Kehrtwende in der Hühnerzucht:Kikeriki

Kehrtwende in der Hühnerzucht: In ökologischer Freilandhaltung sind sechs Hühner pro Quadratmeter erlaubt. Auf dem Lothhof hat jedes Huhn zudem noch zehn Quadratmeter Wiese.

In ökologischer Freilandhaltung sind sechs Hühner pro Quadratmeter erlaubt. Auf dem Lothhof hat jedes Huhn zudem noch zehn Quadratmeter Wiese.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Auf dem Lothhof in Münsing bekommt jedes Huhn Bio-Getreide, Brot und Gemüse. Künftig will Landwirt Nikolaus Mair auch die männlichen Küken aufziehen.

Von Benjamin Engel, Münsing

Nur einen Punkt muss Bio-Landwirt Nikolaus Mair seinen Kunden immer wieder erklären - insbesondere zu Ostern: Zum Färben bevorzugen viele nämlich strahlend weiße Eier. Doch die gibt es im Lothhof-Laden nicht. Seine Hühner legen nur braune Eier. Denn, wie er erklärt, würde weißlegenden Hühnern nachgesagt, aggressiver zu sein. Doch keiner muss verzagen: Auch die braunen Eier seiner Hühner ließen sich zum Fest färben, betont Mair.

Der Bio-Landwirt - 1989 trat er dem Demeter-Verband bei - hält seine 450 Hühner das ganze Jahr über auf den rund zwei Hektar großen Wiesen zwischen dem Lothhof-Laden in Münsing und dem Laufstall für seine Kühe in zwei mobilen Anlagen. Vor vier Jahren hat Mair mit dieser Art der Hühnerhaltung begonnen. Er versetzt die mobilen Ställe alle vier bis sechs Wochen auf seinen Wiesen. So haben die Hühner stets frisches Gras zum Fressen. Nur im Winter, von Mitte Dezember bis in den Frühling rund um Ostern, bleiben die mobilen Ställe an einem festen Platz direkt über den Wasserversorgungsschächten. "Sonst würde das Wasser einfrieren", erklärt Mair. Und davon brauchen die Hennen viel. Die 350 Hühner im größeren Stall brauchen rund 50 Liter Wasser am Tag. Pro Tag frisst eine Henne etwa 120 Gramm Futter. Mair gibt ihnen Getreide aus eigenem Anbau, übrig gebliebene Brot- und Gemüsereste aus dem Hofladen - den betreibt Christian Kohn - sowie eine Futtermischung mit Mais, Getreide und Eiweißkomponenten wie Erbsen und Bohnen. In der warmen Jahreszeit fressen die Hühner umso mehr Gras. "Je mehr, desto heller wird auch der Dotter", sagt Mair.

Mit seinen 450 Tieren zählt Mair zu den kleinen Haltern in Deutschland. Seine sogenannten Hybrid-Hühner werden aus verwandten Artlinien gezüchtet. Doch seit vermehrter Kritik an der Massentötung von männlichen Küken sind vor allem bei den Bioverbänden zunehmend Rassehühner gefragt, sogenannte Zweinutzungshühner. Sie liefern Fleisch und Eier gleichermaßen. Die männlichen Küken bleiben so am Leben. Auch Mair will künftig mehr auf Zweinutzungshühner setzen. Zunächst einmal plant er, rund 100 Hühner der französischen Rasse "Le Bleues" zu kaufen. Er hofft, dass alle schon im Mai auf seinem Hof sind. Die Hühner mit weißen Federn und blauen Füßen legen zwar weniger Eier als die Hybrid-Hühner. Massentötungen der männlichen Küken sind damit allerdings vermieden.

Kehrtwende in der Hühnerzucht: Bio-Bauer Nikolaus Mair verkauft die Eier im Hofladen.

Bio-Bauer Nikolaus Mair verkauft die Eier im Hofladen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Auf dem Weg zum Kuhstall schaut Mair jeden Tag in der Früh zu seinen Hühnern. Er kontrolliert, ob sie genügend Wasser und Futter haben und macht sauber. Mittags holt er die Eier. In jedem der mobilen Ställe haben die Hühner an den Seiten jeweils zwei Scharrräume. Der Rest besteht aus Gitterboden. Zudem gibt es Sitzstangen. Im eingezäunten Freibereich kommen auf jedes Huhn zehn Quadratmeter Wiese. Mit der mobilen Stallhaltung hat Mair gute Erfahrungen gemacht. Die Hühner seien absolut gesund, sagt er. Medikamente habe er bisher nie einsetzen müssen. Die Tiere hätten kaum Parasiten und pickten sich auch kaum gegenseitig mit den Schnäbeln. Das liege daran, dass die Hühner jederzeit aus dem Stall könnten und mehr Freiraum hätten.

In der ökologischen Freilandhaltung sind laut Mair im Stall höchstens sechs Hühner pro Quadratmeter erlaubt. Ähnlich strikte Vorgaben gebe es bei konventionellen Freilandhaltern nicht. Auch bekämen die Tiere kein biologisches Futter wie seine. Außerdem mischten konventionelle Halter Carotinoide unter das Futter, damit die Eidotter sich kräftiger färbten.

Die Kunden zahlen im Lothhof-Laden für ein Ei 45 Cent. Mair sagt, dass sie in der konventionellen Freilandhaltung an die 40 Cent, für Eier aus Bodenhaltung um die 25 Cent pro Ei ausgeben müssten. Seine Eier seien zwar teurer. Doch die Wirtschaftlichkeit stimme. Mair verkauft die Eier im Lothhof-Laden, im Geltinger Dorfladen, im Bauernladen in Geretsried, an das Ambacher Gasthaus "Zum Fischmeister" und das Restaurant Broeding in München.

Im Tierschutz sieht Mair einen seiner Beweggründe, ökologisch zu wirtschaften. Die Tiere könnten ihre natürlichen Verhaltensweisen besser ausleben. So seien Hühner in Bodenhaltung dauernd im Stall, sähen nie das Tageslicht. Außerdem stört den Bio-Landwirt, dass in der konventionellen Landwirtschaft mit Pflanzenschutzmitteln und Mineraldünger gearbeitet wird. Er selbst dünge allein mit der Gülle seiner Kühe.

Das Leben der Hühner von Mair folgt einem sich wiederholenden Rhythmus. Mit 16 bis 18 Wochen kauft der Landwirt die Hennen vom Aufzüchter. Sind sie etwa 20 Wochen alt, fangen sie zu legen an. Rund 80 bis 90 Eier sollten 100 Hühner pro Tag legen. Damit kalkulierten die Halter, sagt Mair. Je größer die Hühner würden, desto größer würden auch die Eier. Allerdings nehme die Schalendicke ab. Mit zunehmenden Alter der Tiere würden die Eier deshalb zerbrechlicher. Nach 14 Monaten werden sie schließlich weiterverkauft.

Im Winter stellt der Bio-Landwirt zusätzlich Lampen mit Zeitschaltuhr im mobilen Stall auf. Denn die Hühner brauchen 14 Stunden Licht am Tag, damit sie gleichbleibend viele Eier legen. Sonst wären es in der dunklen Jahreszeit wesentlich weniger. Geheizt sind die Ställe im Winter allerdings nicht. Die Körperwärme der Tiere reicht aus, um die Räume für sie kuschelig warm zu halten.

Nur mit dem Schnee haben die Hühner Probleme: Fällt er, bleiben die Hühner von Bio-Landwirt Nikolaus Mair aus Münsing weitestgehend in ihren mobilen Hühnerställen. Nur wenige drängen sich dann im Freien dicht an die Wand, wo kein Schnee liegt. Denn den mögen die Hühner einfach nicht und setzen folglich keinen Fuß darauf, erklärt Mair.

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