Süddeutsche Zeitung

Junges Leben in Schäftlarn:Bauwagen und Beachvolleyball, bitte

Es gibt die Fußballmannschaft, den Tennisclub und die Ministranten. Viel mehr aber auch nicht, beklagen Jugendliche aus der Gemeinde. Sie haben Vorschläge, was der neue Gemeinderat in ihrer Heimat verändern könnte

Von Marie Hesslinger, Schäftlarn

5913 Einwohner hat die Gemeinde Schäftlarn, davon sind 450 zwischen 12 und 18 Jahre alt. Bei der Kommunalwahl konnten die meisten von ihnen noch nicht wählen. Doch sie haben Wünsche an den neuen Gemeinderat.

"Schäftlarn hat für Jugendliche ganz gute Angebote da, vor allem, was Sport angeht", sagt Jakob Lenzen. Der 18-Jährige sitzt mit fünf weiteren Jugendlichen aus Schäftlarn vor dem Bäcker im Ort. Clara Dobe widerspricht: "Für Mädchen nicht." Die 16-Jährige wüscht sich eine Fußballmannschaft für Frauen. Als sie jünger war, hat sie bei den Jungs mitgespielt, doch die waren ihr zu gut, zum nächsten Verein nach Wolfratshausen ist es ihr zu weit. Ähnlich geht es Florence Schumacher: Früher war sie beim Turnen, doch der Verein bietet vor allem Gruppen für die Jüngeren.

Für die Grundschüler, es sind 415 an der Zahl, gibt es in Schäftlarn unter anderem das Taekwondo, Kinderturnen, verschiedene AGs an der Schule, die Pfadfinder und kirchliche Gruppen. Für die älteren Schüler, so wirkt es, wenn sie erzählen, mangelt es an Angeboten.

Die Jugendlichen sind sich einig: Mehr Volleyball wäre gut. Ein Beachvolleyballfeld gibt es in Schäftlarn schon. "Der Platz ist auch wirklich ein schöner. Aber im Sommer wird es ordentlich heiß", sagt Jakob Lenzen. Der Schäftlarner Turn- und Sportverein (TSV) mietet für das Jugendvolleyballtraining extra eine Halle in Icking. Doch das Training findet nicht statt. Es findet sich kein Jugendtrainer.

Auch Basketball ist ein beliebter Sport unter den Jugendlichen. In der Turnhalle des Klosters Schäftlarn treffen sich Basketballer des TSV. Bei den Sportplätzen am Vereinsheim in Hohenschäftlarn steht ein einzelner Basketballkorb. Paul Dobe beklagt, dass das Basketballfeld nur ein halbes ist, auch ein Flutlicht gebe es dafür keines. Gegenüber dem Basketballkorb liegt eine Halfpipe für Skater. Skateboarder jedoch, sagt Clara Dobe, gebe es in Schäftlarn kaum. "Ich habe einen mal gesehen", sagt die 16 Jahre alte Schülerin des Ickinger Gymnasiums, "früher, als ich klein war, waren es mehr."

Im Trend hingegen liegen Tricks mit Mountainbikes. Dafür wünschen sich die Jugendlichen mehr Trails. Die Fußballspieler unter ihnen hoffen zudem auf mehr Plätze. Auf den eingezäunten Fußballfeldern würden die Jüngeren spielen, sagt Jakob Lenzen. Die Älteren jedoch würden auf die freie Rasenfläche daneben ausweichen. Paul Dobe schlägt eine Sporthalle vor, zu der sich alle gegen Pfand einen Schlüssel ausleihen dürfen, zum Beispiel, um Basketball oder Volleyball zu spielen. Zusammen mit Quirin Karwat ist der 14-Jährige bei den Pfadfindern. "Da machen wir immer ziemlich coole Sachen", sagt Quirin. Was Sport betrifft, ist der 13-Jährige Quirin der Ansicht: Wer wirklich will, der kann. "Ich fahre dreimal die Woche fürs Hockey nach München rein." Jakob Lenzen ist Schüler der Fachoberschule für Technik in München und pendelt viel. Er wirft ein: "Da bin ich länger unterwegs als ich Sport mache."

Jugend in Ziffern

Die Gemeinde Schäftlarn zählt aktuell 150 Kinder im Alter von null bis drei Jahren. 196 junge Schäftlarner sind im Kindergartenalter, zudem gibt es 415 Grundschüler in der Isartalkommune. 244 Jugendliche verzeichnet die Gemeinde im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren, und zwischen 16 und 18 Jahren sind es derzeit 206. Die insgesamt 1211 Schäftlarner unter 18 Jahren entsprechen ziemlich genau den Vorhersagen des Bayerischen Landesamtes für Statistik, die für 2020 von 1200 unter 18-Jährigen ausgegangen sind bei einer Gesamteinwohnerzahl von 6000. Die weiteren Berechnungen gehen von einer Bevölkerungszunahme hin zu 6500 Schäftlarnern bis 2037 aus, die Zahl der unter 18-Jährigen bleibt dabei konstant. mhes

Neben Sportmöglichkeiten wünschen sich die sechs jungen Ortsbewohner vor allem einen Raum nur für die Jugend. "Wir haben in Schäftlarn gar keinen Platz, wo man sich in Ruhe treffen kann, ohne gestört zu werden", sagt der 15-Jährige Xaver Lenzen. Häufig treffen sich die sechs mit ihren Freunden an der Isar oder an den Sportplätzen des TSV-Vereinsheims. In Pullach ist das Café Treibhaus ein beliebter Treffpunkt. In Wolfratshausen war es Chilli's Tex-Mex Bar, die nun schließen musste. Im Schäftlarner Ortsteil Neufahrn gibt es einen Bauwagen für Jugendliche. So ein Bauwagen am Waldrand, mit einem Trail für die Dirt Jump Biker, wünschen sich auch die Hohenschäftlarner. Das haben die Jugendlichen bei einer Wahlveranstaltung der Grünen erarbeitet, an der Xaver, Quirin und Paul teilnahmen.

Auf ihrer Wunschliste steht zudem noch: eine sichere Badestelle. "Früher gab es an der Isar so ein Freibad. So was wäre ganz cool", sagt Clara. Der 16-Jährigen ist es außerdem ein Anliegen, zu sagen: "Ich wünsche mir, dass Schäftlarn mehr für die Umwelt tut." Grünflächen könne die Gemeinde sinnvoller bepflanzen, "nicht mit so komischen Kunstblumen." Sie ist außerdem für einen Jugendgemeinderat, der ein Mitbestimmungsrecht habe, und ein Wahlrecht ab 16 Jahren auf kommunaler Ebene, "weil es ist ja auch unsere Zukunft", argumentiert sie. Die Jugendlichen sind sich einig: In Schäftlarn würden sie auch in Zukunft gerne wohnen. Die Anbindung nach München, die Nähe zur Natur, und: die Gemeinschaft im Ort. Das alles macht Schäftlarn für sie zu einem guten Ort zum Bleiben. Sie wenden jedoch ein: Schäftlarn ist teuer. "Ich weiß nicht, was ich mal werde", sagt Clara. "Ich weiß nicht, ob ich mir Schäftlarn dann leisten kann."

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Quelle:
SZ vom 24.03.2020
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