Im Kurssaal:Feurige Rhythmen in frostiger Nacht

Im Kurssaal: Das Stück brachten Ricardo Volkert und sein Ensemble auf die Bühne im Kursaal von Bad Heilbrunn.

Das Stück brachten Ricardo Volkert und sein Ensemble auf die Bühne im Kursaal von Bad Heilbrunn.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Ricardo Volkert und sein Ensemble feiern in Bad Heilbrunn Advent im Zeichen des Flamenco

Von Arnold Zimprich, Bad Heilbrunn

Auf der Bühne des Bad Heilbrunner Kursaals steht nichts als ein paar Stühle und ein Cajon, diese ursprünglich peruanische Kistentrommel, die wie eine schlichte Holzkiste aussieht, aber klingt wie ein Schlagzeug, wenn der richtige Percussionist sie mit seinen Händen bearbeitet. Vor schwarzem Vorhang hängt ein feurig rotes Flamencotuch, auf einem Tischchen steht eine Flasche Sandeman. Die Szene ist bereitet für Ricardo Volkert und sein Ensemble.

Eine Triangel ertönt, Flamencotänzerin La Picorina - die "Schelmische" - betritt die Bühne, schließlich hebt der Meister mit seiner spanischen Gitarre an, und die andalusische Weihnachtsreise beginnt: "mit allen Sinnen, aber nicht zu besinnlich", wie Volkert dem Publikum erklärt. In der bayerischen Flamenco-Szene ist er wahrlich kein Unbekannter. Volkert spielte er bereits in zahlreichen Formationen. Und so ist der Bad Heilbrunner Kursaal am Samstagabend auch angenehm gefüllt.

Bei "Ande, ande, ande Marimorena" ist der Duende, der Geist des Flamenco, längst auf das Publikum übergesprungen. Die Gesangs- und Tanzeinlagen von La Picorina, wie Heike Kluska von einem spanischen Flamencolehrer genannt wurde, sowie von Olivia Muriel Roche entführen das Publikum in die Welt der villancicos. Textzeilen, in denen es um die von einer Maus angeknabberten Socken Josefs geht, beweisen, dass es in andalusischen Weihnachtsliedern mitunter derb und scherzhaft zugeht. "Nicht alles, was wir heute vortragen, steht auch im Neuen Testament", sagt Volkert augenzwinkernd.

Das Farb- und Klangspiel des Ensembles betört Gehör und Auge gleichermaßen, mit feurigen Zwischenrufen, den Jaleos, feuern sich die Tänzerinnnen gegenseitig an, die Zapateados, die Stepptanzeinlagen, werden immer komplexer, länger und von den Zuschauern mit begeistertem Zwischenapplaus goutiert.

"Maria, wir schaffen das" - diese Worte legt Volkert Josef den Sängerinnen in den Mund. Schließlich ist auch die Weihnachtsgeschichte die Geschichte von Flüchtenden. Die Köpfe beginnen sich im Takt von "Carita Divina" und "Camino de Galilea", dem Weg nach Galiläa, zu wiegen, der Abend ist im Nu ein Genuss geworden, das Ensemble hat das Publikum mit seinen feurigen Rhytmen verzaubert - und das alles im beschaulichen "Fuente Sano", wie Ricardo Volkert Bad Heilbrunn auf Spanisch nennt.

Mit seiner rauen, ruhigen Stimme und einem oberbayerisch rollenden R entführt Volkert das Publikum mit eingestreuten Geschichten und Sagen in die Bergwelt Andalusiens, auf das Meer vor Almeria und immer wieder in den Stall nach Bethlehem, wo el Niño in der Wiege liegt und von den reyes magos, den Zauberkönigen, wie die Heiligen Drei Könige in Spanien genannt werden, mit Gaben bedacht wird. Zwischendurch streut Volkert gar einen Exkurs aus "El romancero gitano", der Gedichtesammlung Federico García Lorcas, ein.

Volkert bedient sich der ganzen Bandbreite andalusischer Weihnachtsmusik, in die Rolle der traditionell in der Morgendämmerung singenden Campaneros schlüpfend stimmt das Ensemble religiöse Gesänge an. La Picorina und Olivia Muriel Roche fesseln mit ihrem Tanz die Blicke des Publikums, stolz, autark, Raum einnehmend. Das dumpfe Aufschlagen der Flamencoschuhe dominiert den Kursaal, lässt den Boden erzittern und die Kraft der Musik spüren.

Jost-H. Hecker stellt dazu immer wieder seine Virtuosität am Violoncello unter Beweis. Der Musiker hat Erfahrung, schließlich tourte er mehr als zwei Jahrzehnte lang mit dem Münchner Modern String Quartet durch die Welt und arbeitete mit Musikern wie Joan Baez, Mercedes Sosa, Konstantin Wecker, Charlie Mariano und Klaus Doldinger zusammen. Günther Dollrieß, ein "Münchner Flamenco-Urgestein", wie Volkert ihn nennt, überzeugt dazu an Gitarre und Mundharmonika.

Nicht wenige der begeisterten Zuhörer würden sich nun im Kursaal Platz zum Tanzen wünschen. Nach "Los peces en el rio", einem der populärsten spanischen Weihnachtslieder, gibt es stehende Ovationen. Volkert, Roche, Kluska, Hecker und Dollrieß entlassen das beglückte Publikum schließlich mit dem Weihnachtsklassiker "Feliz Navidad" in die eher eisige als feurige Bad Heilbrunner Nacht. Die Noche Buena, die Heilige Nacht, sie kann kommen.

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