Süddeutsche Zeitung

"Kleines Glück", Folge 4:Semmelservice am See

Die Familie Pangerl betreibt den Kiosk am Campingplatz Walchensee seit 17 Jahren. Dort finden Gäste neben dem Standardangebot auch Outdoor-Grundausstattungen, Bücher, ein Frühstücksbuffet - und Backwaren nach Wunsch

Von Silver Lucia Breitkopf

Tief hängen die Nebelschwaden in den Bergen, die den Walchensee einzurahmen scheinen. Der Ruf einer Krähe hallt über das Wasser, das türkisblau und so klar ist, dass man bis auf den Grund blicken kann. Ein alter Campingwagen steht direkt am Ufer, ein Klapptisch mit zwei Kaffeetassen davor. Es ist ruhig, eine fast mystische Szenerie. Hinter dem Campingwagen steht eine helle Hütte. Erbaut wurde das kleine Haus 1998. Es beherbergt seitdem den Kiosk, der zum Campingplatz am Walchensee gehört. Drinnen ist die Atmosphäre freundlich. Es riecht nach Kaffee und Semmeln. Der Inhaber, Berndt Pangerl, ist ein gut gelaunter Typ. 2002 übernahm er den Campingplatz und den Kiosk von den Vorbesitzern und betreibt beides seitdem gemeinsam mit seiner Frau Christine.

Der Kiosk fügt sich ganz unaufgeregt in die atemberaubende Natur ein. Ein friedlicher Ort für ein kleines Päuschen in der Sonne, bei dem man seine Vorräte auffüllen kann. Denn den Gästen, die hier Urlaub machen, soll es an nichts fehlen. Eine solide Grundausstattung für Camper findet sich im Kiosk, angefangen beim Klappstuhl über Angelhaken bis hin zu Toilettenpapier. Zeitungen und eine Auswahl an Büchern und Postkarten mit Motiven aus der Umgebung sind außerdem vorhanden. Süßigkeiten wie Kekse, Gummibärchen und Schokolade dürfen natürlich auch nicht fehlen. Obendrein bietet Familie Pangerl einen sogenannten Semmelservice für kampierende Gäste an. Diese Art von Service gehört wohl schon nicht mehr zum Standardprogramm eines Kiosks. Die Pangerls aber machen es gerne. Wer bis zum Abend seine Frühstückswünsche auf einen Zettel schreibt und in den bereitgestellten leeren Maßkrug am Kiosk wirft, kann die gewünschten Backwaren am nächsten Morgen liebevoll eingetütet dort abholen. Berndt Pangerl persönlich kümmert sich darum, dass jede Semmel in die richtige Tüte kommt. Hier muss also kein Camper aus Verzweiflung auf die kalten Ravioli aus der Dose vom Vorabend zurückgreifen, um gestärkt in den Tag starten zu können. Es gibt sogar ein kleines Frühstücksbuffet, an dem sich die Gäste bedienen können, um danach die Speisen auf den kleinen Stühlen vor dem Haus zu genießen.

Ist das noch ein Kiosk? "Och, das geht schon noch als Kiosk durch", sagt Pangerl verschmitzt. "Warme Speisen bieten wir ja nicht an, und man muss sich auch selbst bedienen. Restaurant können wir uns also definitiv nicht nennen. Und für einen Supermarkt sind wir auch gar nicht voll genug ausgestattet."

Die Besitzer schließen den Kiosk am Walchensee über die Mittagspause. Wer von 12 bis 15 Uhr also auf ein Eis am See gehofft hat, wird wohl enttäuscht werden. Zwar steht der Kiosk mit seinem Angebot auch Tagesbesuchern oder Wanderern offen, aber dennoch ist er an den Campingplatz angebunden und hat deswegen auch nur während der Sommermonate geöffnet.

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Quelle:
SZ vom 05.09.2019
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