Süddeutsche Zeitung

"Insect Concerto":Bedrohte Solisten in Grasgrün

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Gregor Mayrhofer kämpft auf ungewöhnliche Weise gegen das Insektensterben an

In Gregor Mayrhofer haben Grillen, Zikaden und unzählige andere zirpende, ratternde oder schwirrende Zeitgenossen einen aufmerksamen Fürsprecher gefunden. Vor genau einem Jahr brachte der gebürtige Waldramer in Berlin erstmals sein Insect Concerto auf die Bühne. Mit von der Partie: sechsfüßige Solisten in Grasgrün, die mal das Notenmaterial, mal den Taktstock inspizierten und lebhaft an der Uraufführung "ihrer" Sinfonie teilnahmen. Mittlerweile ist die Komposition nicht etwa in der Schublade verschwunden. Das Interesse an ihr wächst kontinuierlich. Innerhalb von zwölf Tagen berichten gerade drei Radiosender über das originelle Werk.

"Der Anlass ist leider weniger erfreulich", sagt Mayrhofer, der 2017 von Sir Simon Rattle als Assistenzdirigent zu den Berliner Philharmonikern geholt wurde und Dirigierstipendiat der Karajan Akademie ist. Er verweist auf die Ergebnisse, die der Weltbiodiversitätsrat vor kurzem vorgelegt hat. Demnach sind eine Million Tierarten unmittelbar vom Aussterben bedroht. "Die Zahl der Fluginsekten ging seit 1989 um 75 Prozent zurück", so Mayrhofer. Als Folge davon seien 50 bis 80 Prozent der heimischen Vögel ausgestorben.

"Trotz der schockierenden Zahlen scheint sich die Politik leider kaum zu bewegen", bilanziert er. "Soeben wurden von der Bundesregierung wieder 18 neue Herbizide zugelassen!"

Mit seinem Konzert will er nicht nur das Bewusstsein für die Vielfalt und Faszination dieser Lebewesen schärfen, die dem Menschen gemeinhin sehr fremd sind. Wer das Insect Concerto beim World Wildlife Fund (WWF) oder über iTunes kauft, unterstützt mit seinem Geld Projekte zum Insektenschutz. Mayrhofer hat aber auch eine konkrete politische Botschaft: "Bald ist Europawahl, zu der ich besonders ermuntern möchte." Jeder könne mit seiner Stimme "Einfluss nehmen, in welche Richtung sich unsere Zukunft entwickeln soll".

Am Dienstag war Gregor Mayrhofer zu Gast beim SWR 2, Treffpunkt Klassik, nachzuhören unter www.swr.de; weitere Termine: Sonntag, 19. Mai, BR-Klassik, Beginn 17.05 Uhr; Sonntag, 26. Mai, Deutschlandfunk Kultur, 15 bis 15.30 Uhr

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SZ vom 18.05.2019 / stsw
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