Immobilien für Einheimische:Per Fördermodell zu Wohnraum

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Lenggries verabschiedet Kriterienkatalog zur Vergabe von gemeindlichen Grundstücken

Von Petra Schneider, Lenggries

Angesichts knapper Flächen und hoher Grundstückspreise wird es immer schwieriger, Wohneigentum zu erwerben. Vor allem junge Familien haben Probleme, sich auf dem freien Markt ein Baugrundstück zu kaufen. In Lenggries stehen rund 20 Bewerber auf der Warteliste, die Quadratmeterpreise liegen bei 600 bis 800 Euro. Die Gemeinde setzt deshalb auf drei Varianten: So sollen Grundstücksflächen von der Kommune angekauft und im Erbbaurecht vergeben werden, um eine langfristige Bindung zu sichern. Auch die Übertragung von Wohneigentum zwischen Alt und Jung will man fördern: Junge Familien, die ältere Eigenheimbesitzer im Alltag unterstützen, könnten im Gegenzug Vereinbarungen über die "Zukunft des Grundstücks treffen", wie Bürgermeister Werner Weindl (CSU) kürzlich im Gemeinderat sagte. Die Kommune würde hierbei als "Vermittlungsstelle" fungieren. Als dritte Möglichkeit sieht man in Lenggries Verdichtung und Aufstockung, auch bestehende Bebauungspläne könnten diesbezüglich geändert werden.

Um die Vergabe gemeindlicher Grundstücke transparent zu gestalten, wurde nun auch in Lenggries ein Kriterienkatalog erarbeitet, der vom Gemeinderat mit drei Gegenstimmen gebilligt wurde. Er entspreche den Vorschlägen des Bayerischen Gemeindetags und sei juristisch abgeklärt, sagte Bauamtsleiter Toni Bammer. Denn die früher üblichen Einheimischenmodelle zur Vergabe vergünstigten Baulands hatten zu juristischen Auseinandersetzungen geführt, weil sie gegen die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit innerhalb der EU verstießen. Nach jahrelangem Streit wurden im vorigen Jahr neue Leitlinien erlassen, die Fördermodelle europarechtlich weiterhin möglich machen. Die Ortsansässigkeit von Bewerbern darf demgemäß ein Kriterium sein, die Höchstpunktzahl ist laut EU-Vorgabe aber bereits bei einer Wohndauer von fünf Jahren erreicht - dies wurde im Kriterienkatalog der Gemeinde berücksichtigt.

Als Voraussetzung für eine Bewerbung um ein vergünstigtes Grundstück setzt Lenggries eine Einkommensobergrenze von 37 000 Euro pro Jahr für Einzelpersonen und 74 000 Euro für Paare oder Alleinerziehende fest. Für jedes unterhaltspflichtige Kind erhöht sich diese Obergrenze um 7000 Euro. Vermögenswerte werden berücksichtigt: So dürfen etwa Bargeld, Aktien, Kunstgegenstände oder auch Immobilienvermögen der Eltern zusammengerechnet den Grundstückswert nicht übersteigen. Darüber hinaus können Bewerber anhand verschiedener Kriterien Punkte sammeln, aus denen eine Rangliste gebildet wird. Punkten kann man mit Zahl und Alter der Kinder, ehrenamtlichen Tätigkeiten, oder wenn Schwerbehinderte oder Pflegebedürftige im Haushalt leben. Auch "Sondersituationen" werden berücksichtigt, etwa wenn die Wohnverhältnisse nicht zumutbar sind oder dauerhaft Eltern oder Großeltern aufgenommen werden. Für Diskussionen sorgte im Gemeinderat, dass Bewerber, die in Lenggries arbeiten, belohnt werden. Mit maximal 60 Punkten, die hierbei erreicht werden könnten, sei das ein "recht entscheidendes Kriterium", sagte Florian Forstner (FWG): Da sei jemand, der etwa in Wackersberg oder Bad Tölz arbeite, "fast draußen." Bewerber könnten mit vielen anderen Kriterien Punkte sammeln, zudem habe man sich an die Vorgaben des Gemeindetags gehalten, sagte Bammer. Die Frage von Josef Wasen-steiner (CSU), ob man das Kriterium des Hauptwohnsitzes von fünf auf zehn Jahre heraufsetzen könne, wurde verneint. Die Vorgabe komme von der EU. Nach Übergabe des Grundstücks muss innerhalb von zwei Jahren mit dem Gebäude begonnen werden, das spätestens nach fünf Jahren bezugsfertig sein muss. Bewohnt werden darf es nur von den Erwerbern selbst.

Derzeit gibt es ein gemeindliches Grundstück, bei dem das neue Fördermodell angewendet werden soll: Für ein Areal an der Enzianstraße liegt seit Jahren einen Bebauungsplan vor. Nachdem der Hochwasserschutz am Lahnergraben fertig gestellt ist, könnte das Grundstück tatsächlich bebaut werden. Der Gemeinderat stimmte zu, dieses im Erbbaurecht zu vergeben und verschiedene Bebauungsmöglichkeiten wie Geschosswohnungen oder Mehrspänner prüfen zu lassen.

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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