Süddeutsche Zeitung

Internationaler Frauentag in Geretsried:Die Fräulein-Zeiten sind vorbei

Lesezeit: 3 min

Zum 8. März präsentieren drei Veranstalter Kultur und Diskussion. Im "Hinterhalt" sind Karikaturen einer ägyptischen Künstlerin zu sehen, im Quartierstreff Stein wird ein Sketch von Gabriele Rüth gegeben

Von Felicitas Amler, Geretsried

Wer Zeit und Lust hat, kann den Internationalen Frauentag in Geretsried ganztägig mit Kultur und Diskussionen verbringen: Angefangen vom SPD-Stadtgespräch am Vormittag, das sich mit der Frage des "Kleinhaltens und Ausgrenzens von Frauen" befassen soll, über ein "Frauenfest" im Quartierstreff Stein mit Musik und Kabarett am späten Nachmittag bis zur Abendveranstaltung in der Kulturbühne "Hinterhalt" mit Film, Musik und Ausstellung.

Für die Steiner hat Gabriele Rüth, Autorin der Loisachtaler Bauernbühne, einen eigenen Sketch verfasst - "humorvoll", das ist der 67-jährigen ehemaligen Redaktionsmitarbeiterin der Bayerischen Staatszeitung wichtig. Das kleine Stück kreist um die Bilder, die Frauen von Männern und Männer von Frauen haben. Melanie Tobian, Monika Schwenger und Herrmann Paetzmann sind die Darsteller. Die Schablonen, die Rüth zugrundegelegt hat, beschreibt sie selbst so: "Die Männer werden etwas egoistisch und als Machos gesehen, die Frauen fühlen sich benachteiligt." Die Rahmenhandlung des etwa viertelstündigen Sketches ist eine Straßenumfrage einer Journalistin. Bevor's losgeht, wird die Geschichte des vor mehr als hundert Jahren im Zusammenhang mit dem sozialistischen Kampf ums Frauenwahlrecht erstrittenen Internationalen Frauentags rekapituliert - "der Infoblock sozusagen", erklärt Rüth.

Im wirklichen Leben sieht die Autorin es als wichtiges - und, wie sie betont, realistisches - Ziel, endlich die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern im Beruf abzuschaffen. Sie zeigt sich zuversichtlich: "Es ist ja auf gutem Weg. Es gibt ein Bewusstsein, dass es eine Ungerechtigkeit ist." Als "Zweitwichtigstes" nennt Rüth "die Einstellung der Frauen". Sie wünscht sich, dass Frauen das Selbstbewusstsein haben, dass sie gleichberechtigt sind: "Die Gleichstellung in die Köpfe zu bringen, das versuchen wir in dem Sketch."

Auch Hannelore (Hansi) Greiner und Sybille Krafft vom Historischen Verein Wolfratshausen und Assunta Tammelleo vom Kulturverein Isar-Loisach (KIL) sind der Meinung, die Frauenbewegung sei auf gutem Weg. Greiner, 83, erinnert sich fast amüsiert an ihre Anfänge als Lehrerin in Icking: Damals sei sie nur "das Fräulein" gewesen, während jeder männliche Kollege doch so viel Respekt erfuhr, mit vollem Namen als "Herr sowieso" angeredet zu werden.

Die Fräulein-Zeiten sind vorbei, vielfach aber nicht die berufliche Unterscheidung. Tammelleo berichtet, wie sie als Co-Geschäftsführerin eines kunststoffverarbeitenden Betriebs oft bei Auftraggebern gesessen habe, die dann fragten: "Und wann kommt ihr Chef?" Frauen in führender Position - dazu merkt Krafft, Vorsitzende des Historischen Vereins und promovierte Historikerin, an, der Doktor-Titel werde bei Frauen doch gern mal übersehen: "Offensichtlich ist man das gar nicht gewöhnt, dass Frauen akademisch weiterkommen."

Zum Internationalen Frauentag bieten Historischer Verein und KIL zum fünften Mal eine Gemeinschaftsveranstaltung an. Diesmal zeigen sie den Film Drei Schwestern made in Germany" von Oliver Storz. Dazu präsentiert Krafft Ausschnitte aus einem Interview, das sie einst für BR Alpha mit dem Drehbuchautor, Regisseur und Produzenten geführt hat, der bis zu seinem Tod 2011 in Egling lebte. Außerdem spielt an diesem Abend eine junge Combo aus der Region: Saxema ist ein Saxofon-Quartett aus drei Frauen und einem Mann - Nina Ullrich, Brigitte Martner, Laura Forster und Helmut Netter. Mit Sopran-, Tenor-, Bariton- und Alt-Saxofon sowie Klarinette präsentieren sie zum Internationalen Frauentag im "Hinterhalt" Musik zum Film - also aus der Nachkriegszeit. Nina Ullrich umreißt das mit "Swing, Comedian Harmonists, Tango".

Und schließlich wird im "Hinterhalt" noch eine Ausstellung eröffnet. Auf Vermittlung des österreichischen Karikaturisten Gerhard Haderer hat Tammelleo eine außergewöhnliche Schau zu bieten: Cartoons der preisgekrönten ägyptischen Karikaturistin Doaa El-Adl. "In den ausgewählten Zeichnungen rückt El-Adl Frauen und ihre Probleme in den Mittelpunkt und macht sie somit zu Heldinnen", heißt es im Pressetext. Die in Kairo lebende Künstlerin zeichne für die unabhängige Tageszeitung "Al Masry Al Youm". Sie sei bekannt für ihre kritischen Karikaturen zu politischen, religiösen und gesellschaftlichen Themen. "Doaa El-Adl spricht mutig schwierige gesellschaftliche Probleme direkt an, bricht mit Tabus und löst mit ihren Arbeiten oft heftige Diskussionen aus."

Internationaler Frauentag, 8. März, in Geretsried: SPD-Stadtgespräch , 11 Uhr, Gasthaus Isarwinkel, Richard-Wagner-Straße 14. Frauenfest im Quartierstreff Stein , 15 bis 18 Uhr, Steiner Ring 10, Ausstellung "Mütter des Grundgesetzes", Auftritte: Willi Sommerwerk, "KaRUSsell", "Heinrich Zapf&die Powerdudla", Sketch für "Frauen helfen Frauen". Filmabend im "Hinterhalt" , mit Musik und Ausstellung, 19.15 Uhr, Leitenstraße 40, Karten zu 10 Euro über info@hinterhalt.de oder Telefon 08171/238104 (AB)

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SZ vom 05.03.2020
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