Süddeutsche Zeitung

Im Nachbar-Landkreis:Vier Varianten, ein Dilemma

Starnberg muss Musikschule für fünf Millionen Euro sanieren

Von Peter Haacke, Starnberg

Es war ein Schock für Schüler und Mitarbeiter der Starnberger Musikschule, als im Juli die vorläufige Schließung des Hauses erfolgte: Eklatante Brandschutzmängel sowie eine fehlende Baugenehmigung für das 120 Jahre alte Gebäude an der Mühlbergstraße führten im Sommer zu einer Sperrung des Gebäudes, wo seit 1988 musiziert wird. Zwei Monate lang blieb das ehemalige Krankenhaus und spätere Altenheim bis September geschlossen. Zwar konnten für 60 000 Euro kurzfristig die gravierendsten Mängel beseitigt werden, und auch das Landratsamt spielte mit, indem es eine auf zwei Jahre befristete Nutzungserlaubnis in Aussicht stellte.

Doch das komplette zweite Obergeschoss im Westflügel, die Kapelle und weitere Räume sind weiterhin nicht nutzbar. Hinzu kommen bereits bekannte Mängel wie ein undichtes Dach, hoffnungslos veraltete Haustechnik, mangelnde Barrierefreiheit und fehlender Brandschutz. Mittelfristig soll nun eine Lösung für die Musikschule gefunden werden, die aber kostet mindestens fünf Millionen Euro.

Stadtbaumeister Stephan Weinl informierte den Bauausschuss vor Kurzem über den aktuellen Sachstand. Aus Sicht der Bauverwaltung gibt es derzeit vier mögliche Alternativen: Die Musikschule wird - wie bisher geplant - für insgesamt rund sechs Millionen Euro inklusive Außenanlagen umfassend saniert; der Freistaat wäre mit 960 000 Euro dabei. Zweite Variante wäre der Neubau der Musikschule an einem anderen Standort durch einen Investor; die jährlichen Mietkosten würden mindestens eine halbe Million Euro betragen; auf 20 Jahre gerechnet ergäben sich rund elf Millionen Euro. Dritte Möglichkeit wäre eine Sanierung des Hauses, bei der aber nur das Allernotwendigste gemacht wird. Die Kosten hierfür würden 4,45 Millionen Euro betragen, allerdings ohne Zuschuss vom Freistaat. Hinzu käme die Sanierung der Außenanlagen für 750 000. Vierte Variante: Volkshochschule und Musikschule ziehen gemeinsam in einen angemieteten Neubau mit 4000 Quadratmeter Nutzfläche. Bei einem theoretischen Mietpreis von 18 Euro pro Quadratmeter betrügen die jährlichen Kosten rund 860 000 Euro, hochgerechnet auf 20 Jahre wären dies - inklusive Mietpreissteigerungen - rund 16 Millionen Euro.

Allen Varianten gemeinsam ist, dass die Musikschule als Interimslösung in Containeranlagen ausgelagert werden müsste. Möglicher Standort wäre ein Areal an der Ludwigstraße. Allein die Aufstellung der Container wird wohl 400 000 Euro kosten. Hinzu käme eine Jahresmiete in Höhe von 150 000 Euro sowie 50 000 Euro Nebenkosten. Die Option, die Musikschule zu verkaufen, blieb in der Debatte vorerst unberücksichtigt. Angesichts dieser Summen herrschte im Gremium eine gewisse Ratlosigkeit. Franz Sengl (Grüne) argwöhnte mit Blick auf die leeren städtischen Kassen: "Fünf Millionen Euro - wo sollen wir die herbekommen?" Marc Fiedler (FDP) befürchtete ein Millionengrab und konstatierte: "Es geht nicht, wir können es uns nicht leisten." Christiane Falk (SPD) verlangte ein Raumkonzept für Musikschule und VHS, Otto Gaßner (UWG) beantragte Gespräche mit den Nachbargemeinden, aus denen Musikschüler nach Starnberg kommen, über eine Kostenbeteiligung. Das Thema geht nun in die Fraktionen, ehe die Haushaltsberatungen mit verlässlichen Zahlen beginnen.

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Quelle:
SZ vom 26.10.2020
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