Im Wahlkampf:Lockerer Meinungsaustausch

Im Wahlkampf: Stimmkreis-Kandidaten und Parteien-Vertretern stellten sich Fragen zu Agrarwende, Verkehrspolitik und Freizeitdruck.

Stimmkreis-Kandidaten und Parteien-Vertretern stellten sich Fragen zu Agrarwende, Verkehrspolitik und Freizeitdruck.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Bei der Podiumsdiskussion des Bunds Naturschutz zur Landtagswahl herrscht unter den Stimmkreis-Kandidaten und Parteien-Vertretern viel Konsens. Nur die Tölzer Nordumfahrung polarisiert

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Die AfD war bei der Podiumsdiskussion in der Franzmühle am Donnerstag nicht eingeladen. Organisiert hatte sie die Kreisgruppe des Bunds Naturschutz (BN), im Mittelpunkt standen Themen wie Agrarwende, Verkehrspolitik und zunehmender Freizeitdruck. Bei der Landesdelegiertenversammlung sei mit großer Mehrheit entschieden worden, dass man die AfD bei Diskussionsveranstaltungen nicht wolle, erklärte BN-Kreisvorsitzender Friedl Krönauer auf Nachfrage. Man habe "schlechte Erfahrungen gemacht".

Acht Parteienvertreter drängten sich am Donnerstag auf der Bühne - eine Herrenrunde, denn die einzige Frau war Veronika Ahn-Tauchnitz vom Tölzer Kurier, die den Abend moderierte. Disziplin sei ob der vielen Diskutanten nötig, sagte sie zu den etwa 70 Interessierten im Publikum. Die Redezeit war auf eineinhalb Minuten begrenzt - ein strenges Regularium, das im Lauf des Abends immer mehr aufgeweicht wurde. Eine kämpferische Wahlkampfveranstaltung war der Abend ohnehin nicht, eher ein Meinungsaustausch in lockerer Atmosphäre, bei dem sich auch die Bürger lebhaft beteiligten. Für die CSU war Martin Ehrenhuber gekommen, der selbst nicht kandidiert und am Donnerstag Martin Bachhuber vertrat. Ehrenhuber ist Landesvorsitzender des CSU-Arbeitskreises Energiewende und repräsentiert den grünen Flügel seiner Partei. Auf die Frage nach dem bevorzugten Koalitionspartner der CSU antwortete er: Eine Partei, die sich für die Bereiche Klimaschutz und Energiewende einsetze. Grünen-Kandidat Hans Urban reagierte süffisant: "Schwarz-Grün finde ich gut. Wir können die CSU retten und bei 30 Prozent stabilisieren." Breiten Raum nahm das Thema Agrarwende ein, bei dem weitgehende Einigkeit herrschte, dass eine kleinteilige, ökologische Landwirtschaft das Ziel sein müsse. ÖDP-Kandidat Markus Gampl forderte eine Abkehr vom "Wachstumsdogma", das dazu führe, dass bis 2025 der Flugverkehr um 100 Prozent zunehme und 40 Prozent mehr Lastwagen unterwegs seien. FDP-Kandidat Fritz Haugg sprach sich für mehr Transparenz aus. Robert Kühn von der SPD betonte, dass die Agrarwende auf europäischer Ebene angegangen werden müsse und Lebensmittel nicht zu billig sein dürften, um eine Wegwerfmentalität nicht zu befördern. "Ökonomie und Ökologie müssen in Einklang gebracht werden", sagte Elmar Gehnen von der Linkspartei und kritisierte eine "undurchsichtige Agrarlobby". Florian Streibl (FW) verwies auf die Ausweisung von Blühstreifen in Kommunen, die auf eine Initiative seiner Partei zurückgingen. Sepp Lausch (BP) kritisierte die Entscheidung des ehemaligen CSU-Agrarministers Christian Schmidt, Glyphosat in der EU weiterhin zu erlauben. Ehrenhuber plädierte für eine "ökologische Agrarreform", um den Nahrungsmittelbedarf einer wachsenden Weltbevölkerung sicherstellen zu können. Er verwies auf kalifornische Forschungen, wonach auf ökologisch bewirtschafteten Flächen ohne Monokulturen Ertragssteigerungen von bis zu zehn Prozent möglich seien. "Wir wollen eine giftfreie Landwirtschaft der Vielfalt und keine Anbaumethoden aus Amerika", konterte Urban.

Einig war man sich, dass nicht nur die Politik, sondern vor allem die Verbraucher gefragt seien, bewusster einzukaufen und weniger wegzuwerfen. Wenig Dissens herrschte beim Thema Verkehr: Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, billige und einfachere Tarife, Ausbau der Schnellradwege, so lauteten die Vorschläge. Ein weiterer Radweg zwischen Lenggries und Tölz neben der B 13 wurde von BP, ÖDP, Grünen, FDP und Linkspartei abgelehnt, weil es bereits den Isarradweg gebe. Streibl appellierte, den Alpenbus, der für drei Jahre im Stundentakt erprobt werde, zu nutzen, damit das Modell nicht wieder eingestellt werde. Kühn verteidigte den SPD-Vorschlag für einen kostenfreien ÖPNV: Bei der Rechnung müsse man auch die Kosten des Individualverkehrs berücksichtigen.

Beim Thema Nordumfahrung in Tölz gingen die Meinungen auseinander: Streibl befürchtet, dass die Umfahrung keine Verbesserung bringt, sondern den Stau auf andere Orte verlagere, weil eine Gesamtplanung fehle. Urban kritisierte den Flächenverbrauch von 30 Hektar. Gehnen sieht den Stau auf der Flinthöhe als Möglichkeit zur "Entschleunigung". Klar für die Nordumfahrung sprach sich Kühn aus, auch Lausch und Ehrenhuber befürworteten sie mit dem Argument, man könne den Bürgern die derzeitige Situation nicht länger zumuten. Aus dem Publikum kam der Appell, die Planungen dahingehend zu überprüfen, ob nicht eine flächensparende Lösung mit einer dritten Spur von Greiling und einem kleinen Kreisel ausreichen würde.

Auch der Freizeitverkehr auf der Isar und der zunehmende Erholungsdruck in der Region war Thema. "Der Alpenraum wird momentan zu Tode geliebt", sagte Streibl. Regulierungen seien nötig, um die Touristenströme zu lenken. Nicht verbieten, aber regulieren - das befürworteten alle Kandidaten auch in Bezug auf die Isarnutzung. Eine Verordnung sei nötig, um den "Ballermann auf der Isar" einzudämmen und die Vogelpopulation zu schützen, wie Ehrenhuber sagte. Gehnen forderte eine Kontingentierung für Schlauchbootfahrer und mehr Isarranger.

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