Im Landkreis:Was lokale Politiker dazuverdienen

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Den Landtag beschäftigt derzeit die Corona-Affäre um den ehemaligen Staatsminister Alfred Sauter. (Foto: Florian Peljak)

Die CSU-Mandatsträger Alexander Radwan und Martin Bachhuber distanzieren sich in der Corona-Affäre von Alfred Sauter, indem sie ihre Nebeneinkünfte offenlegen. In anderen Parteien gehört das schon zum Standard

Von Florian Zick, Bad Tölz-Wolfratshausen

Nach dem Ausweiten der Corona-Affäre um den ehemaligen Staatsminister Alfred Sauter sind die CSU-Mandatsträger aus der Region bemüht, sich von derartigen Geschäften zu distanzieren. Der Landtagsabgeordnete Sauter soll nicht nur bei einem Maskendeal abkassiert haben, er soll auch bei der Zulassung von Corona-Schnelltests Mandat und Geschäft miteinander verquickt haben. Der Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan, der am Tegernsee lebt, hat über die Ostertage deshalb von sich aus alle seine Nebeneinkünfte offengelegt.

Alexander Radwan. (Foto: Stephan Münnich/oh)

Er sei in den vergangenen Tagen von vielen Bürgern auf die Affäre angesprochen worden, sagt Radwan. Er wolle deshalb seinen Beitrag zur angestoßenen Transparenz-Offensive leisten. Man müsse durch "proaktive Kommunikation" das Vertrauen in die Politik wieder stärken. Radwan ist wie Sauter im eigentlichen Beruf Rechtsanwalt. Der 56-Jährige arbeitet für die Münchner Kanzlei von Christian Waigel, einem Sohn des früheren Bundesfinanzministers Theo Waigel. Radwan ist dort als sogenannter "Of Counsel" tätig, er berät also nur zu bestimmten Themenfeldern. In Radwans Fall sind das insbesondere europarechtliche Fragen. "Interessenskonflikte entstehen somit nicht", findet Radwan. Ganz aus der Kanzlei ausscheiden möchte er aber nicht, um bei einem möglichen Ende seiner politischen Karriere noch ein berufliches Standbein zu haben.

Für seine Tätigkeit bekommt Radwan nach eigenen Angaben von der Kanzlei jeden Monat 1500 Euro plus Umsatzsteuer. Als Mitglied des Beirates für sparkassenpolitische Grundsatzfragen beim Sparkassenverband Bayern erhalte er zudem jedes Jahr bis zu 3700 Euro. Dazu kämen Sitzungsgelder, so Radwan, die er als Mitglied des Miesbacher Kreistags bekommt - je 100 Euro Aufwandsentschädigung für Sitzungen der CSU-Fraktion oder des Plenums. Zudem habe die Bankenaufsicht Bafin ihn als Vertrauensmann bei der Bayerischen Landesbausparkasse bestellt. In dieser Rolle habe er vergangenes Jahr inklusive Umsatzsteuer 7945,16 Euro verdient.

CSU-Kreisrat Martin Bachhuber beantragte, pauschal 15 neue Stellen zu schaffen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auch Martin Bachhuber (CSU), Landtagsabgeordneter aus Bad Heilbrunn, hat Nebeneinkünfte. Als Fraktionssprecher im Tölzer Kreistag bekomme er monatlich 180 Euro plus 70 Euro je Sitzung, sagt er. Dazu komme eine Aufwandsentschädigung von monatlich 585,61 Euro als Verwaltungsrat der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen. Andere Einkünfte habe er nicht. "Wer ein politisches Mandat ausübt, sollte nicht den Eindruck erwecken, als sei die Arbeit im Parlament nicht mehr als ein Nebenjob", sagt Bachhuber. Man sollte sich dann schon auf seine Aufgabe als Politiker konzentrieren. Und sollten Abgeordnete Nebeneinkünfte haben, dann sollten sie freiwillig ihre Bezüge offenlegen, findet er. Nur so lasse sich "verloren gegangenes Vertrauen in der Bevölkerung wieder erlangen".

Der Geretsrieder Bundestagsabgeordnete Andreas Wagner (Linke) sieht das ähnlich. "Mir braucht niemand zu erzählen, dass Bundestagsabgeordnete noch Zeit für Nebentätigkeiten haben", sagt er. Die Zeit reiche auch so schon nicht aus, um sich mit all den Themen zu befassen, über die man als Abgeordneter zu entscheiden habe. Wagner ist deshalb für ein Verbot von bezahlten Nebentätigkeiten. Und wie Sauter als Mandatsträger Geschäfte mit der Pandemie zu machen, das gehe natürlich gleich zweimal nicht, so der 48-Jährige. Wagner sagt, er habe keine Nebeneinkünfte. "Ich habe stattdessen gleich zu Beginn der Pandemie im März vergangenes Jahr 1000 Euro an den Corona-Nothilfefonds des Deutschen Roten Kreuzes gespendet."

Der Landtagsabgeordnete Hans Urban (Grüne) glaubt auch, dass es in der Politik mehr Transparenz bedarf. Seine Fraktion habe dazu erst kürzlich wieder drei Gesetzentwürfe vorgelegt, sagt er. Die CSU könne nun guten Willen zeigen, indem sie diesen zustimme. Seine eigenen Nebeneinkünfte habe er gemäß den Richtlinien seiner Fraktion schon länger auf seiner Webseite veröffentlicht. Das seien Aufwandsentschädigungen als Eurasburger Gemeinderat und als Mitglied im Tölzer Kreistag - 20 bis 70 Euro je Sitzung. Dieses Geld spende er aber komplett an den Grünen-Kreisverband. Darüber hinaus betreibt Urban in Oberherrnhausen zusammen mit seiner Frau einen Öko-Bauernhof. "Die hierfür anfallenden Einnahmen werden jährlich form- und fristgerecht gegenüber der Landtagspräsidentin angezeigt", so Urban.

Einen Bauernhof hat Urbans Landtagskollege Florian Streibl (Freie Wähler) nicht. Seine Nebeneinkünfte seien "herzlich gering", sagt Streibl. Er hat früher ein paar Bücher geschrieben, da verkauft sich ab und zu noch eines. Im Jahr kämen dadurch aber sicher weniger als 1000 Euro rein, sagt Streibl. Dazu erhalte er Sitzungsgeld als Garmischer Kreisrat. Und dann hätten tatsächlich auch ihn per E-Mail ein paar Anfragen von Herstellern von Schutzmasken oder Schnelltests erreicht, erzählt Streibl, der ebenfalls Anwalt ist. Streibl hat allerdings nach eigener Schilderung anders reagiert als der CSU-Abgeordnete Alfred Sauter: Ein Klick - und schon war die Mail ans Ministerium zur fachlichen Prüfung weitergeleitet. "Was dann daraus geworden ist, weiß ich nicht", sagt Streibl.

© SZ vom 08.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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