druck gesetzt

Von Benjamin Engel, Münsing

Der kleine Apartment-Pavillon wirkt im Vergleich zum neuen Münsinger Pfarrhaus im Norden unscheinbar. Wie sehr sich das Erzbischöfliche Ordinariat München und Freising und die Kirchenverwaltung in Münsing um den Abriss des Pavillons streiten, ist lange intern geblieben. Bei Pfarrer Martin Kirchbichler, der für den Erhalt kämpft, hat sich viel Ärger angestaut: "Mit Kirchensteuergeldern wird Wohnraum vernichtet", sagt er. Das Ordinariat gebe den Pfarrern, dem Kirchenpersonal und den Ehrenamtlichen in den Gemeinden keinerlei Handlungs- und Gestaltungsspielraum. Er urteilt hart: "Die haben den Bezug zur Basis verloren."

Wer diese Reaktion nachvollziehen will, muss weit zurückgehen. Als Pfarrer ist Martin Kirchbichler im September 2006 nach Münsing gekommen. Seither wohnt er provisorisch in einem der beiden knapp 40 Quadratmeter großen Apartments im Pavillon. Das Anfang der 1960er-Jahre errichtete alte Pfarrhaus sei damals seit fast einem Vierteljahrhundert nicht mehr renoviert worden und heruntergekommen, sagt er. Der Platz dort reichte lediglich für Verwaltungsräume aus.

War zuerst nur eine Renovierung im Gespräch, genehmigte das Erzbischöfliche Ordinariat schließlich 2008 den Neubau des Pfarrhauses. Schon vor zehn Jahren lehnte die Kirchenverwaltung den Abbruch des Apartment-Hauses jedoch ab. Für ein neues Pfarrhaus samt Pfarrerwohnung kürte eine Jury 2014 den Siegerentwurf. Pfarrer Kirchbichler zitiert aus einem damaligen Brief an das Ordinariat, wonach ein Abbruch des Apartmenthauses für ihn als Pfarrer und Kirchenverwaltungsvorstand nicht infrage komme. Aus seiner Sicht würden damit Kirchensteuermittel vergeudet, obwohl die Pfarrei für eigene Mitarbeiter Wohnraum brauche. Nach Darstellung des Pfarrers habe das Ordinariat Druck aufgebaut. Stimme die Kirchenverwaltung dem Abriss nicht zu, werde kein neues Pfarrhaus gebaut, sei zu verstehen gegeben worden. Nur um voranzukommen, habe man in Münsing den Abriss mit knapper Mehrheit befürwortet, doch weiter nach einem Kompromiss gesucht, so Kirchbichler. Kirchenpfleger Robert Müller spricht von inzwischen ganz anderen Voraussetzungen. Mit einem Pavillon-Abriss hätte man sich arrangieren können, wenn die angedachte Friedhofserweiterung realisiert worden wäre. Doch das sei kein Thema mehr.

Auf den Vorwurf, Druck auf die Münsinger Pfarrei ausgeübt zu haben, geht die Pressestelle des Erzbischöflichen Ordinariats nicht ein. Von Anfang an habe man mit der örtlichen Kirchenverwaltung abgestimmt, das Apartmenthaus zurückzubauen, wenn das neue Pfarrhaus fertiggestellt sei, so heißt es. "Diese hat - von einem Architektenwettbewerb im Jahr 2016 über Vorplanung und Bauantrag bis hin zur Ausführungsplanung - mit ihren jeweiligen Beschlüssen in jedem Planungsschritt den späteren Rückbau bestätigt." Das Apartmenthaus abzubrechen, sei Bestandteil der staatlichen Baugenehmigung.

Weil die Münsinger Kirchenstiftung dessen Erhalt nachträglich wünschte, habe man die Handlungsmöglichkeiten überprüft, so das Ordinariat. Das Ergebnis: Dies wäre unwirtschaftlich. Die mittelfristig zu erwartenden Mieteinnahmen wären deutlich geringer als die Kosten für den Gebäudeunterhalt. Etwaige Umplanungen beim zuständigen Landratsamt seien mit Mehrkosten und Risiken verbunden, so die Pressestelle. Ein absehbar unwirtschaftliches Vorhaben könne nicht genehmigt werden. Dies widerspreche dem Stiftungsrecht und dem verantwortungsvollen Umgang mit Kirchensteuergeldern.

Bei Kosten von knapp vier Millionen Euro für den Pfarrhaus-Neubau stellt sich für Münsings Pfarrer die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Kirchbichler berichtet, dass anstelle des Apartmenthauses Parkplätze geplant seien. Das ließe sich aus seiner Sicht anders lösen.

Im zweiten der Pavillon-Apartments lebt derzeit noch Diakon Jörg Kornacker. Er pendelt zwischen Münsing und seiner Familie im unterfränkischen Landkreis Kitzingen. Bei einem Abriss müsste er ausziehen und sich etwas Neues suchen. Auch deshalb unterstützt Münsings Pfarrgemeinderatsvorsitzender Uli Geigl die Haltung der Kirchenverwaltung. "Mit zusätzlichem Wohnraum hätten wir bessere Möglichkeiten, Mitarbeiter für die Pfarrei oder unseren Kindergarten zu bekommen", betont er. Da in Münsing vor allem Wohnungen in Apartmentgröße knapp seien, ließe sich das sofort vermieten. Den 27 Jahre alten Pavillon stehen zu lassen, rechne sich in jedem Fall.

© SZ vom 13.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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