Ickinger Inferno:Nach dem Feuer vor dem Nichts

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Die Brandkatastrophe von Icking lässt Bewohner obdachlos zurück - zur Ursache wird weiter ermittelt

Von Claudia Koestler, Icking

Um das Feuer zu bewältigen, waren insgesamt 185 bis 210 Rettungskräfte im Einsatz. (Foto: Hartmut Pöstges)

Es waren dramatische Szenen, die sich da mitten in der Nacht in Icking abgespielt haben: Menschen, die in Todesangst aus dem Fenster sprangen, um den Flammen zu entkommen; die Feuerwehr, die gerade noch einen 74-jährigen Rentner befreien konnte, ehe sich das Feuer explosionsartig ausbreitete.

Die Ursache für den Großbrand in einer ehemaligen Reitanlage in der Nacht zum Montag, bei dem zwei Menschen starben und acht zum Teil schwer verletzt wurden, war am Dienstag noch immer unklar. Fest steht indes, dass das Inferno die Isartalgemeinde nachhaltig erschüttert hat. Ickings Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI) dankte noch am Montagabend Anwohnern, Helfern und Rettern für deren hervorragende Arbeit.

Dem Großfeuer folgen nun aber noch weitere Dramen, denn die Überlebenden stehen vor dem Nichts. Menrad nutzte deshalb die Gemeinderatssitzung für einen Appell: Die Gemeinde suche dringend dauerhafte Unterbringungsmöglichkeiten für fünf der nun obdachlos gewordenen, ehemaligen Bewohner der Reitanlage.

Auch wenn sich bislang weder Polizei noch Feuerwehr verbindlich äußern wollten zu der Frage, warum der Gebäudekomplex am Isarweg Feuer fing, vermutet Menrad: "Ursache war wohl ein Zimmerbrand". Allerdings wisse man noch nichts Genaues, schränkte sie ein. Der Kommandant der Ickinger Feuerwehr, Johannes Hirt, erklärte, dass seine Einheit zunächst zu einem "Zimmerbrand in einer Pizzeria" an der Adresse der ehemaligen Reitanlage gerufen worden sei - was sich dadurch erkläre, dass es dort früher einmal ein Restaurant gegeben habe. Ein Polizeisprecher des Präsidiums bestätigte auf Nachfrage, dass die Ermittlungen laufen, unter anderem seien Gutachter des Landeskriminalamtes am Ort des Geschehens.

"Der Zerstörungsgrad ist allerdings so groß, dass es lange dauern wird, bis man genauere Aussagen zur Ursache treffen kann", so der Sprecher. Er gehe von mindestens einigen Tagen, wenn nicht sogar Wochen aus.

Hirt berichtete von einem "durchaus kritischen Einsatz". Gleichzeitig mit der Ickinger Wehr seien die Kameraden aus Wolfratshausen samt Drehleiter angerückt. "Beim Ankommen haben wir eine Person angetroffen, die über Atemnot klagte, und weitere Personen wurden vermisst", sagte er. Ausgerüstet mit schweren Atemschutzgeräten hätten die Kollegen dann versucht, diese im Gebäude zu finden - in zwei Fällen aber leider vergeblich, wie Hirt sagte. "Denn schon nach kurzer Zeit war die Hitzeentwicklung so hoch, dass es zu einer Durchzündung gekommen ist und alle sofort haben raus müssen." Schlagartig stand der gesamte Komplex in Vollbrand. Weitere Einsatzkräfte mussten alarmiert werden, insgesamt seien 185 bis 210 Rettungskräfte beteiligt gewesen. Noch bis in den Abend hinein waren die Kameraden mit Nachlöscharbeiten beschäftigt.

Die Tragik des Großfeuers offenbart sich einerseits in der Zahl der Toten und Verletzten, andererseits in dem Fall des 74-jährigen Rentners, den die Retter gerade noch aus dem brennenden Gebäude tragen und wiederbeleben konnten. Er wurde noch in der Nacht mit einem Hubschrauber in eine Spezialklinik gebracht. Dort liegt er seither im Koma und muss künstlich beatmet werden. Ob er sich von der Feuerkatastrophe erholen werde, sei schwer einzuschätzen, erklärte sein Betreuer. Denn der Mann leidet bereits seit Jahren unter einer chronischen Lungenerkrankung und war auf eine Atemhilfsmaschine angewiesen. Wenn er nun die Folgen des Brandes überlebt, "dann hat er gar nichts mehr, kein Zuhause, kein Hemd und auch keine Erinnerungsstücke mehr."

Wie es mit dem ausgebrannten Reitstall weitergeht und wie es in dem Gebäude um den Brandschutz bestellt war, ist ebenfalls noch offen. Der Eigentümer Johann Abfalter war auch am Dienstag nicht zu sprechen.

© SZ vom 25.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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