Landkreis:Wohnen wird bis zu 50 Prozent teurer

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So stark sind die Preise für Grundstücke mancherorts seit 2014 geklettert. In Wolfratshausen kosten 100-Quadratmeter-Wohnungen mehr als eine halbe Million Euro.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wer in Wimpasing ein Grundstück am Ufer des Starnberger Sees sein Eigen nennt, hat ausgesorgt. Sofern er es verkauft. 3000 Euro pro Quadratmeter sind dort keine Seltenheit, sagt Immobilienwirt Peter Schneider. Allein ein Grundstück mit 1000 Quadratmetern würde also drei Millionen Euro kosten.

Schneider ist zugleich Sachverständiger im Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, der die neuen Bodenrichtwerte bekanntgegeben hat. Im zweijährigen Turnus ermittelt der Ausschuss, ein selbständiges Gremium von Fachleuten, wie viel Grundstücke, Häuser und Wohnungen im Landkreis kosten. Als Bemessungsgrundlage zieht er dafür unter anderem erzielte Verkaufspreise heran. Die neuesten Daten wurden zum Stichtag Ende Dezember 2016 ermittelt.

Die Bodenrichtwerte sind "die durchschnittlichen Wertangaben des Bodens für einen bestimmten Entwicklungszustand" - also Bauland für Wohnen und Gewerbe oder Flächen für Land- und Forstwirtschaft. Kommunen werden in verschiedene Zonen eingeteilt. Allein in Bad Tölz sind es zum Beispiel 25 Bereiche. Mit dem Bodenrichtwerten haben Käufer, aber auch Verkäufer eine gewisse "Markttransparenz". Und dennoch würden zum Teil Fantasiepreise verlangt, dass er nur staunen könne, sagte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) bei der Vorstellung der Bodenrichtwerte im Landratsamt. Wichtig sind sie etwa auch fürs Finanzamt zur Bewertung und Festlegung von Erbschafts- oder Schenkungssteuer.

Wie Schneider sagte, seien alle Bautätigkeiten, die im laufenden Jahr in Planung gehen oder bereits begonnen wurden, noch nicht in den neuen Bodenrichtwerten berücksichtigt. In manchen Kommunen wie Geretsried dürfte etwa die Bautätigkeit auf dem Karl-Lederer-Platz oder auf dem Lorenz-Areal die Preise nach oben korrigieren.

Seit dem Jahr 2009 steigen die Quadratmeterpreise. Dass diese Entwicklung endlos weitergehen wird, bezweifelt Schneider, der allerdings nicht von einer Immobilienblase sprechen mag. "Ich denke nur, dass der Markt zur Ruhe kommen wird." Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen liegt auf einer Stufe mit Garmisch-Partenkirchen und Rosenheim bei den Bodenrichtwerten, so Geschäftsstellenleiter Bernhard Mayer, zuständig für den Landkreis Miesbach. Die Preise in Bad Tölz beim Wohnen könne man mit Weilheim oder Garmisch vergleichen.

Die "extremste Steigerung" verzeichnet der Gutachterausschuss im Vergleich zur Erhebung vor zwei Jahren in den drei Städten Bad Tölz, Geretsried und Wolfratshausen - und zwar in manchen Stadtteilen um 50 Prozent. Bei den kleineren Gemeinden haben Dietramszell und Egling (beide 35 Prozent) sowie Eurasburg, Lenggries, Icking und Münsing (alle 36 Prozent) bei den Bodenrichtwerten zugelegt. Auch die Preise für Doppelhaushälften haben im Landkreis angezogen: Zahlte man 2013 im Durchschnitt 422 000 Euro für ein altes und 501 000 Euro für ein neues Doppelhaus, so waren es im vergangenen Jahr 560 000 Euro für ein bestehendes Doppelhaus und 634 000 Euro für ein neues. "Wobei man über diese Preise in Icking wohl lachen würde", sagt Schneider. Über diese Kommunen hat der Gutachterausschuss detaillierter berichtet:

Münsing

Die Gemeinde ist etwas Besonderes im Landkreis, weil sie Ortsteile wie Wimpasing, Ammerland oder Ambach am Starnberger See umfasst. Während der Gutachterausschuss im Ortsbereich mit 600 bis 650 Euro pro Quadratmeter rechnet, sind es in den Ufergemeinden bis zu 3000 Euro pro Quadratmeter. Bei den Grundstücken müsse man unterscheiden, sagt Schneider, ob sie über einen direkten Seezugang verfügten oder in der zweiten Reihe lägen. "Und selbst dort macht es einen Unterschied, ob es einen gesicherten Zugang zum See gibt oder nicht. All das bestimmt den Preis." Viele Stunden hätten solche Fragen den Ausschuss beschäftigt, weil der Wert eines Grundstücks gerade in diesen Lagen von Interesse ist. "Besonders, wenn es um das Zahlen der Erbschaftssteuer geht." Schneider ist sich sicher, dass es Areale gibt, bei denen weit mehr als 3000 Euro für den Quadratmeter erzielt werden könnten. Die Preissteigerung um 36 Prozent zwischen 2014 und 2016 liegt an der Spitze der Gemeinden im Landkreis.

Icking

Gleichauf an der Spitze der Teuerung liegt Icking, das unter den Gemeinden zudem den höchsten Bodenrichtwert ausweist. Er liegt im Ortsbereich bei 900 Euro pro Quadratmeter. "Es gibt in manchen Lagen bestimmt höhere", betont Schneider.

Jachenau

In dem idyllischen Hochtal mit gut 840 Einwohnern hat der Gutachterausschuss den niedrigsten Bodenrichtwert im Ortsbereich ermittelt. Er liegt bei 300 Euro pro Quadratmeter. Das ist der Tatsache geschuldet, dass im Ort Jachenau wenige Grundstücke ihren Besitzer wechseln. Wobei sich Peter Schneider sicher ist, im Dorf sei "nichts für 300 Euro zu kriegen". Seit der letzten Erhebung Ende 2014 stieg der Wert um 25 Prozent.

Bad Tölz

Die Kurstadt hat den höchsten Bodenrichtwert unter den Städten. Allerdings beschränkt auf das Zentrum, das hauptsächlich die Marktstraße umfasst. 1200 Euro pro Quadratmeter zahlt man hier fürs Wohnen. Wobei auch andere Stadtteile kräftig angezogen haben. "Premiumlagen" nennt das Schneider, wie etwa den Rehgraben, die Auenstraße oder die Straße Am Schuss, wo die Bodenrichtwerte um 50 Prozent angestiegen sind. Im Badeteil sind es 41 Prozent. Schneider spricht davon, dass die noch offenen Bauvorhaben im Kurviertel eine Steigerung von bis zu 50 Prozent bringen könnten. Bei Wohnungen liegen die Preise im Mittel für den Quadratmeter Wohnfläche bei gut 3000 Euro im Bestand und bei 4640 Euro für Neubauten. Im Jahr 2013 waren es noch etwa 2500 Euro im Bestand und knapp 3750 Euro für neue Wohnungen.

Geretsried

In der größten Stadt des Landkreises ist der Norden teurer als der Süden. Gartenberg sei sehr beliebt, sagt Schneider. Der durchschnittliche Richtwert liegt bei 850 Euro je Quadratmeter. Für alte Wohnungen kommt der Mittelpreis pro Quadratmeter Wohnfläche auf knapp 3000 Euro. Gehörig springt dieser Wert in die Höhe bei Neubauten. Der Gutachterausschuss verzeichnet einen Mittelpreis von 4282 Euro. In bestimmten Lagen seien auch 4500 bei neuen Wohnungen drin, sagt Schneider. Für alte Wohnungen muss man mit 3000 Euro rechnen.

Wolfratshausen

Erstmals über 1000 Euro pro Quadratmeter für Bauland seien in der Stadt am Loisachbogen erzielt worden. Auch Richtung Gartenstraße verzeichne man deutliche Zuwächse, sagt Schneider. Südlich vom Zentrum liegen der Anstieg bei 46 Prozent, in Weidach und Nantwein bei 44 Prozent und im Farchet sogar bei 50 Prozent. Kräftig zogen die Preise für Wohnungen in der Loisachstadt an. Zahlte man 2013 für den Quadratmeter etwa 2650 Euro für bestehende Wohnungen und 3870 Euro für neue, waren es 2016 etwa 3500 Euro im Bestand und 5260 Euro im Neubau - erstmals mehr als 5000 Euro. Eine durchschnittliche Wohnung mit 100 Quadratmetern kostet demnach 526 000 Euro.

Die Bodenrichtwerte liegen im Landratsamt, Zimmer 2.174, kostenlos aus. Wer sie schriftlich möchte, erhält sie bei der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses im Landratsamt für 25 Euro.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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