In Wolfratshausen:Busfahren wird kostenlos

Lesezeit: 3 min

Schüler und Senioren sollen den Wolfratshauser Stadtbus bald gratis nutzen können. Zudem wird die Linienführung des Stadtbusses geändert: Statt an der Haltestelle "Schießstättstraße" sollen die Linien 301 und 302 künftig an der "Margaritenstraße" einen Stopp einlegen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Schüler und Senioren sollen sich keine Tickets mehr für den Stadtbus kaufen müssen. Wer noch zur Schule geht oder älter ist als 65 Jahre, bekommt die Monatskarte künftig von der Stadt gestellt. Nach zwei Jahren will der Stadtrat überprüfen, ob sich das Modell bewährt hat

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Der Wolfratshauser Stadtbus soll für Schüler und Senioren kostenlos werden. Das hat der Stadtrat am Dienstag einstimmig beschlossen. Das Gremium befürwortete einen Antrag der Arbeitsgruppe Stadtbus, mit dem der Individualverkehr in Wolfratshausen verringert und die Buslinien 301 und 302 optimiert werden sollen. Schüler sollen künftig ganzjährig kostenlos fahren, "damit eine Alternative für die weit verbreiteten Mamataxis entsteht", heißt es in der Begründung. Ebenso sollen alle Senioren, die 65 Jahre oder älter sind, den Stadtbus kostenfrei nutzen können. "Damit unterstützen wir auch Menschen mit niedrigem Einkommen, die ohne Zusatzkosten zum Einkaufen oder zum Friedhof fahren können."

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe, Hans Schmidt (Grüne), Manfred Menke (SPD), Alfred Fraas (CSU) und Peter Ley (BVW), hatten im Vorfeld bereits zahlreiche Gespräche mit dem MVV und dem Landratsamt geführt. Menke sprach von einem "harten Ringen". Letztlich sei es der Gruppe aber gelungen, eine Lösung zu finden, die Linien 301 und 302, die seit Dezember 2016 in einem Rundkurs durchs Stadtgebiet fahren, für Schüler und Senioren kostenfrei zu machen. Wie das funktioniert, erläuterte Schmidt: Die Stadt kauft die Monatskarten für die Personengruppen. Laut MVV-Sprecherin Franziska Hartmann kosten die für Schüler 38,60 (bis 14) oder 41,40 Euro (ab 15 Jahren), für Erwachsene 55,20 Euro. Weil die Kosten dafür aber später bei der Jahresrechnung vom MVV zumindest in weiten Teilen als Einnahmen für den Stadtbus verbucht werden, verringert sich dadurch auch der sogenannte Betriebskosten-Zuschussbedarf, den die Stadt für die Linien zahlen muss.

Die Jahresrechnung erfolgt mit einer Verzögerung von etwa zwei Jahren, weil sie auf Grundlage der Fahrgastbefragung statistisch auf die jeweiligen Linien heruntergebrochen werden muss. "Die Stadt bekommt diese Auslagen zwei Jahre später wieder zurück", erklärte Schmidt. Für 2017, das erste unvollständige Betriebsjahr, habe die Stadt nach der Rechnung circa 116 000 Euro Betriebskostenzuschuss für den Stadtbus zahlen müssen - 40 000 Euro mehr als für die alte Linie. Die vom MVV genannten Jahreseinnahmen für Kinder, Jugendliche und Senioren hätten sich auf 44 000 Euro belaufen.

Laut Beschluss sollen nun alle Schüler, die in Wolfratshausen leben, zu Beginn des Schuljahres Zeitkarten bekommen. Bisher haben Kommune und Landkreis diese nur für Schüler gezahlt, die zwei (Grundschule) oder drei Kilometer (ab 5. Klasse) von der Schule entfernt wohnen. Nun sollen Kinder und Jugendliche einen Anreiz bekommen, auch im Stadtgebiet den Bus zu nutzen, statt sich von ihren Eltern fahren zu lassen. Für den Ferienmonat August stellt die Stadt zusätzlich Wochen- oder Monatskarten zur Verfügung. Senioren, die umsonst mit dem Stadtbus fahren wollen, sollen gegen Vorlage ihres Personalausweises im Bürgerbüro der Stadt eine Monatskarte erhalten. Laut Beschluss sollen diese Regelungen nach Möglichkeit bereits zum 1. September in Kraft treten. Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) soll sie nun mit dem Landkreis und dem MVV abstimmen. Die kostenfreien Tickets soll es zunächst zwei Jahre lang geben - bis die Rechnung für das erste Jahr mit dieser Regelung vorliegt. Dann soll der Stadtrat entscheiden, ob die Freifahrtscheine weitergeführt werden. Dass es bislang noch keine Zahlen für 2018 und 2019 gibt, macht die finanziellen Auswirkungen derzeit noch unscharf. Hinzu kommt, dass es keine Monatskarten gibt, die ausschließlich für den Wolfratshauser Stadtbus gelten. Wie der Fachbereichsleiter für ÖPNV im Landratsamt Matthias Schmid erklärt, könnten die Wolfratshauser Schüler und Senioren dann alle Buslinien zwischen Zone 10 und 11 nutzen, denen statistisch Ausgleichszahlungen vom MVV zufallen würden. Auf die Stadt kämen also wohl auch Mehrkosten zu. "Man hat ihnen von Anfang an gesagt, dass das keine Nullrechnung wird", sagt Schmid zu den Verhandlungen mit der Arbeitsgruppe. Die Rechnung könnte aber in großen Teilen aufgehen. Denn laut Norbert Specht, Bereichsleiter Marketing und Tarif beim MVV, soll es im kommenden Jahr nach der Tarifreform wieder eine Fahrgastbefragung geben, bei der die Nutzer der Linien im gesamten Netz neu erfasst werden. Eine höhere Nachfrage für den Wolfratshauser Stadtbus wirke sich dann positiv auf die Bilanz der Stadt aus.

Nach Stadtratsbeschluss soll zudem die Linienführung des Stadtbusses geändert werden: Die kaum genutzte Haltestelle "Schießstättstraße" soll entfallen, dafür sollen beide Linien 301 und 302 eine Haltestelle "Margaritenstraße" bekommen, um die dortigen Discounter anzufahren. Diese Änderung könnte, wenn der MVV einem Probebetrieb zustimmt, allerdings frühestens im Dezember in Kraft treten. Außerdem soll die Stadt auf eigene Kosten an jeder Haltestelle einfache und übersichtliche Fahrpläne aushängen, die Stadtrat Alfred Fraas entworfen hat - zusätzlich zu der üblichen Gesamtübersicht aller Haltestellen und Abfahrtszeiten des MVV in Miniaturschrift. Darauf sollen neben einem Streckenplan gut leserlich die Abfahrtszeiten für die jeweilige Haltestelle und daneben die Fahrtzeiten zu den anderen Stationen aufgelistet werden.

© SZ vom 11.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: