Die politische Bildung zu fördern ist das Ziel des Wolfratshauser Franz-Geiger-Vereins. Er zählt derzeit 16 Mitglieder, wird von der SPD-Stadträtin Gerlinde Berchtold geleitet und verleiht nun erstmals den mit 1500 Euro dotierten Franz-Geiger-Preis. Dieser geht an die Jugendbildungsstätte Königsdorf. Die SZ sprach mit dem Leiter Roland Herzog.
SZ: Glückwunsch zum ersten Franz-Geiger-Preis, Herr Herzog! Wissen Sie schon, was Sie mit den 1500 Euro machen werden?
Roland Herzog: Vielen Dank! Wir freuen uns sehr und haben vielfältige Möglichkeiten, das Geld sinnvoll einzusetzen. Das Gelände, auf dem wir hier arbeiten, verpflichtet uns dazu, dass wir uns mit der historisch-politischen Geschichte dieses Ortes auseinandersetzen. Hier wurde die Hitler-Jugend trainiert. In der Nachkriegszeit gab es landwirtschaftliche und militärische Ausbildungslager für Displaced Persons. Man kommt nicht umhin, sich mit der Zeitgeschichte und den zugrundeliegenden Werten auseinanderzusetzen.
Gibt es noch Spuren aus der HJ-Zeit auf dem Gelände?
Ja, etwa einen alten Wasserturm, mit dem wir Spannendes vorhaben. Die Holzverkleidung bröckelt ab und muss saniert werden. Nun wollen wir statt einer gewöhnlichen Fassade eine Kletterwand installieren. Der Wasserturm steht dann nicht nur versteckt als stummer Zeitzeuge im Wald, sondern wird aktiv genutzt. Das Klettern wird nur unter Betreuung möglich sein, dabei kann man gut ins Gespräch kommen. Der Turm bietet somit Anknüpfungspunkte, sich mit der Zeit des Nationalsozialismus zu beschäftigen und demgegenüber die unschätzbaren Werte unserer Demokratie zu verdeutlichen.
Wie reagieren Jugendliche darauf, wenn sie damit konfrontiert werden?
Ganz unterschiedlich, das Spektrum ist breit. Manche Schulklassen, die zu uns kommen, sind noch ganz unbedarft. Dann aber hatten wir unlängst auch Schülerinnen und Schüler aus Penzberg zu Gast, die sich intensiv mit der Penzberger Mordnacht beschäftigt haben. Ihnen konnten wir eine App zeigen, die wir für unser Gelände nutzen. Man geht mit ihr auf Spurensuche und erfährt an einzelnen Stationen Details zur Geschichte und zu den zugrundeliegenden Werten, immer mit dem Transfer zu den Geschehnissen zu unserer heutigen Zeit.
Welchen Teil macht die politische Bildung im Gesamtangebot der Jugendsiedlung aus?
Wir bieten dazu keine speziellen Seminare an und sagen: So, nun lernen wir mal Demokratie! Sie fließt vielmehr ganz selbstverständlich in nahezu alle unsere Bildungsangebote ein. Politische Bildung ist ein Querschnittsthema. Zum Beispiel arbeiten wir mit dem Demokratiespiel "Quararo", bei dem es darum geht, sich als Gruppe auf ein Ergebnis zu verständigen. Es gibt ja viele demokratische Entscheidungsformen. Seit 2019 haben wir im Haus eine Demokratiewerkstatt mit einem Archiv für historisch-politische Bildungsangebote. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist das Thema Nachhaltigkeit, bei dem es auch um grundsätzliche Fragen des Zusammenlebens geht. Es gibt viele Wege, jungen Menschen zu zeigen, wie wertvoll unsere Demokratie ist und warum es sich lohnt, sich politisch zu engagieren.