Jachenau:"Immer noch lieber als ein Atomkraftwerk"

Die Reaktionen auf die Pläne für ein riesiges Pumpspeicher-Kraftwerk am Jochberg sind noch unentschieden. Überwiegt der Nutzen oder doch der Schaden für die Natur?

Suse Bucher-Pinell

Walchensee Jochberg

In unmittelbarer Nähe des Walchensees erhebt sich der Jochberg. Auf ihm soll ein gewaltiges Pumpspeicherkraftwerk gebaut werden.

(Foto: Manfred Neubauer)

Am Tag nach dem Bekanntwerden der Pläne zu einem Pumpspeicher-Kraftwerk am Jochberg sind die Positionen von Umweltverbänden und Kommunen zu dem Mammutprojekt noch nicht zementiert. Zu überraschend kam für viele die Nachricht. Auf Details zu den Plänen der Energieallianz, einem Zusammenschluss kommunaler Energieversorger, wartet man noch, oder man braucht einfach noch Zeit zum Überlegen: "Ob das Kraftwerk ein Segen oder Fluch ist, müssen wir noch abwägen", sagt Jachenaus Bürgermeister Georg Riesch (CSU), obwohl seine Gemeinde schon vor ein paar Monaten informiert wurde. Auf Jachenauer Flur, oberhalb des Walchensees, soll das Kraftwerk mit einem mindestens zwei Millionen Kubikmeter Wasser fassenden Speicherbecken gebaut werden.

Auch der Kocheler Gemeinderat weiß schon länger davon. Der Walchensee soll schließlich das Wasser liefern. Dennoch kann Zweiter Bürgermeister Johann Resenberger (CSU) noch keine klare Position verkünden. Für ihn persönlich steht dagegen fest: "Wenn die Energiewende erfolgreich sein soll, dann ist klar, dass wir so etwas brauchen." Der Kocheler SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel kritisiert in einer Pressemitteilung die "Geheimdiplomatie gegen die eigene Bevölkerung" und fordert ein Energiekonzept für den Landkreis, das alle Projekte umfasst.

Kritisch begleiten Michael Pröttel und die Umweltorganisation "Mountain Wilderness" die Energiewende, die sie grundsätzlich befürworten. Vor nicht einmal zwei Monaten hat er den "Bock des Jahres" für die größte Umweltsünde in den Alpen an die Brauneck-Bergbahn überreicht: das Speicherbecken zum Betrieb von Schneekanonen am Garlandhang. Ob der Negativpreis für das Jochberg-Projekt angemessen wäre, darüber mag Pröttel noch nicht nachdenken. Seine Haltung ist klar: "Wir sind strikt gegen dieses riesige Pumpspeicherbecken an diesem Standort", sagt er. In der "unglaublich schönen Landschaft" am Jochberg stellt Pröttel die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Natur in Frage.

Differenziert sieht auch Martin Pfund das Projekt. Der Vorsitzende der Tölzer Sektion des Alpenvereins, hat, wie viele, erst aus der Zeitung von den Plänen erfahren. "Natürlich schreie ich nicht juhu", sagt er. Aber anders als das Brauneck-Speicherbecken verurteilt er das Projekt nicht generell: "Ein Kraftwerk am Jochberg dient der naturverträglichen Energieversorgung und ist mir immer noch lieber als ein Atomkraftwerk." An dem vom Bund Naturschutz im Landkreis angekündigten kollektiven Widerstand will sich Pfund mit der Tölzer Sektion allerdings nicht beteiligen. "Wir sind ein Bergsteiger- und Freizeitverein, wir werden uns nicht an die Kampagne dranhängen." Zum einen fehle der Sektion, die trotz langer Suche ohne Umweltreferent ist, die Fachkenntnis. Zum anderen liege der Schwerpunkt der Arbeit in naturverträglicher Freizeitgestaltung. Der Deutsche Alpenverein in München will in Abstimmung mit anderen bayerischen Naturschutzverbänden die Planungen analysieren und bewerten. "Wir beobachten sie sehr kritisch", heißt es in einer Pressemitteilung.

Die Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO) positioniert sich noch nicht. "Wir kennen keine konkreten Pläne", sagt Stefan Drexlmaier, EWO-Geschäftsstellenleiter in Penzberg. Grundsätzlich seien Pumpspeicherkraftwerke für die Energiewende von Bedeutung, gleichzeitig aber mit Umwelteingriffen verbunden: "Man muss im Einzelfall abwägen."

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