In den Sommerferien:Pendler und Ausflügler müssen umsteigen

In der Kochler Bürgerversammlung herrscht Freude über das neue Trimini. Doch Gäste müssen planen: die Bahnstrecke München-Tutzing-Penzberg-Kochel wird komplett gesperrt. Der Schienenersatzverkehr braucht dann 20 Minuten länger.

Von Klaus Schieder

Mit gut einer Stunde Verspätung kam auch Josef Niedermaier (Freie Wähler) in die Heimatbühne. Zuvor hatte der Landrat noch Hans Harrer besucht. Der Altbürgermeister von Reichersbeuern feierte am Mittwoch seinen 90. Geburtstag und meinte im Plausch mit Niedermaier, dass sich Sigi Zauner an diesem Abend wohl nicht zum Gratulieren einfinden werde. Der Altbürgermeister von Kochel, so Harrer, sei ganz sicher in der Bürgerversammlung, denn seine Gemeinde habe ja gerade "einen richtigen Lauf", so der Landrat. In der Tat saß Zauner unter den etwa 150 Zuhörern, die dem Jahresbericht von Bürgermeister Thomas Holz (CSU) folgten. Im Vordergrund stand der Jubel über die Eröffnung der neuen Therme "Trimini". Der Ärger um den unfreiwilligen Blick auf nackte Gäste im Saunabereich spielte dabei keine Rolle - aus dem Publikum kam nicht eine einzige Frage.

Jubel übers Trimini

"In den ersten beiden Wochen waren mehr als 50 000 Gäste da": Diese Zahl gab Annett Sonnenberg, Marketing-Verantwortliche der Kristall Bäder AG, bekannt. Sie erläuterte in einer 20-minütigen Präsentation noch einmal das Konzept und die diversen Angebote im Trimini. "Wenn Sie darin einen Tag verbringen, sind Sie mindestens zehn Jahre jünger", meinte sie.

Für Bürgermeister Holz ist die Eröffnung des Bades das Ende einer ebenso langen wie mühseligen Wegstrecke, die er noch einmal skizzierte. Der PPP-Vertrag, die europaweite Ausschreibung, die komplizierten Gespräche mit der Kristall Bäder AG, die Beschwerde eines Bürgers vor der Europäischen Kommission, der Streit und das Beinahe-Aus der Verhandlungen, der abermalige Anlauf mit Hilfe des ehemaligen Ministerpräsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden Günther Beckstein, schließlich das Happy End: An all dem sehe man, dass das Thema kommunales Schwimmbad "alles andere als eine einfache Materie ist", sagte Holz.

Bahnüberwachungsposten an Bahnübergang , 2014

Neben dem Trimini waren auch die Arbeiten an der Bahnstrecke Kochel-Tutzing ein Thema, das bei der Bürgerversammlung zur Sprache kam.

(Foto: Manfred Neubauer)

Für Landrat Niedermaier befindet sich Kochel berechtigerweise "auf einer Welle der Euphorie". Das neue Trimini bezeichnete er als "einen Höhepunkt und einen Meilenstein für den Tourismus in Kochel, im Landkreis, im südlichen Oberbayern, in Süddeutschland". Den Bürgermeister, den Gemeinderat und die Kristall-Bäder AG beglückwünschte er zu ihrem unternehmerischen Mut. "Das ist einfach super." Schließlich gebe es auch Betreiber im Landkreis, die glaubten, mit solch einem Bad sei kein Geld zu verdienen, und dafür Gutachten vorlegten. "Und da mag vielleicht auch was dran sein", sagte Niedermaier.

Busse statt Kochelseebahn

Pendler und andere Fahrgäste der Kochelseebahn müssen sich auf unersprießliche Zeiten einstellen: Weil die Deutsche Bahn die Strecke zwischen Kochel und Tutzing saniert, fährt heuer Sommerferien nicht ein einziger Zug. Als Ersatz verkehren sechs Wochen lang Busse, die insgesamt 20 Minuten länger unterwegs sind als die Bahn.

Ausgetauscht werden vor allem die mechanischen Stellwerke, die schon 70 Jahre alt sind. "Da muss mal was Neues her", sagte Guido Rupp, Projektleiter Signalanlagenbau bei der DB in Nürnberg. In den Bahnhöfen Kochel, Bichl und Seeshaupt werden elektronische Stellwerke eingebaut, die gesamte Strecke wird dann zentral von Weilheim aus gesteuert. Dafür müssen in den Sommerferien mit Schienenfahrzeugen ein insgesamt 35 Kilometerlanger Kabeltrog und Signalfundamente neben den Gleisen verlegt werden. Im Herbst 2018 sollen dann sämtliche Bahnübergänge an der Strecke verbreitert, Schranken und Signalanlagen erneuert werden. Insgesamt wolle man mit den Arbeiten die Pünktlichkeit der Züge verbessern, sagt Rupp.

In den Sommerferien: Etwa 150 Zuhörer kamen zur Bürgerversammlung in Kochel. Bürgermeister Thomas Holz (stehend) beantwortete die Fragen der Interessierten.

Etwa 150 Zuhörer kamen zur Bürgerversammlung in Kochel. Bürgermeister Thomas Holz (stehend) beantwortete die Fragen der Interessierten.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Für Bürgermeister Holz ist es ein Erfolg, dass nach einigem Hin und Her mit der Deutschen Bahn dabei auch die Bahnunterführung in Ried ertüchtigt wird, ohne dass die Gemeinde dafür zahlen muss. Die Durchfahrtshöhe liege künftig bei 4,50 Metern, auch mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen komme man so gut durch die Unterführung, meinte Holz.

Neuer Geh- und Radweg

450 000 Euro will die Gemeinde in den Bau eines 1,5 Kilometer langen Radwegs stecken, der von Ried nach Pessenbach führt. Damit könnten Menschen ohne Auto, Kinder und Jugendliche sicher ins Gewerbegebiet Pessenbach kommen, sagte Holz. Allerdings muss die Kommune dafür Grundstücke kaufen. Die Verhandlungen mit den Eigentümern waren dem Bürgermeister zufolge kompliziert, inzwischen sei man sich aber mit allen handelseinig. Die Notarverträge sind allerdings noch nicht unterzeichnet. "Aber ich gehe davon aus, dass hier in Oberbayern ein Wort schon noch etwas gilt", sagte Holz.

"KokiTa" wird generalsaniert

Das lang gestreckte Haus, in dem der Gemeinde-Kindergarten "KoKiTa" untergebracht ist, wurde erst vor 25 Jahren gebaut. Dennoch ist es schon so marode, dass eine Generalsanierung nötig wird: Das Dach ist porös, in den Keller drückt das Wasser, weshalb dort alle Wände feucht sind. Kochel rechnet mit Renovierungskosten von circa 2,1 Millionen Euro. Das Geld fließt in neue Wände, neue Innenverkleidungen, Brandschutz-Umbauten und den Austausch des Holzbodens gegen einen pflegeleichteren Linoleumbelag. Zudem wird die ehemalige Hausmeisterwohnung für eine zweite Krippen-Gruppe umgestaltet. Der Bedarf dafür dürfte vorhanden sein, denn die Einwohnerstatistik zeigt, dass die Altersgruppe der bis zu Fünfjährigen in Kochel wächst - 41 Geburten im Vorjahr waren ein neuer Rekord. Die Sanierungsarbeiten beginnen im August. Die gesamte "KoKiTa" wird wegen des Baulärms im September in das ehemalige Schulhaus des St. Annaheims umziehen. Die Rückkehr ist für September 2018 vorgesehen.

100 Megabit am Walchensee

Das Gewerbegebiet Pessenbach hat schon schnelles Internet, alle übrigen Ortsteile von Kochel sollen es binnen eines Jahres bekommen. Mit der Deutschen Telekom habe er am Dienstag einen Kooperationsvertrag unterschrieben, teilte Bürgermeister Holz mit. Die Kochler können nach dem Breitbandausbau mit einer Geschwindigkeit bis zu 100 Megabit pro Sekunde surfen. Und am Walchensee? Dort plante die Telekom laut Holz einen eigenwirtschaftlichen Ausbau auf maximal 50 Megabit. Die Gemeinde habe jedoch auf dem Förderverfahren und damit auf 100 Megabit bestanden, sagte der Bürgermeister.

Bürgermedaille in Gold

Es ist eine seltene Auszeichnung: Die Bürgermedaille in Gold darf in Kochel nur an höchstens fünf lebende Personen verliehen werden. Bislang gab es allerdings bloß drei Träger, wovon lediglich Altbürgermeister Sigi Zauner noch am Leben ist. Mit Franz Mayer kommt nun ein Vierter hinzu. Mehr als 50 Jahre lang war er in der Vorstandschaft des Wasserbeschaffungsverbands (WBV) Kochel, von 1994 bis zum vergangenen Jahr führt er ihn als Vorsteher. Er habe sich für sauberes Trinkwasser in Kochel engagiert und dafür eine besondere Verantwortung übernommen, sagte Holz. Zudem war er 42 Jahre lang Mitglied des Gemeinderats. Bereits 1991 erhielt er die Silberne Bürgermedaille der Gemeinde. "Wahrscheinlich gibt es nur wenige Kochler, die Franz Mayer nicht kennen."

Die Sportehrennadel erhielt die Fußballmannschaft des FC Kochelsee-Schlehdorf für ihren Aufstieg in die Kreisliga in der Saison 2014/2015. Für besondere Dienste um die kommunale Selbstverwaltung wurde Gemeinderat Eduard Pfleger mit der Urkunde des bayerischen Innenministeriums geehrt. Holz überreichte Pfleger zwei Gutscheine fürs Trimini. Das war das einzige Mal, dass das Thema Nackte in dem Bad zur Sprache kam. Ein Zuhörer rief hinten aus dem Saal: "Aber textil!"

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