100 Jahre Kriegsende:Erinnerungen von der Front

100 Jahre Kriegsende: Für "Kriegserinnerungen" gab es sogar eigens produzierte Kisten wie diese aus dem Besitz von Mathias Gutmeyr.

Für "Kriegserinnerungen" gab es sogar eigens produzierte Kisten wie diese aus dem Besitz von Mathias Gutmeyr.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Eine Ausstellung im Wolfratshauser Stadtarchiv zeigt die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs im Ort - mit Briefen, Tagebüchern und zahlreichen persönlichen Gegenständen.

Von Laura Geigenberger

Vor fast genau 100 Jahren, am 18. November 1914, meldete der Isar-Loisachbote in Wolfratshausen "das erste Todesopfer unseres Marktes in der Person des Herrn Leutnants Burkard Happ." Happ, den damals gerade 21-Jahre alten Sohn eines bekannten Apothekenbesitzers, traf am 9. November eine Granate an der Westfront, als er einem Kameraden zu Hilfe eilte. Der Erste Weltkrieg endete vier Jahre später, am 11. November 1918, mit dem Waffenstillstand von Compiègne. Bis dahin aber mussten noch viele junge Männer wie Happ ihr Leben lassen.

Die Erinnerung an ihre Schicksale sind es, die das Jubiläum zum 100. Jahrestag des Kriegsendes in diesem November zu einem besonderen machen. In Wolfratshausen widmet das Stadtarchiv dem ersten großen Krieg und seinen Auswirkungen auf die Stadt eine ganze Ausstellung in seinen Räumlichkeiten. Gar von einer "Renaissance der Erinnerungen und des Gedenkens" sprach der Zweite Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD), der mit seinen Grußworten am Freitagabend die Ausstellung eröffnete. Trotzdem, fügte Stadtarchivar Simon Kalleder hinzu, seien den meisten allerdings bislang nur die Eckdaten bekannt. Nur die wenigsten wüssten, "was der Krieg aber für die Menschen vor Ort bedeutete." Genau aus diesem Grund habe er zusammen mit Annekatrin Schulz vom Heimatmuseum diese Ausstellung konzipiert: "Wir möchten einen Eindruck vermitteln, wie es damals zuging." Dabei interessiere natürlich besonders, was zu Kriegszeiten in Wolfratshausen passierte, so Kalleder. Das ließe sich allerdings schwer sagen, denn es fehlten heute sämtliche öffentliche Quellen. "Das Leben im Landkreis war offenbar wie gelähmt", sagte Kalleder. Von Kriegsbeteiligten, die aus der Stadt sowie aus den umliegenden Gemeinden stammten, gebe es hingegen einige spannende Zeitzeugnisse. Davon habe man so viele wie möglich der Öffentlichkeit zugänglich machen wollen.

Dafür hat der Archivar verschiedenste Gegenstände zusammengetragen - sowohl aus Archiv und Heimatmuseum als auch Leihgaben von Bürgern. Jeder von ihnen erzählt eine ganz eigene oft tragische Geschichte. Vom jungen Soldaten Happ zeugen beispielsweise nur noch dessen Paradeuniform samt Schulterklappen und dreier Pickelhauben, die er, laut Kalleder, wohl regelmäßig getragen habe. Neben weiteren "stummen Erinnerungsstücken" wie Eisernen Kreuzen, Fotos und persönlichen Habseligkeiten findet sich zudem das Original-Tagebuch des gebürtigen Wolfratshausers Ludwig Hierl, in welchem dieser mit ungeschönten Worten seine Erlebnisse festhielt. Ebenso berührt das Bündel an Briefen, die der Stabsarzt Otto Klein von der Front in Frankreich an seine Familie schickte. In einer Vitrine lassen messerscharfe Granatsplitter aus Verdun zumindest ansatzweise die grausamen Zustände erahnen, die in einem der verlustreichsten Kämpfe des Ersten Weltkrieges geherrscht haben mussten. Das wohl beeindruckendste Ausstellungsstück aber ist die große "Ehrenchronik der Gefallenen der Loisachstadt" aus den 1930er Jahren. In ihr sind Kriegsopfer aus Wolfratshausen auf Gedenkblättern aufgeführt, viele davon sogar mit Foto.

Anhand der Seiten der Chronik, sagte Martin Melf vom Ordnungsamt, ließe sich das Ausmaß des Krieges zumindest erahnen. Sie trage dazu bei, die Erinnerung an den Krieg lebendig zu halten. Das treffe auf die gesamte Ausstellung zu. Sie sei "ein Mahnmal, eine Verdeutlichung von Fehlern aus der Vergangenheit sowie deren Konsequenzen".

Stadtarchiv Wolfratshausen, noch bis 30. November, Montag bis Mittwoch 9 bis 12 und 14 bis 16 Uhr, donnerstags 9 bis 12 und 14 bis 18 Uhr, Wochenende: 10 bis 16 Uhr.

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