Im Kramerwirt:Einmal Glasnudeln Nummer 17, bitte!

Michael Altinger & Alexander Liegl

"I weiß ned, ob ihr gemerkt habt's, dass mia da warn. Aber mia san jetzt weg": Michael Altinger zeigt Bein, Alex Liegl schaut weg.

(Foto: Manfred Neubauer)

Köstlich sinnfreies Kabarett mit den "platzenden Hirschen" Michael Altinger und Alex Liegl. Das kongeniale Duo muss - vollständig bekleidet - drei Zugaben liefern

Von Petra Schneider, Lenggries

Einen dermaßen besinn-freien ersten Advent erlebt man selten: Schon der Titel des Programms von Michael Altinger und Alex Liegl ist wenig vorweihnachtlich: "Platzende Hirsche - Halali! Die besten Nummern der letzten Jagdausflüge". Der Kramerwirt ist gut voll am Sonntagabend, Altinger und Liegl kündigen einen "bunten Reigen der ungezügelten Heiterkeit" an. Zu viel versprochen ist das nicht: Denn selten hat man so gelacht wie bei diesen beiden Kindsköpfen und ihrem köstlichen Schmarrn. Selbstironisch, respektlos, dadaistisch, gekonnt gespielt, gesungen, getanzt, gedichtet und rezitiert - ohne viel Sinn, aber mit Verstand.

Shakespeare, griechische Mythologie und Märchen, Peter Maffay, kurzlebige Hühner und gelbe Schafe kommen vor in dieser wilden Jagd, die nicht nur mit Tempo, sondern auch mit Gefühl punktet. Auch wenn das nicht immer gleich glückt, weil dem Michi ums Verrecken nicht mehr einfällt, wie er das authentisch auf der Bühne präsentieren soll. "Alex, was sag i da immer an der Stelle?" Ein Blick ins Drehbuch genügt: "Es gibt Dinge, die sollte man nicht hinauszögern, denn wir haben nur ein Leben. Sha la la la!"

Gekonnt nehmen die beiden Phrasen und Klischees auf die Schippe und ironisieren auch die eigene Profession: "Geh jetzt da raus auf die Bühne, denk nur an des Geld und sei einfach natürlich."

Liegl und Altinger arbeiten seit mehr als 20 Jahren zusammen, im Jahr 2007 haben die platzenden Hirsche den Deutschen Kabarettpreis gewonnen. Liegl ist in der Region auch als Hausautor der Tölzer Lust-Theatergruppe bekannt, Altinger moderiert seit fünf Jahren zusammen mit Christian Springer die BR-Sendung "Schlachthof". In ihrem gemeinsamen Programm unter der Regie von Gabi Rothmüller sind die Rollen klar verteilt: Alex, "der wohlriechende Typ, der zuhören kann", total überaltert zwar, wie Altinger anmerkt, aber mit Hang zum Drama und zur großen Geste, der das Publikum mit avantgardistischen Tanzeinlagen beglückt. Michi, der Sensible an der Gitarre, den die Dunkelheit auf der Bühne verunsichert, ein Rocker und Alpha-Männchen gleichwohl. Sein Tattoo an der Leiste zeigt ein chinesisches Schriftzeichen. Dessen Bedeutung: Erst wenn ihr die Glasnudeln Nummer 17 bestellt habt, werdet ihr merken, dass man mit einem Stäbchen nicht essen kann.

Die beiden streiten und vertragen sich, ein kongeniales Duo, das dem Publikum mit unbändiger Spielfreude gut zwei Stunden lang Dauerlachsalven abverlangt. Nichts ist unmöglich in ihrem aberwitzigen Kosmos: Zwei Seelen im Wartestand zur Wiedergeburt, die nicht ganz zur Zufriedenheit der beiden ausgeht - wobei, es hätte noch schlimmer kommen können: "SPD-Kreisvorsitzender zum Beispiel". Die Krimilesung mit dem raubeinigen Inspektor Dellano, die ebenfalls nicht so endet wie gedacht, oder das Geburtstagsgedicht mit der Pointe: "Ich hätt' dich älter gschätzt."

Auch Solonummern gibt es. Liegls Selbstfindungstrip etwa, ein herrlicher Abgesang auf Heimat-Klischees. Eine Auszeit auf der Alm bringt den Alex ganz verwandelt zurück: Schafsfell, Mütze, Hirtenstab und wahnsinnig ruhig. Das Leben auf der Alm, Monotonie aus Berg, guader Luft und scheene Bleame: "Tauschen mecht i ned. Höchstens mit was, was ned gar so langweilig is." Oder eine von Altingers Glanznummern, die um die Frage kreist, wie alt eigentlich Hühner werden, wenn sie nicht einem vorzeitigen Schlachttod erliegen. Für die Bäuerin, den Bauern und den Opa nicht leicht zu beantworten. Und überhaupt eine depperte Frage. Denn wenn man schon ein Haustier will, dann doch lieber eine Katze. Oder eine Kartoffel, weil die nicht so leicht überfahren wird. Nur eines bleiben Liegl und Altinger schuldig: Die Nummer, "wo mir uns nackert ausziehen und ins Publikum springen". Der Abend endet mit tosendem Applaus, drei Zugaben, angezogenen Protagonisten und dem Resümee: "I weiß ned, ob ihr gemerkt habt's, dass mia da warn. Aber mia san jetzt weg." Schade und auf Wiedersehen.

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