Isartaler Philharmoniker in der Loisachhalle:Ansteckende Energie

Isartaler Philharmoniker in der Loisachhalle: Geniale Kadenzen: Solist Ingolf Turban in der Loisachhalle.

Geniale Kadenzen: Solist Ingolf Turban in der Loisachhalle.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Turban glänzt mit dem Orchester in Wolfratshausen

Von Jakob Steiner, Wolfratshausen

Zum Abschluss des ersten Satzes setzt der Sologeiger noch einmal an. Hoch virtuos verarbeitet er die eben gehörten Motive - und das mehrstimmig. Das Philharmonische Orchester Isartal schaut seinem Gast bewundernd zu; manch einem Musiker tritt ein Lächeln ins Gesicht. Dann setzt das Tutti wieder ein und führt diesen überwältigenden Satz des Violinkonzerts aus der Feder von Ludwig van Beethoven zu Ende. Auf Entspannung müssen Musiker und Publikum allerdings noch warten. Nach zwei weiteren intensiven Sätzen mit einer abermals fulminanten Kadenz brechen die Begeisterungsstürme los: Lang anhaltende Ovationen mit Klatschen und Trampeln, dabei ist gerade erst die erste Hälfte des Konzerts zu Ende gegangen.

Das zweite Abo-Konzert des Konzertvereins Isartal am Samstag in der Loisachhalle war dem Andenken einer besonderen Person des Isartaler Kulturlebens gewidmet: dem ehemaligen musikalischen Leiter des Philharmonischen Orchesters Isartal Günther Weiß. Der Professor für Musikpädagogik stand dem Klangkörper von 1995 bis 2002 vor und ermöglichte diesem zahlreiche musikalische Höhepunkte, unter anderem die szenische Aufführung von Mozarts "Die Zauberflöte" oder die Konzertreise zur Partnergemeinde Iruma nach Japan. Vor zehn Jahren starb Weiß nach längerer Krankheit. Ein großes Porträt des Förderers stand am Samstagabend neben den Notenpulten und Instrumenten auf der Bühne. Christoph Adt, der heutige Dirigent des Orchesters, überreichte Weiß' Witwe vor Konzertbeginn symbolisch einen Blumenstrauß.

Ohne lange zu fackeln, gab Adt dann den ersten Einsatz. Wie ein Blitz fuhr der erste Akkord von Schuberts Ouvertüre zu "Die Zauberharfe" den Zuhörern durch Mark und Bein. Das Orchester versuchte, jeder der detaillierten Bewegungen Adts nachzukommen. Dieser organisierte akkurat mit dem Taktstock in der rechten Hand, mit der linken Hand zeigte er Artikulationen an, als hielte er selbst gerade die Hand am Griffbrett. Die Musiker schufen einen weichen, warmen Klang im Andante. Auch das kraftvolle Allegro vivace des damals 23-jährigen Komponisten gelang den rund 60 Musikern fulminant.

Anschließend war es Zeit für einen besonderen Gast in der Loisachhalle: Ingolf Turban, international renommierter Violinist und Professor an der Münchner Musikhochschule, betrat die Bühne. Sogleich erklang das Paukenmotiv von Beethovens Violinkonzert. Es breitete sich eine weite Klangfläche aus, in die die Sologeige mit durchdringendem Ton hineinfuhr. Turban steckte die anderen Musiker mit seiner Energie an und ließ sie zu ungeahnt prächtigen Klängen aufspielen. Die Kommunikation zwischen Solisten, Dirigenten und Orchester: ein Genuss für Auge und Ohr.

Turban führte den ersten Satz mit einer schlichtweg genialen Kadenz zum Ende. Träumerisch wiegend erklang der zweite Satz, der direkt in das Rondo mündete. Adt dirigierte energiegeladen, die Atemimpulse für das Thema waren unüberhörbar, ohne dass sie störten. Das Publikum belohnte die Leistung der Musiker mit großem Beifall, es holte Turban fünfmal zurück auf die Bühne. "Bei jeder Aufführung des Beethoven-Violinkonzerts ringe ich mit mir, denn eigentlich kann man nichts mehr draufsetzen", stellte der gefeierte Geiger fest. Er tat es freilich doch und schickte die Zuhörer mit einem ruhigen Stück Bach in die Pause.

In der zweiten Hälfte spielte das Orchester wieder alleine, nämlich Mozarts späte Es-Dur Sinfonie (KV 543). Zu Beginn waren einzelne Stimmgruppen zeitweise überfordert. Im Laufe der Sinfonie schaffte es Adt schließlich, mit energischer Interpretation zu überzeugen. Als großes Finale erschien im letzten Allegro ein Sechzehntel-Thema vielfältig präsentiert. Fast unbefriedigend wurde es am Schluss in den Raum gestellt, so dass es den ein oder anderen Besucher des fast ausverkauften Konzerts bestimmt noch als Ohrwurm mit nach Hause begleitet hat. Am Ende gab es minutenlangen Applaus für alle Beteiligten. Und Frau Weiß gab ihren Blumenstrauß dankbar an Christoph Adt zurück.

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