Süddeutsche Zeitung

Jubiläum:Seit 150 Jahren stets zur Stelle

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Im Mai 1865 wurde die Wolfratshauser Feuerwehr gegründet. Damals zogen Pferde die Saug- und Druckspritzen, gepumpt wurde von Hand. Am Samstag wird ein neues Einsatzfahrzeug geweiht, dann gibt es einen Festzug und eine interne Feier

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

An Schlaf ist für Manfred Sewald, stellvertretender Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Wolfratshausen, derzeit kaum zu denken. Zwei Tage vor der großen internen Feier zum 150-jährigen Bestehen des Feuerwehrvereins in der Loisachhalle am Samstag muss er die Sitzordnung umstellen. "Meine Frau sieht mich praktisch kaum noch", sagt Sewald. Neue Ehrengäste haben sich angekündigt, unter ihnen der CSU-Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber. Außerdem werden der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) als Schirmherr und Edmund Stoiber, ehemaliger Ministerpräsident und Ehrenmitglied der Wolfratshauser Feuerwehr, erwartet. Am Donnerstag ist eine Delegation der Partnerschaftsfeuerwehr aus Barbézieux angereist. Mit den Wolfratshausern feiert die Feuerwehr erst am 20. September.

Zwei Jahre lang hat das Organisationskomitee die Jubiläumsfeier mit Fahrzeugsegnung, Festgottesdienst, Festzug und internem Festabend in der Loisachhalle vorbereitet. 420 Gäste werden erwartet. Derzeit hat die Feuerwehr rund 80 Aktive, sagt Sewald. Zu Beginn des Festsamstags gegen 15.30 Uhr soll das neueste Einsatzfahrzeug auf dem Wolfratshauser Marienplatz gesegnet werden. Zur Ausstattung gehören eine Tragkraftspritze, eine mobile Pumpe und eine Zugmaschine für die Wasserbehälter, die bei der Brandbekämpfung aus der Luft eingesetzt werden.

Heute ist die Ausrüstung im Gerätehaus untergebracht.

Am 8. Juni 1962 brannte es im Untermarkt in der Bäckerei Schöffmann.

Das erste motorisierte Fahrzeug war ein Adler.

Im Mai 1865 gründeten 23 Mitglieder die "Turn & Feuerwehr Wolfratshausen". Sechs Monate später - der technikaffine, gerade erst 20-jährige Ludwig II. war seit einem guten Jahr König von Bayern - erwarb die Wolfratshauser Feuerwehr die erste eigene Feuerspritze. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Saug- und Druckspritzen von Pferden gezogen, die Spritzenmannschaft pumpte das Löschwasser von Hand aus der Loisach in den Markt. Mit Hilfe von Balance-Leitern, die große Räder an jeder Seite hatten - konnte die Steigermannschaft auch die oberen Stockwerke und das Dach erreichen. Meist seien die Steiger Dachdecker und Kaminkehrer gewesen, die das Arbeiten in großer Höhe ohnehin gewohnt gewesen seien, sagt Kreisbrandmeister Franz Mair, der die Festschrift zum Jubiläum erstellt hat. Dazu seien Sanitäter und eine Ordnungsmannschaft gekommen. Letztere sei erforderlich gewesen, um Neugierige zurückzuhalten und das Hab und Gut der von Bränden betroffenen Bewohner zu schützen.

1891 zog die Feuerwehr in Räume im Rathaus im Bereich der heutigen Rathauspassage. 1928 kaufte die Marktgemeinde der Feuerwehr das erste motorisierte Fahrzeug mit einer "Flader-Motor-Spritze" auf einem Transportwagen. Hermann Kerl, der in die Vereinigten Staaten ausgewandert war und dort zu Geld gekommen war, vermachte der Feuerwehr seinen sechssitzigen "Adler", der als Zugfahrzeug eingesetzt wurde. 1955 wurde ein neues Tanklöschfahrzeug aus Kreismitteln gekauft. 1965 bezog die Feuerwehr aus Platzgründen das Gerätehaus am Hatzplatz.

Mitte der 1960-er Jahre gründete die Feuerwehr eine eigene Tauchergruppe. Bis dahin ertranken viele Badende, vor allem Kinder, in den Gewässern auf Wolfratshauser Gebiet, weil die Einsatzkräfte nicht für die Rettung ausgerüstet waren. Auch Autos, die in Flüsse und Kanäle gestürzt waren, konnten zuvor nicht wieder herausgezogen werden. In den 70-er Jahren begann mit der Einführung von Sprechfunk und Funkalarmierung ein neues Telekommunikationszeitalter für die Einsatzkräfte. Damit entfielen bei kleineren Einsätzen endlos viele Telefongespräche.

Zum Festzug vom Marienplatz zur Loisachhalle erwartet die Wolfratshauser Feuerwehr Vertreter neben der Prominenz fast aller Feuerwehren aus dem Landkreis und die Führung des Kreisverbands. Unter anderem werden zwei historische Fahrzeuge aus den 1950-er Jahren den Festzug abschließen. Der Historische Feuerwehrverein in Wolfratshausen hat die Wagen restauriert.

Gleich nach dem Festabend muss sich die Wolfratshauser Feuerwehr auf zwei weitere Großereignisse vorbereiten: Auf den G-7-Gipfel Anfang Juni in Schloss Elmau und den Tag der offenen Tür am 20. September, der laut Sewald im Jubiläumsjahr größer ausfallen soll als sonst.

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SZ vom 08.05.2015
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