Süddeutsche Zeitung

Kinderbuch über Wolfratshausen:Der kleine Drache vom Stadtwald

Liedermacherin und Autorin Barbara Lexa stellt ihr neues Werk "Wolfratshausen 1519" vor, für das sie tief in Chroniken und historische Literatur eintauchte.

Von Sabine Näher

Gleich drei neue Bücher will Barbara Lexa am Freitagabend im Wirtshaus Flößerei vorstellen. Gleich drei? "Das Kinderbuch ist eigentlich schon vor zehn Jahren entstanden", relativierte die umtriebige Autorin, Illustratorin und Musikerin den großen Output. "Mein mittlerweile 16-jähriger Sohn hat nachgefragt, was denn aus der Drachengeschichte geworden sei." Noch nichts, erklärte ihm seine Mutter. Um das Ganze auf CD einzulesen und einzuspielen, benötige sie eine männliche Stimme. Nach kurzem Stäuben erklärte sich ihr Sohn Leonhard schließlich bereit, diesen Part zu übernehmen. Und so liegt es nun endlich vor: das Kinderbuch "Wolfratshausen 1519".

Zur Recherche ist Lexa tief eingetaucht in Archive, Chroniken und historische Literatur. Das Kunststück, aus solch eher drögem Material eine spannende und lebendige Geschichte zu schreiben, die Kinder, aber nicht nur Kinder anspricht - das ist ihr gelungen. Gerne geht der Leser mit ihr auf Zeitreise in eine Stadt, in der die Flößerei den Haupterwerbszweig darstellte, als Wolfratshausen noch eine veritable Burg aufzubieten hatte - auch wenn diese damals nur noch als Sommerresidenz genutzt wurde, wie Lexa erklärt - und als noch Drachen im Stadtwald hausten. Der kleine Drache, dem in der Geschichte eine tragende Rolle zukommt, ist allerdings als schwarzer Teufelshund mit rot glühenden Augen verschrien und deshalb überglücklich, als die Flößerkinder Josepha und Leander seine wahre, alles andere als furchteinflößende Natur entdecken. Aus Dankbarkeit hilft er den beiden, dass ein zu Unrecht als Dieb beschuldigter Wolfratshauser Bürger vom Galgen verschont bleibt, indem die wahren Langfinger gefunden werden. Wie? Das muss man schon selber nachlesen.

Lexa hat ihre Geschichte ansprechend illustriert und die eingestreuten, mit Noten versehenen Lieder wie den gesamten Text auf zwei CDs aufgenommen, die dem Buch beiliegen. Am Freitagabend las und sang sie, sich selbst auf der Gitarre begleitend, daraus vor. Sie hat eine angenehm natürliche, unaufgesetzte Vortragsart, der man mit Vergnügen lauscht. Leider hatten sich nicht viele Zuhörer eingefunden: Dem ansprechenden Buch hätte man eine größere Schar Neugieriger gewünscht.

Während dieses märchenhafte Kinderbuch allen Lesern zu empfehlen ist, dürften die beiden anderen Neuvorstellungen einen kleineren Kreis an Interessenten finden. "Mein Wechseljahr", nicht zu verwechseln mit "meine Wechseljahre", beschreibt, wie sich 2016 für Barbara Lexa plötzlich alles wandelte, was ihr Leben bisher ausgemacht hatte. "Nach 30 Jahren Beziehungschaos" habe sie auf Anraten einer Heilpraktikerin einmal aufgeschrieben, was, respektive wen genau sie sich eigentlich vom Leben wünsche. Ziemlich detailliert habe sie da nach langem Nachsinnen einen Menschen beschrieben, den sie dann zu ihrer maßlosen Verblüffung fast passgenau auf dem Waldwelt-Festival bei Straubing traf, wo sie Jodel-Workshops gab. Und dieser zur Realität gewordene "Wunschmann" saß am Freitagabend neben ihr. Er heißt Hans Schuhbauer, ein ehemaliger Fliesenleger, der mit 40 beschloss, seinem Leben eine Wende zu geben. "Wirklich reich ist der, der Zeit hat, nicht der Geld hat, aber vor Geldverdienen nicht dazu kommt, das Leben zu genießen": Nach dieser Devise habe er beschlossen, auf die vielen unnötigen Dinge, in deren Erwerb so viel Zeit und Geld gesteckt wird, zu verzichten. Stattdessen im Tipi zu leben und bei schönem Wetter in die Berge oder an den See zu gehen. Man müsse "seinen Verstand einfach mal neu formatieren", meint Lexa, weil dieser so rigide voreingestellt sei. In Schuhbauer traf sie den lange gesuchten Seelenverwandten.

Gemeinsam haben sie das dritte an diesem Abend vorgestellte Buch "Einstiegshilfen für Aussteiger" geschrieben, aus dem Lexa vorlas und zu dessen Entstehung Schuhbauer einiges erzählte. Ein paar aus Lexas Feder geflossene Lieder sang das Paar zu Gitarrenbegleitung gemeinsam. So harmonisch wirkte ihr Miteinander, dass man ihnen glauben möchte, dass sie den Weg zur "erfolgreichen Lebensveränderung" tatsächlich gefunden haben. In ihrem Buch wird er für all diejenigen, die noch auf der Suche sind, auf 160 Seiten beschrieben.

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Quelle:
SZ vom 06.06.2017
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