Süddeutsche Zeitung

In Penzberg:Rechte Demo am Stadtplatz

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Muezzin-Debatte lockt Islamhasser an

Von Florian Zick, Penzberg

Der Mann im gelben Brasil-Shirt ist offenbar zufällig an den Penzberger Stadtplatz gekommen. Als er dort den Auftrieb sieht, ruft er aber sofort einen Kumpel an. Diese Islam-Sache in Penzberg, die Kontroverse um die Muezzin-Rufe: "Das hat jetzt diese Typen hierher gelockt", sagt er. Diese Typen, das sind Michael Stürzenberger und sein Tross von der rechten "Bürgerbewegung Pax Europa". Nach der kürzlich von Imam Benjamin Idriz entfachten Debatte um öffentliche Gebetsrufe an der Penzberger Moschee hat der Islamhasser Stürzenberger am Freitagnachmittag mehrere Stunden lang den Penzberger Stadtplatz für eine Kundgebung belegt. Rund ein dutzend Schautafeln mit altbekannten Botschaften sind aufgebaut. "Keinen Fußbreit der Scharia in Deutschland" und Ähnliches steht darauf.

Stürzenberger ist gleich ganz in seinem Element. Die Muezzin-Debatte sei nur der Anfang, wiegelt er die paar versprengten Zuhörer auf dem Stadtplatz auf. Auch bei der SPD-Fraktion im Penzberger Rathaus gebe es schon Muslime, sagt er. Wenn das so weitergehe, habe man als Penzberger bald gar nichts mehr zu sagen. "Am Ende steht die Islamisierung eures schönen Städtchens", so Stürzenberger.

In vorderster Reihe steht eine junge Frau im gelben Parka. Sie hält tapfer ein Banner hoch, darauf ist zu lesen: "Alle Rassisten sind Arschlöcher - überall". Ein älterer Herr hat sich auf seinem Schild zu der Aussage hinreißen lassen: "Wir brauchen wieder KZs - für die Neonazis". Eine richtige Gegendemo gibt es aber nicht. "Wir wollten dem hier nicht noch zusätzlich Aufmerksamkeit geben", sagt der Grünen-Landtagsabgeordnete Andreas Krahl. Er und der Penzberger Ortsverband haben deshalb nur einen kleinen Infostand mit Ausschank angemeldet. "A Maß gegen Hass" steht auf einem Plakat. Mehr müsse man eigentlich nicht sagen, so Krahl. "Schwoam mas obi!"

Die "Bürgerbewegung Pax Europa" hat Flugblätter mit einer Unterschriftenliste gegen die Muezzin-Rufe verteilt. Der vereinzelte Applaus für Stürzenberger lässt vermuten, dass sich einige Unterzeichner finden werden. So sei das leider, sagt Krahl. Zwar funktioniere in Penzberg das Miteinander der Kulturen ausgezeichnet. Aber die AfD liege inzwischen stabil bei zehn Prozent. "Das sind nicht mehr nur noch Protestwähler."

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Quelle:
SZ vom 05.10.2020
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