Ausgefallenes Hobby:Der Türensammler

Ausgefallenes Hobby: Türen mit oder ohne Fassung. Johannes Bauer und seine Frau Cornelia Graßl-Bauer haben einen beachtlichen Fundus.

Türen mit oder ohne Fassung. Johannes Bauer und seine Frau Cornelia Graßl-Bauer haben einen beachtlichen Fundus.

(Foto: Manfred Neubauer)

Der Penzberger Johannes Bauer hat ein Faible für alte Türen. Er sammelt sie nicht nur, sondern verwendet sie wieder - lange bevor "Upcycling" ein Thema war.

Von Alexandra Vecchiato

Türen - sie schützen und verschließen. Sie können auch Zierde sein, sogar repräsentatives Gestaltungselement. Türen sind der Durchgang, der Privates von Öffentlichem trennt. Sie symbolisieren Alltäglichkeit und sind doch die Visitenkarte eines Gebäudes. Ob Wohnungstür, Haustür oder Drehtür: Jeder nutzt sie, ohne ihnen oft große Beachtung zu schenken. Dabei haben auch sie Geschichte. Einer, der diese Geschichte bewahren möchte, ist der Penzberger Johannes Bauer. Er sammelt historische Türen - einfach, weil sie auf ihre Weise schön sind.

Sammler, so sagen Sozialwissenschaftler und Psychologen, erfreuen sich einer größeren Lebenszufriedenheit und leiden selten an Depressionen. Aber manchmal kann die Ursache für ein Hobby viel simpler sein. Das Sammeln von Türen hatte bei Johannes Bauer zunächst recht pragmatische Gründe. Als er mit seiner Familie aus München wieder auf den elterlichen Hof zog, hatte Ehefrau Cornelia Graßl-Bauer einen Wunsch. Im Zuge der Renovierung des Bauernhofs in Nantesbuch bei Penzberg sollten wieder alte Türen eingebaut werden, eben solche, die zum historischen Gebäude passen. Der erste "Paur" kam im Jahr 1695 auf den Hof.

Johannes Bauer und Ehefrau Cornelia wollten sich dort ein Heim schaffen. Das war im Jahr 1984. Die Bauers hatten Glück und fanden die originale Haustür auf dem Speicher. Die Innenräume sollten ebenfalls mit passenden Durchgängen aufgewertet werden. "Da bin ich zu den Nachbarn gefahren", erzählt der 73- Jährige. Er klapperte die Höfe ringsum ab und wurde fündig. Im Hühnerstall zum Beispiel. Bei manchem Nachbarn hieß es dann: "Wenn, dann nimmst alle mit." Johannes Bauer ließ sich nicht zweimal bitten. Der Anfang war gemacht - zu einer Zeit, als der Begriff "Upcycling" noch nicht in aller Munde war.

Ausgefallenes Hobby: Stillleben mit Quitten: Im Obstgarten der Familie Bauer machen sich die Sammlerobjekte besonders gut.

Stillleben mit Quitten: Im Obstgarten der Familie Bauer machen sich die Sammlerobjekte besonders gut.

(Foto: Bauer/oh)

Die Türen im Lager sind fein säuberlich nummeriert und katalogisiert, wie es sich für eine ordentliche Sammlung gehört. Zu jeder gibt es eine Dokumentation, die Auskunft etwa zur Herkunft erteilt. Cornelia Graßl-Bauer, viele Jahre Vorsitzende des Ortsverbands der Grünen, ist da ganz bei ihrem Mann. Die 67-Jährige nutzt den sonnigen Herbsttag, um die Aufkleber mit den Nummern an den Türen zu erneuern. Die Bauers haben einige der schönsten Exemplare ins Freie geholt. Schließlich sollen die Schätzchen ins rechte Licht gerückt werden. Im Obstgarten wirken sie besonders fotogen. Johannes Bauer zeigt auf eine Tür, weil deren Beschläge so schön seien, wie er findet. Ein wichtiges Detail, wie auch der Schließmechanismus. "Man muss schauen, ob es ein gescheites Schloss ist", sagt er. Wobei es für ihn kein Problem darstellt, Schlösser und Beschläge auszubessern oder gar auszutauschen. Eine Kiste mit alten Schlössern hat der Kulturpreisträger und frühere zweite Bürgermeister der Stadt Penzberg zusammengetragen. Die erforderlichen handwerklichen Fähigkeiten hat er sich im Laufe der Jahre angeeignet.

Im Zisthof zieren die verschiedensten Holztüren die Räume. Manche sind bemalt, wie man es von Bauernschränken her kennt, mit Rosen und Madonna. Fromme Segenssprüche dürfen nicht fehlen. Einige sind schlicht, ohne jegliche Fassung, aber nicht minder schön. Der Fundus an 50 Türen kam auch seiner Tochter zugute. Als sie mit Mann und Kindern in ihr Elternhaus zog, wurde wieder um- und ausgebaut. Zehn Türen waren nötig. "Sie konnte einfach sagen: die, die und die." Vater Johannes arbeitete die Türen auf und baute sie ein. Denn nicht immer stimmen die Maße mit modernen Gewohnheiten und Komfort überein. "Dann muss angestückelt werden." Auch der Anschlag muss passen, also in welcher Richtung sich die Türen öffnen lassen.

Ausgefallenes Hobby: Die neoklassizistische Tür (links) stammt von einem Bauernhof in Beuerberg; die helle Tür (rechts) aus dem ehemaligen Gasthof Berggeist in Penzberg.

Die neoklassizistische Tür (links) stammt von einem Bauernhof in Beuerberg; die helle Tür (rechts) aus dem ehemaligen Gasthof Berggeist in Penzberg.

(Foto: Manfred Neubauer)

Am Schuppen lehnt eine neoklassizistische Tür, ein besonders hübsches Exemplar, zur Anschauung. Diese Haustür bekam der 73-Jährige von einem Landwirt aus Beuerberg im Nachbarlandkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Eine andere Tür leuchtet mit bunter Lüftlmalerei in den blauen Herbsthimmel. Schlicht in Creme, aber nicht weniger dekorativ, ist eine Tür mit Durchreiche. Sie stammt aus dem ehemaligen Gasthof Berggeist in Penzberg.

Schreinerarbeiten an Haus und Hof erledigt Johannes Bauer selbst. Er hat eine eigene Werkstatt. "Auf Höfen wurde immer ein Handwerk ausgeübt", erzählt er. Das Schreinern gehört zum Zisthof. Erst 16 Jahre war Johannes Bauer alt, als sein Vater starb. Zum Glück habe er einen Onkel gehabt, der ihm das Arbeiten mit Holz lehrte. Nicht ohne Stolz führt er zur Holztreppe im Haus. Das geschwungene Geländer ist aus einem Stück gefertigt. "Seit fast 60 Jahren verschönere ich den Hof." Es kommt demnach nicht von ungefähr, dass Holz auf dem Zisthof keine Mangelware ist. Muss ein Baum gefällt werden, lässt Bauer aus dem Stamm Bretter schneiden. Hellhörig wird er, wenn in der Nachbarschaft Stämme anfallen. So wie etwa ein Nußbaum, den er sich sogleich sicherte. Denn wer weiß, für welches Projekt nicht schon bald das richtige Material gebraucht wird. Als nächstes steht wieder der Bau einer Treppe an.

Ausgefallenes Hobby: Detail der originalen Haustür vom Zisthof. Die Bauers fanden sie bei der Renovierung des Hauses auf dem Speicher.

Detail der originalen Haustür vom Zisthof. Die Bauers fanden sie bei der Renovierung des Hauses auf dem Speicher.

(Foto: Manfred Neubauer)

Türen mit Geschichte - es gibt sie. Nahezu jeder kennt die Haustür der Downing Street No. 10 in London. Oder jene Tür der Reformation: An der Schlosskirche zu Wittenberg schlug Martin Luther seine Thesen an. Als Menschen vor etwa 12 000 Jahren sesshaft wurden, brauchten sie dauerhafte Behausungen, die Schutz vor Wetter und Feinden boten. Die Geburtsstunde der Tür sozusagen. Tore und Türen waren stets wichtig im Leben von Menschen. Johannes Bauer spricht gerne von "Wertigkeit", wenn er seine Sammlerobjekte präsentiert. "Ich muss mit ihnen nichts machen", meint er, " sie haben bei uns einfach einen guten Platz."

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