"Ickinger Frühling":Da reist man gern aus Rom an

Das Streicher-Festival hat inzwischen eine Attraktivität, die weit überregional ausstrahlt. Besucher schätzen das Programm, die Atmosphäre und die Nähe zu den Künstlern

Von Sabine Näher, Icking

"Internationales Festival": Dieses Etikett heftet sich manch lokale Initiative an, bei der man ins Grübeln kommen kann, ob hier nicht etwas hoch gestapelt wird. Beim Internationalen Streichquartett-Festival "Ickinger Frühling" aber ist man auf dem besten Wege, die Internationalität gleich zweifach zu erfüllen. Die Ensembles reisen ohnehin aus aller Welt an. Und auch die Besucher kommen nicht mehr nur aus der Region, sondern zunehmend auch aus anderen Bundesländern. Die weiteste Anreise dürfte in diesem Jahr Benigna Mallebrein gehabt haben. Die Schwarzwälderin lebt seit 40 Jahren in Italien - und ist am Wochenende direkt aus Rom angereist.

"Ickinger Frühling": Junge Gäste: Philomena (l.) und Justina (r.) mit ihrem Vater Thomas Hieber.

Junge Gäste: Philomena (l.) und Justina (r.) mit ihrem Vater Thomas Hieber.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

"Ickinger Frühling: Das hört sich einfach schön an", erklärt sie. Der gut gemachte Internetauftritt hat die Kammermusik-Liebhaberin auf das kleine Festival aufmerksam werden lassen. Das "unglaublich spannende Programm" habe sie neugierig gemacht: "Hier kann man Werke erleben, die man in Italien niemals hört." Erstaunlicherweise trifft das auch auf das rein italienische Programm des Eröffnungskonzerts mit dem Quartetto di Cremona zu. Mallebrein freut sich darauf, alle vier Konzerte zu besuchen.

"Ickinger Frühling": Weit gereist: Benigna Mallebrein aus Rom.

Weit gereist: Benigna Mallebrein aus Rom.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Da sie die Region noch gar nicht kennt, nimmt sie sich ein paar Tage Zeit, um noch mehr Kultur erleben zu können. "Gestern war ich in Kochel im Franz-Marc-Museum", erzählt sie. "Es wird ja so viel geboten hier - und die Gegend ist einfach traumhaft!" München und seine Konzertsäle kennt sie natürlich, aber es reizt Mallebrein, immer wieder Neues zu entdecken. Den Ickinger Organisatoren spricht sie ein ganz dickes Lob aus. Bis ins kleinste Detail sei hier alles bestens durchorganisiert. Auch die Einführungsvorträge schätzt sie, wie auch die Möglichkeit der persönlichen Kontaktaufnahme zu den Künstlern.

"Ickinger Frühling": Cristiano Gualco vom Quartetto di Cremona.

Cristiano Gualco vom Quartetto di Cremona.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Dass man hier "näher dran" sei, erfreut auch Gisela Schmid-Steinke. Die Heilpädagogin aus Wolfratshausen besucht die Ickinger Konzerte seit Anbeginn gemeinsam mit ihren Mann Hermann Schmid, dem ehemaligen Schulleiter von Schloss Reichersbeuern. Beiden geht es insbesondere darum, die Kommunikation der Musiker während des Spiels aus nächster Nähe verfolgen zu können. "Musik als Gespräch und Austausch von Gefühlen wird hier direkt erfahrbar." Das Paar gehört zur großen Zahl der Kammermusik-Liebhaber, die selbst aktiv sind: Sie spielt Geige und Bratsche, er "nur Geige - aber sehr gut", wie seine Frau betont. Die beiden wollen ebenfalls alle vier Konzerte besuchen. Dabei reizt es sie vor allem, die verschiedenen Ansätze, die ein Quartett verfolgt, kennenzulernen. "Jedes hat seinen eigenen Charakter, gerade so wie eine Person", erklärt Schmid.

"Ickinger Frühling": Bettina Gaebel (stehend) ist Zweite Vorsitzende der Klangwelt Klassik.

Bettina Gaebel (stehend) ist Zweite Vorsitzende der Klangwelt Klassik.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Nur zu diesem einen Konzert aus München angereist sind dagegen Justina und Philomena Heyn mit ihrem Vater Thomas Hieber. "Die Mama muss zu Hause auf den kleinen Bruder aufpassen; der darf noch nicht ins Konzert", erklären die beiden Mädels. Sie dagegen haben reichlich Konzerterfahrung, kennen den Gasteig wie den Herkulessaal. Und natürlich spielen beide ein Instrument: die achtjährige Philomena Cello, die neunjährige Justina Geige. Dass sie heute (aufmerksam lauschend) im Rilke-Gymnasium sitzen, liegt daran, dass ihr Vater, der als Jurist in einer Filmproduktion für klassische Musik arbeitet, den Bratscher des Ensembles kennt.

Ebenfalls aus München kommt Friedrich-Karl Bruhns. Als freiberuflicher Mitarbeiter ist er dort in einer Künstleragentur tätig und aus beruflichen wie privaten Gründen, was sich bei ihm nur schwer trennen lässt, häufig in Icking anzutreffen: "Ich lerne hier immer wieder neue Musiker kennen - oder ich komme wegen bekannter Musiker, die ich sonst selten treffe." Sein Terminkalender erlaubt diesmal nur den Besuch des Eröffnungskonzerts, aber er kommt auch, um den Trägerverein Klangwelt Klassik zu unterstützen: "Dass rund um das Zentrum München Kultur aufgrund privater Initiative stattfindet, das muss man fördern."

Damit sich die Festivalbesucher vor und zwischen den Konzerten wohlfühlen, hat das Festival ein gemütliches Café eingerichtet - im Klassenzimmer der 6d. Das Kuchensortiment ist verlockend und beeindruckend. "Im letzten Jahr ging am ersten Tag schon alles weg, da hat unsere Patissière über Nacht schnell noch zehn neue Kuchen gebacken", erzählt Gertrut Weidner, die mit ihrem Mann, dem Vorstandsmitglied Hermann Weidner, an der Kasse sitzt und die Konzertbesucher empfängt. Ein Sekt-Buffet ist im Flur aufgebaut. Auf allen Tischen stehen Frühlingsblumen. Bettina Gaebel hat die Position der Zweiten Vorsitzenden der Klangwelt Klassik 2016 übernommen. Die Germanistin und Theaterwissenschaftlerin arbeitet in PR und Marketing und bringt diese Erfahrung in die Vereinsarbeit ein. Sie engagiert sich hier, weil ihr ein reiches kulturelles Leben in der Region wichtig ist. "Wir verzeichnen steigende Besucher- und Abozahlen, wir haben viele neue Vereinsmitglieder. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg", sagt sie. Werner Wellhöfer, der Vorsitzende, führt die Begeisterung für die Musik und die fantastischen Erlebnisse, die er der Aufgabe verdankt, als seine Beweggründe an. Dass er dabei so viele "nette, aufgeschlossene, diskussionsfreudige junge Musiker" kennenlernt, freut ihn besonders. Das große Ziel beider: noch mehr junge Besucher ins Konzert zu bringen. Dazu stehe im nächsten Jahr ein Experiment an. Mehr verraten sie nicht.

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