Zugang zu Hartz IV:Jobcenter übernimmt Ukraine-Flüchtlinge

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Das Dachauer Jobcenter ist derzeit nur per Mail und telefonisch erreichbar. (Foto: Ralf Hirschberger/dpa)

Leiter Andreas Baumann sieht seine Behörde auf der Tölzer Flinthöhe für die neue Herausforderung gerüstet. Um die 600 Bedarfsgemeinschaften gibt es derzeit im Landkreis.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Eines ist schon jetzt klar: Mehr Leute bekommt Leiter Andreas Baumann vorerst nicht, wenn das Jobcenter Bad Tölz-Wolfratshausen vom 1. Juni an grundsätzlich für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge im Landkreis zuständig ist. "Wir stemmen das mit dem vorhandenen Personal", sagt Baumann. Und auch er selbst werde dann Anträge wie ein ganz normaler Mitarbeiter entgegen nehmen. Denn in drei Wochen erhalten die Geflüchteten ihr Geld nicht mehr über das Asylbewerberleistungsgesetz und damit vom Landratsamt, sondern haben Anspruch auf Hartz IV und die damit verbundene Arbeitsförderung, was unter das Aufgabengebiet der Jobcenter fällt. Eine Herausforderung, die Baumann gelassen sieht: "Das können wir schon leisten."

Wichtig ist, dass die Flüchtlinge alle nötigen Unterlagen beisammen haben. Dazu zählt vor allem die sogenannte Fiktionsbescheinigung, also die vorläufige Aufenthaltserlaubnis. Wer lediglich eine Duldung hat, muss sich über das Asylamt erst eine solche Bescheinigung besorgen. Mitzubringen sind außerdem der Reisepass, respektive ID-Card aller Familienmitglieder, die Meldebescheinigung, sprich: Registrierung, der Wohnort-Gemeinde und der Nachweis eines Bankkontos in Deutschland. Ein Konto sei nötig, weil das Jobcenter kein Bargeld auszahlen dürfe und auch nur in Notfällen einen Barscheck ausstelle, sagt Baumann.

Ebenso wichtig ist die Mitgliedsbescheinigung bei einer gesetzlichen Krankenkasse. Die könne man auch online beantragen, sagt der Jobcenter-Chef. Viele Geflüchtete haben sich bisher bei der AOK gemeldet, weil deren Filialen nur wenige hundert Meter neben den Sammelunterkünften in den Schulturnhallen in Bad Tölz und Geretsried liegen. Und wohl auch deshalb, weil das Landratsamt seine Krankenscheine für die Flüchtlinge über die AOK abrechnet. Das Jobcenter akzeptiert indes alle gesetzlichen Krankenkassen. Wer zur Miete wohnt, muss auch einen Mietvertrag oder einen Nachweis über seine Mietzahlungen vorlegen. All diese Unterlagen sind im Original ins Jobcenter mitzubringen, wenn man dort einen persönlichen Gesprächstermin bekommen hat. Dafür wiederum muss man einen Kurzantrag stellen, der zweisprachig unter www.lra-toelz/jobcenter zu finden ist, oder sich unter Telefon 08041/7854-352 melden.

Andreas Baumann legt zum 31. Oktober auf eigenen Wunsch seine Geschäftsführertätigkeit beim Jobcenter Bad Tölz-Wolfratshausen nieder. Wer seine Nachfolge antritt, ist noch unklar. (Foto: Manfred Neubauer)

Etwa 600 Bedarfsgemeinschaften von ukrainischen Flüchtlingen gebe es im Landkreis, teilt Baumann mit. Allerdings seien circa 100 von ihnen nicht aufzufinden, weil sie vielleicht wieder in ihre Heimat zurückgekehrt oder an einen andere Ort in Deutschland gezogen seien. Manchmal befinde sich auch ihr Name nicht auf einem Briefkasten, zum Beispiel dann, wenn sie privat untergekommen sind, sagt Baumann. "Deshalb bitten wir darum, den Namen am Briefkasten anzubringen." Die Geflüchteten erhalten die Hartz IV-Regelsätze. Für eine alleinstehende Mutter wären dies beispielsweise 449 Euro für sie selbst, dazu je 311 Euro für ihre 13 und 14 Jahre alten Kinder, sowie 161 Euro Alleinerziehenden-Zuschlag. Hinzu kommt womöglich noch Wohngeld. Das Privatvermögen der Flüchtlinge spielt kaum eine Rolle. Die Gerüchte, die unter Ukrainern kursieren, sie müssten ihre Autos verkaufen, ehe sie Hartz IV bekommen, seien falsch, so Baumann. Und auch Ersparnisse in der Ukraine würden nicht herangezogen, ohnehin seien Transaktionen derzeit nicht möglich.

Mit dem Wechsel der Zuständigkeit auf die Jobcenter ändert sich für die Geflüchteten auch, dass sie dort in eine Arbeit vermittelt werden. "Wir schauen, was notwendig ist und wie man das erreichen kann", sagt Baumann. "Bei vielen dürfte am Anfang ein Sprachkurs stehen." Manchmal hätten Arbeitgeber aber auch schon Mitarbeiter, die selbst ukrainisch oder russisch sprechen, "da kann man dann auch gleich anfangen". Wie für Deutsche gelte auch für Ukrainer: "Man muss tatsächlich jeden vermittelten Job annehmen, sonst verliert man 30 Prozent des Geldes." Einen Informationsabend, der sich vor allem an ehrenamtlich Helfende richtet, bietet das Jobcenter am Montag, 16. Mai, 18 Uhr, im großen Saal des Landratsamtes an. Dort soll es um Probleme, Sorgen und Detailfragen gehen, so Baumann.

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