Infrastruktur:Digitale Verkehrsdaten

Polizei in Bad Tölz testet automatische Radaranlagen, 2016

Rentiert sich: Eine halbstationäre Blitzer-Box nutzt der Zweckverband zur Geschwindigkeitskontrolle.

(Foto: Manfred Neubauer)

Der Zweckverband "Kommunales Dienstleistungszentrum Oberland" plant ein Modellprojekt zur besseren Navigation

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Wer von Sauerlach nach Bad Tölz fährt, dem kann es passieren, dass er in Holzkirchen vom Navigationssystem von Straßen über Gassen in Gässchen gelotst wird, um eine Baustelle zu umkurven. Dabei sind die Bauarbeiter schon seit Tagen weg. Oder es wäre schneller, über die Salzburger Autobahn zu fahren. Anders als in Großstädten bekommen Autofahrer auf dem Land oftmals falsche oder unvollständige Informationen über Infrastruktur, Baustellen, Veranstaltungen, Ausweichrouten. Dieses Leck soll das Modellprojekt "Korridor A8" stopfen.

Mit Partnern aus der Wirtschaft will der Zweckverband "Kommunales Dienstleistungszentrum Oberland" (KDZ) mit Sitz in Bad Tölz die fehlenden Daten erfassen, um sie dann dem Verkehrsmanagement auf Landesebene und für Navigationssysteme privater Anbieter zur Verfügung zu stellen. "Wenn wir das nicht in die Hand nehmen, wird es so schnell nicht umgesetzt", sagte Verbandsvorsitzender Josef Janker in der Sitzung des Zweckverbands am Freitag im Landratsamt. Voraussetzung sei, dass das Projekt vom bayerischen Verkehrsministerium finanziell gefördert wird. Die Mitglieder stimmten einmütig zu und beschlossen, dass die "Mobilität der Zukunft" künftig ein satzungsrechtliche Aufgabe des KDZ ist.

Die Digitalisierung im Verkehr sei in Richtung Privatwirtschaft geschoben worden, weil man der Ansicht sei, die mache das schon, sagte Ingenieur Wolfgang Kieslich, Experte für Verkehrstechnik, Verkehrsmanagement und Stadtentwicklung. "Aber das ist nicht so." In dem Modellprojekt gehe es darum, fehlende Daten zu Verkehr und Infrastruktur am Exempel der Marktgemeinde Holzkirchen zu erfassen. Als Beispiele nannte Kieslich Verkehrszeichen und Parkplätze, Baustellen und Veranstaltungen, Umleitungsrouten oder den Umstieg auf den Nahverkehr.

Die aktualisierten Daten sollten dann an digitale Dienste für Navi-Systeme wie "HERE" und ans Verkehrsmanagement Bayern gehen, sagte er. Sollte sich nach einer Probephase zeigen, dass dies den Verkehr flüssiger macht, die Verwaltung entlastet und für den Zweckverband wirtschaftlich tragbar ist, soll das Modellprojekt auf andere Mitgliedsgemeinden des KDZ ausgedehnt werden. Zweifel äußerte der Schäftlarner Bürgermeister Matthias Ruhdorfer. Wichtig ist ihm der Zugriff auf zentrale Informationen, die man von diversen Ämtern oder der Bahn jedoch nicht erhalte. "Es gibt viele Schnittstellen, aber keiner kommt auf die Kommunen zu." Deshalb frage er sich, ob es sinnvoll sei, "eine neue Schnittstelle zu erfinden".

In seinem Kerngeschäft - der Kontrolle des ruhenden und des fließenden Verkehrs für 121 Kommunen im südlichen Oberbayern - braucht der Zweckverband zunehmend Personal. Deshalb sieht der Stellenplan im Haushalt 2019 - neben drei Beamten und einem Azubi - einen Zuwachs der Tarifbeschäftigten von 79 auf 102 vor. Gegenüber 2015 ist dies fast eine Verdoppelung. Der Grund dafür ist, dass die Zahl der Überwachungsstunden erheblich steigt - im Parkverkehr von 40 000 auf 45 000, bei der Jagd nach Temposündern von 22 000 auf 24 000. Geschäftsführer Michael Braun rechnet 2019 mit etwa 400 000 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten, dies sind 83 000 mehr als noch 2017. Allerdings tue sich der Zweckverband schwer, Personal zu finden, das den ruhenden Verkehr kontrolliert, berichtete Braun.

Finanziell steht das KDZ gut da. Der kaufmännische Leiter Benjamin Bursic sprach von einem unproblematischen Haushalt fürs nächste Jahr. Erträgen von acht Millionen Euro, die sich vor allem aus den Zahlungen der Kommunen für die Überwachung und aus Bußgeldern zusammensetzen, stehen Aufwendungen von gut 7,3 Millionen Euro gegenüber. Der größte Brocken sind dabei die Personalausgaben, die von 3,6 auf 4,6 Millionen Euro steigen. Wegen Investitionen von etwa 1,1 Millionen Euro steht unterm Strich dennoch ein Minus von 554 000 Euro. Unter anderem plant der Zweckverband, auf der Garage für seine Fahrzeuge auf der Flinthöhe eine Solaranlage zu bauen - und zuvor noch eine zweite Garage zu errichten, auch um die Fläche dafür zu vergrößern. Die Gesamtkosten betragen 520 000 Euro. Bursic muss aber keinen Kredit aufnehmen. Am Jahresende verbucht er ein Plus von voraussichtlich 900 000 Euro. Mehr als 500 000 Euro brachte die semistationäre Blitzeranlage ein - eine Box mit Überwachungstechnik, die am Straßenrand abgestellt wird. Eine zweite ist seit Oktober im Betrieb.

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