Arbeitsmarkt:Buhlen um Azubis

Arbeitsmarkt: In der alten Wellenbadturnhalle werben Arbeitgeber um die Auszubildenden.

In der alten Wellenbadturnhalle werben Arbeitgeber um die Auszubildenden.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Auf der Penzberger Job-und Ausbildungsmesse werben zahlreiche Unternehmen um künftige Mitarbeiter. Für Jugendliche ist die Auswahl in Zeiten des Fachkräftemangels groß.

Von Eva Brandl, Penzberg

Etwas zurückhaltend steht die Realschülerin Sophia Höck aus Penzberg am Stand der Rudolf Group, einem weltweit vertretenen Chemie-Unternehmen mit deutschem Sitz in Geretsried. Neben den großen blauen Werbe-und Infoplakaten samt Logo und der Aufschrift "Better Chemistry" sticht sofort ein dampfender Glaskolben mit pinker Flüssigkeit hervor. Denn hier gibt es Chemie live zu erleben. Mit ihrem "Zauber-Zewaversuch" gewinnen die zwei Vertreter der Firma die Aufmerksamkeit der Umstehenden, auch von Sophia. "Es sieht einfach sofort interessant aus", sagt die 13-Jährige und träufelt mit einer Pipette eine Lösung auf ein Küchenpapier. Anschließend legt sie das Versuchsobjekt in ein mit Wasser gefülltes Behältnis. Und siehe da: Die von der Lösung berührten Stellen auf dem Küchentuch bleiben komplett trocken. Die Achtklässlerin ist sichtlich beeindruckt. "Das hat mir hier bis jetzt am besten gefallen", sagt sie.

Wie viele andere Interessierte auch befindet sich Sophia auf der Job-und Ausbildungsmesse in Penzberg, welche die Agentur "Neuorientierung null-acht 12" in diesem Jahr zum achten Mal organisiert. Schüler, Eltern, Klassenverbände, aber auch jobsuchende Berufserfahrene informieren sich bei den mehr als 90 Ausstellern in der alten Wellenbadturnhalle über Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten. Die Vielfalt und Anzahl der teilnehmenden Arbeitgeber zeige, wie aktiv und attraktiv Penzberg und sein Umland seien, sagt Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) zufrieden. "Wir sind eine starke Region."

Arbeitsmarkt: Cihant Özbek (li.) und sein Vater informieren sich bei Christian Koch über das Chemie-Unternehmen Rudolf.

Cihant Özbek (li.) und sein Vater informieren sich bei Christian Koch über das Chemie-Unternehmen Rudolf.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Anlaufstellen gibt es für die potenziellen Bewerber wahrlich genug. Überall sieht man bunte Infostände mit Plakaten, unzähligen Broschüren und kleinen Firmensouvenirs. Die Unternehmen legen sich ins Zeug: Mit Kugelschreibern, Schlüsselanhängern, Schokolade und sogar mit Logo bedruckten Butterkeksen versuchen sie das Interesse der Anwesenden zu gewinnen. Schließlich ist der Azubi-Markt hart umkämpft. "Egal, wen Sie heute fragen werden: Den Fachkräftemangel merkt jedes Unternehmen", sagt Christian Koch, Business-Partner bei Rudolf. Früher hätte die Personalabteilung zwischen vielen Kandidaten wählen können. Heute sei man froh über Bewerbungen, mit denen sich Azubistellen besetzen lassen.

Dem stimmt auch Michael Bihle zu, der Leiter des Kindergartens Spatzennest in Penzberg. "In allen Penzberger Kindertageseinrichtungen wird gesucht", sagt er. "Es gibt immer mehr Kitaplätze. Nur leider fehlt es an Leuten, die die Ausbildung beenden." Aus diesem Grund finden sich neben Bihles Stand in der Halle gleich mehrere Kindertagesstätten aus Penzberg, die an der Messe teilnehmen. "Wir versuchen, ins Gespräch zu kommen, um unseren Berufsstand zu zeigen und offene Stellen zu füllen", erklärt Bihle. Auch Koch sieht die Messe als gewinnbringende Möglichkeit, die Präsenz der Rudolf Group im Landkreis "aufzupeppen", wie er sagt. Selbst bei Roche, dem größten Unternehmen in Penzberg, fällt eine geringere Anzahl an Bewerbungen auf. "Auch regionale Bekanntheit hat ihre Grenzen", sagt Andrea Bierl von der Ausbildungsabteilung des Biotech-Konzerns. "Gerade regionale Jobmessen machen deshalb für uns sehr viel Sinn und haben natürlich in Corona-Zeiten enorm gefehlt."

Das zeigt sich auch an den vielen Besuchern in der Halle. Nicht alle von ihnen haben es eilig bei der Jobsuche. "Ich bin ja noch relativ jung, deshalb will ich einfach schon mal grob schauen, wo es nach der Schule hingehen könnte ", sagt etwa die Achtklässerin Sophia. "Zum Vorsortieren", wie ihr Vater ergänzt. Danach könne sie auch in der Schule auf passende Fächer mehr Fokus legen.

Doch es gibt auch dringendere Fälle. Der arbeitssuchende Tölzer Cihant Özbek musste seinen Job bei Roche aus gesundheitlichen Gründen aufgeben, wie er erklärt. Er wolle sich über neue Möglichkeiten informieren, sagt der 29-jährige Familienvater. Schließlich will er nicht mehr auf Arbeitslosengeld angewiesen sein. Zwar sei er auf der Messe noch nicht direkt fündig geworden, sagt Özbek. Er halte Events dieser Art aber für "sehr sinnvoll": "Durch die vielen Angebote können vor allem junge Leute ihren eigenen Weg zeichnen."

Auch Esra Dogan aus Bad Tölz sieht die Messe als Gewinn. "Man lernt Firmen kennen, von denen man noch nie gehört hat", sagt die 20-Jährige. Dogan hat bereits eine Ausbildung zur Zahnarztfachangestellten abgeschlossen. Der Beruf, sagt sie, sei jedoch nicht der richtige für sie. Deshalb sei sie nun auf der Suche nach etwas Neuem, am besten in Richtung Naturwissenschaften. Sie könne sich aber auch etwas ganz anderes vorstellen. "Wieso nicht? Wenn mich hier etwas Neues besonders anspricht." Um das herauszufinden, nutzt sie die Gelegenheiten. Man sieht sie später noch bei intensiven Gesprächen an den Ständen von Chemieunternehmen, der Krankenpflegeschule und einem Autohaus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: