Tiere im Oberland:Eine Zuflucht für heimatlose Tiere

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Die Vermittlung von Tieren, die im Josefa-Burger-Heim in Gelting leben, ist ein längerer Prozess. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Versorgung von Fundtieren zählt zu den kommunalen Pflichtaufgaben. Im Norden des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen übernimmt das Team im Josefa-Burger-Tierheim stellvertretend diese Aufgabe. Das Geld dafür ist allerdings knapp.

Von Benjamin Engel, Geretsried

„Otto ist unser heimlicher Star“, sagt Kristina Wölm. Als sie an diesem kalten Januartag in einem Gehege des Geltinger Josefa-Burger-Heims nach ihm ruft, ist der Kater sofort da. Er lässt sich genüsslich streicheln und wirkt regelrecht verschmust. Dabei wurde er vor sechs Jahren wegen eines ganz anderen Verhaltens hergebracht.

Damals hatte sich der Kater, der mittlerweile 14, 15 Jahre alt ist, durch die Katzenklappe in die Wohnung einer älteren Frau in Dietramszell geschlichen. Er attackierte und biss die Seniorin und ihr Haustier. Die Tiere im Heim brächten ihre eigene, oft ziemlich traurige Geschichte mit, sagt Wölm. Im Geltinger Team ist sie vor allem dafür zuständig ist, die zwei- oder vierbeinigen Bewohner in ein neues Zuhause zu vermitteln. Genau das ist allerdings meist schwierig bis unmöglich.

Nur gut deshalb, dass es Menschen wie Marcus Maly-Motta gibt, die Patenschaften übernehmen, die Tiere besuchen, streicheln und Zeit mit ihnen verbringen. Mindestens 15 Euro monatlich zahlen die Paten, um das Josefa-Burger-Heim finanziell zu unterstützen. Die vier Mitarbeitenden – davon drei Frauen – brauchen das Geld, um die Tiere überhaupt versorgen zu können. Dafür sind sie, neben den Patenschaften, auch auf Spenden angewiesen. Hin und wieder kommt es vor, dass jemand eine größere Summe vererbt, aber eben nur hin und wieder.

Marcus Maly-Motta gehört zu den Paten, die mit den Tieren Zeit verbringen und das Tierheim monatlich mit einem Betrag unterstützen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Eine wichtige Rolle für den Fortbestand des Heims spielt deshalb die Basisfinanzierung durch die Städte und Gemeinden im Umkreis. Schließlich zählt es zu den kommunalen Pflichtaufgaben, Fundtiere aufzunehmen und zu versorgen. Der Unterstützungsbetrag soll grundsätzlich bei 25 Cent pro Einwohner und Jahr liegen. In der Regel stocken die Kommunen diesen Sockel jedoch auf 50 Cent pro Einwohner und Jahr auf. Wolfratshausen hatte diese Summe zwischenzeitlich allerdings auf 25 Cent reduziert und erst kürzlich wieder aufgestockt. Die Loisachstadt unterstützt das Josefa-Burger-Tierheim regelmäßig, ebenso wie Geretsried, Münsing, Icking, Egling, Eurasburg und Königsdorf. Trotzdem: Die Finanzierung des Tierheims bleibt eine Herausforderung.

Das Team im Geltinger Heim versorgt zurzeit alleine 41 Katzen

Derzeit versorgt das Team 41 Katzen, vier Hunde, zwei Gänse, zwei Ziegen, zwei Tauben. Sie alle täglich mit Futter zu versorgen, kostet viel Geld. Zusätzlich fallen Strom- und Unterhaltskosten für das Gebäude an. Wenn Tiere ärztlich versorgt oder gar operiert werden müssen, sind schnell Tausende Euro zu zahlen. Diese Rechnungen wären überhaupt nicht zu stemmen, bekäme das Heim nicht immer wieder größere Erbschaften, sagt Tierärztin Gunhild Muntau-Leitner. Im Tierschutzverein Wolfratshausen-Geretsried ist sie schon mehr als drei Jahrzehnte engagiert, gemeinsam mit dem Vorsitzenden Manfred Fleischer bildet sie als seine Stellvertreterin die Führungsspitze. Das Tierheim existiert seit dem Herbst 1994. Dafür hatte Josefa Burger aus Achmühle bei Eurasburg dem Tierschutzverein das Geld vererbt.

Das Josefa-Burger-Tierheim besteht seit 1994. (Foto: Hartmut Pöstges)

Um eine Katze zu impfen, ist die Veterinärin an diesem Januartag in der Mittagspause von ihrer Praxis in Aufkirchen (Gemeinde Berg) zum Tierheim am Rande des Geltinger Gewerbegebiets gefahren. Auf dem Gelände können die Tiere in ihren Gehegen von den Innenräumen nach draußen wechseln. Für besonders scheue Katzen gibt es die „Villa Kunterbunt“, wo die Tiere genug Abstand haben, um sich bewegen zu können. Laut Wölm bleiben viele Katzen lange im Tierheim. Sie seien oftmals nicht an neue Besitzer vermittelbar, sagt sie: „Das sind teilweise verwilderte Katzen.“ Manche setzten die Tiere auch einfach aus. In jüngster Zeit nähmen Fälle des sogenannten „Animal Hording“ zu. Dabei haben Besitzer sehr viele Tiere, sind jedoch damit überfordert, sich angemessen um sie zu kümmern. Unlängst seien etwa 35 Katzen aus einer Drei-Zimmer-Wohnung in der Region geholt worden, berichtet Wölm.

Die Vermittlung von Tieren aus dem Josefa-Burger-Heim an neue Besitzer geschieht nicht im Schnellverfahren. Das ist vielmehr längerer Prozess, weil beide Seiten sich erst besser kennenlernen müssen. Kristina Wölm achtet darauf, dass das Tier und der infrage kommende Besitzer gut zueinander passen. Zum ersten Mal ist gerade ein junges Paar da, dessen Hund am Vortag gestorben ist. Beide wollen unbedingt einen neuen und überlegen, ob sie noch zusätzlich einem älteren Hund aus dem Tierheim ein neues Zuhause geben wollen. Aber erst einmal möchten sie sich auf dem Gelände in Gelting umschauen. Sollten sie sich tatsächlich für ein neues Tier entscheiden, wird das nur der erste von mehreren Besuchen sein.

Seit mehr als drei Jahrzehnten ist Leiterin Manuela Ravara für das Tierheim tätig. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Arbeitstage beginnen für die Leiterin im Tierheim, Manuela Ravara, und ihr Team schon in aller Frühe. Denn das Säubern der Gehege und die Fütterung der Tiere verschlingt viel Zeit. Immer wieder führen Ravara und ihr Team auch Schulklassen oder Menschen mit Behinderung durch das Gelände. Vom gegenseitigen Kontakt profitieren Mensch und Tier gleichermaßen, so die Leiterin. Täglich kämen zudem Ehrenamtliche, die mit den Hunden Gassi gehen.

Manuela Ravara ist seit rund 30 Jahren für das Tierheim tätig, es ist gleichsam zu ihrer Lebensaufgabe geworden. Wenn Tiere ein neues Zuhause finden, freut sie sich. Der Besitzer kann davon auch insofern profitieren, als in Wolfratshausen ein Jahr lang, in Geretsried sogar zwei Jahre keine Hundesteuer zu zahlen sei, wenn das Tier aus dem Tierheim geholt werde. Das wüssten viel zu wenige, sagt Ravara.

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