Im Tierheim Geretsried:Amüsante Gruppentherapie

Roland Heefter

Roland Hefter ist nicht nur tiefsinnig, sondern auch Tierfreund.

(Foto: Manfred Neubauer)

Roland Hefter gibt ein Benefizkonzert

Von Viktoria Spinrad, Geretsried

Irgendwo zwischen Seitenhieben gegen die katholische Kirche, die AfD, Ronaldos Frisur und Scheidungsstreitigkeiten bellen im Hintergrund plötzlich die Hunde auf. Als würden die Tiere den Reimen und Anekdoten von Roland Hefter auf ihre tierische Art zuprosten. Der bayrische Barde steht derweil vor dem Katzengehege, Klampfe in der Hand, Sozialkritik auf der Zunge - und kämpft nicht nur gegen überbordenden Materialismus und Neid, sondern vielleicht auch gegen den Ruf der Tiere, die er sich vor seinem Benefizauftritt noch hatte zeigen lassen.

Ein Tierheim als Auftrittsort, das dürfte auch für Hundeliebhaber Hefter ein Novum sein. Doch ein Benefizkonzert für das Geretsrieder Josefa-Burger-Tierheim wollte er nicht ausschlagen. Und schlägt dort prompt ein, der derbe bayerische Liedermacher. Die Besucher schütteln sich immer wieder auf den Bänken, nicht etwa weil es gerade vom Himmel auf sie hinunterschüttet. Es wirkt eher, als würde der kritisch-verwegene Liedermacher sie wie eine Batterie aufladen - durch seinen beseelend-ironischen Blick auf das Leben.

Viele der Zuhörer des kostenlosen Benefizkonzerts wissen eben, was er meint, wenn er mit seinen Reimen und Anekdoten selbstironisch und sozialkritisch Themen wie peinliche Toiletten-Verwechslungen, dysfunktionale Körperteile im Alter und Probleme mit dem technischen Fortschritt besingt. Mal ernster, mal mit unbezahlbaren Gesichtsausdrücken normalisiert Hefter, der mit dem Anti-AfD-Song "Mia ned" im vergangenen Sommer für Aufruhr gesorgt hatte, die Tücken des Lebens mit solch einer Verve, dass seine Auftritte einer kathartischen Gruppentherapie gleichkommen.

So auch sein Solo ohne Gage vor dem Geretsrieder Katzenkäfig am Samstag. Bis zu 60 Besucher, viele von ihnen Fans, sitzen auf den Bierbänken im Eingang und erfahren regenschirmwippend so einiges: über Hefters Mutter, die sich gleich das ganze Internet zum Geburtstag gewünscht hat, über nutzloses Halbwissen und über Luxus-Güter im Grünwalder Sperrmüll.

Und es geht um die Psycho-Tricks des Menschen. Wie man sein Selbstbewusstsein in degradierenden Momenten wieder gewinnt, da hat der Mensch seine Methode: Er vergleicht sich einfach mit weniger schönen/klugen/angesehenen Leidensgenossen. Ist zwar moralisch fraglich, funktioniert aber garantiert. Das weiß auch Alltagstherapeut Hefter. Und hat dafür mit der Rutschenlandschaft in der Therme Erding ein passendes Biotop ausfindig gemacht. Mittlerweile gebe es dort so viele große dicke Kinder, "da fall' ich gar nicht auf", lässt er zum Amüsement aller wissen. Eine passende Überleitung zu seinem optimistisch-entlarvenden Werk "Schlimmer geht's immer" - man muss halt bloß schau'n, wie mies es anderen geht.

Doch der bunte Zoo des lieben Gottes hat bekanntlich nicht nur Voyeuristen, sondern auch Neider hervorgebracht. Hefter schüttelt seinen Wuschelkopf, wettert gegen Menschen, die Asylbewerbern ihr Smartphone nicht gönnen, und man lernt: "Neid ist eine der wenigen Todsünden, die keinen Spaß machen." Mehr Spaß hatte er sicherlich, als er sich auf ein Frauenklo verirrte und dort in seiner Not Radau in der Kabine machte. Auf seinem Gesicht breitet sich ein schelmisches Grinsen aus: Mit den Worten "so meine Damen, jetzt funktioniert wieder alles" manövrierte sich der Lebenskünstler sogleich wieder heraus. Seine Botschaft: "Des is' doch jedem scho' passiert, es hat sich jeder scho' blamiert".

So sei es, und als wollte Petrus ein Zeichen senden, wirft eine Böe in just diesem Moment den schützenden Regenschirm über Hefter um. Der nimmt es, wie auch sonst, gelassen und katapultiert den Schirm zusammen mit Materialismus, Ronaldos Frisur, Scheidungsstreitigkeiten, der AfD und weniger siegreichen 1860ern einfach für einen Moment an die Seite zum Katzenkäfig.

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