Süddeutsche Zeitung

In der Loisachhalle Wolfratshausen:ZerWORfenes Spektakel

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Die Loisachtaler Bauernbühne startet beim Starkbierfest eine "Wahl ohne Grenzen". Im Mittelpunkt der heiter bis derben Szenen stehen die fünf Kandidaten, die Bürgermeister werden wollen

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Aller guten Dinge sind ja eigentlich drei. Bürgermeister Klaus Heilinglechner brauchte am Freitagabend beim Wolfratshauser Starkbieranstich nach den ersten etwas zu zaghaften Schlägen mit dem hölzernen Schlegel noch einen vierten Hieb, um das offiziell erste Fass zum Sprudeln zu bringen. Die Gäste in der ausverkauften Loisachhalle waren gleichwohl zufrieden, zumal sie in Vorfreude auf das anschließende Politiker-Derblecken schon guter Dinge waren, die Krüge mit dem tiefdunklen Gebräu längst auf den Tischen standen und die Wolfratshauser Stadtkapelle in voller Besetzung eine Stunde lang in die Hörner geblasen hatte.

Für volkstümliche Bierzelt-Stimmung sorgte obendrein noch die Oktoberfestband Bergluft. Verantwortlich für das kabarettistische Programm war einmal mehr die Loisachtaler Bauernbühne, die es angesichts des unmittelbar bevorstehenden Wachwechsels in den Rathäusern nicht schwer mit der Themenwahl hatte: "Wahl ohne Grenzen" lautete das Motto der von Wiggerl Gollwitzer umtriebig und lautstark moderierten Szenenfolge, in deren Mittelpunkt die fünf zur Wahl antretenden Bürgermeisterkandidaten in Gestalt der agierenden Mimen standen: der SPD-Bewerber Manfred Menke alias Michael Hanak, die Grüne Annette Heinloth (Melanie Toban), Richard Kugler von der "Wolfratshauser Liste" (Max Prestel), Günther Eibl, CSU, (Tom Janoschi), sowie der noch amtierende und wieder kandidierende Heilinglechner, BVW, (Christian Foitzik).

"Fit wie ein Turnschuh"

Letzterer beteuerte großspurig, nach wie vor "fit wie ein Turnschuh" zu sein und seinen Opponenten Eibl "mit Links in die Tasche zu stecken". Der wiederum beschwor überaus bescheiden seine kaum zu bändigenden "Superkräfte" und führte Heilinglechner als einen "zukünftigen Exbürgermeister" vor.

So ging es denn, unter Mithilfe zweier nicht gerade auf den Mund gefallenen "Assistentinnen" (Melissa Demmel und Daniela Ermer), mit allerlei verbalen Rempeleien und Nonsens-Dialogen flott und mitunter durchaus derb dahin. Von der Surfwelle zur umstrittenen "Lidl-Kreuzung" in Farchet und vom Mobilitätsmanager zum "Mauerbau" am Alten Krankenhaus reichte die Palette der spöttischen Frotzeleien.

Über das Thema Verkehr diskutierten die Kandidaten mit vermeintlich großem Ernst auf Bobby-Cars sitzend, Bühnen-Menke verglich die ursprünglichen Parkdeck-Pläne am Hatzplatz "mit dem Sarkophag von Tschernobyl", woraufhin sich Moderator Gollwitzer zu einem handfesten Vergleich veranlasst sah: "Des is ja fast, wie wenn a Frau am Arzt a Genehmigung für a Schönheits-OP erteilt, und am Schluss san die Brüste kloana und dafür der Arsch größer." Darüber sinnierten ihrerseits die in Glitzer-Jackets gewandeten Assistentinnen: "Uiuiui, die Frau hat dann ja auch ein Fassadenproblem, wie das Parkdeck."

WORtspiele

Amüsant war die Idee der Regisseurinnen (Monika Schwenger, Susanne Vorderwülbecke) und des Bühnenbildners Max Prestel, die Kandidaten von ihren Bobbycars herunterzuholen und stattdessen auf dem "Mitfahrerbankerl" Platz nehmen zu lassen. Dort sitzend wurden auch die ansonsten weitgehend verschonte Bühnen-Kandidatin Heinloth, vor allem aber Kugler verulkt: Mit Blick auf die ziemlich wenig originellen WOR-Wortspielerein der Bürgervereinigung BVW und der Wolfratshauser Liste ("WOR-wärts" respektive "WORthalten") fanden die Texter vom Loisachtaler-Team mindestens ebenso griffige Alternativen: Angesichts der vielen "unbeantWORteten" Fragen in der hiesigen Kommunalpolitik müsse man ernsthaft darüber nachdenken, ob die Parteienlandschaft nicht längst "zerWORfen" und die Stadträte nicht sogar etwas "verWORren" seien.

Unterbrochen wurden derlei Überlegungen mehrfach mit einem spöttischen "Running Lied": "Wer soll die denn wählen, wer hat so viel Mut, wer glaubt an die Wahlversprechen, das tut gar nicht gut." Ob das Derblecken womöglich sogar Wahlentscheidungen beeinflusst hat? Wohl eher nicht, ein tosender Schlussapplaus war den 15 Protagonisten von der Loisachtaler Bauernbühne aber sicher.

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SZ vom 02.03.2020
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