Die wiederholten sintflutartigen Regenfälle haben die Gemeinde Icking aufgerüttelt, die Vorsorge vor Starkregen und Sturzfluten schneller voranzutreiben. Als ersten Schritt fasste der Gemeinderat jetzt den Grundsatzbeschluss für ein sogenanntes Sturzflut-Risikomanagement, um Gefahrstellen zu erkennen und geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dabei scheint kein Weg daran vorbeizuführen, auch die Bürger ins Boot zu holen, auch wenn das heißt, dass die dafür aus eigener Tasche zahlen müssen.
Am 12. Juli dieses Jahres hatte es die am Hang liegende Gemeinde wieder einmal ereilt, wie schon mehrfach in den Jahren zuvor. Aber diesmal war es so schlimm wie noch nie: Nach einem heftigen Gewitter mit Regen, Sturm und Hagel stand der Keller der Grundschule fast zwei Meter hoch unter Wasser und war die Bundesstraße 11 in der Ortsmitte so überschwemmt, dass kein Durchkommen mehr möglich war. Zahlreiche Hausbesitzer hatten mit eingedrückten Kellerfenstern und in die Gebäude eingedrungenem Wasser zu kämpfen.

Für solche Sturzfluten seien Kommunen nicht automatisch zuständig, sagte Bürgermeisterin Verena Reithmann (Unabhängige Bürgerliste Icking) in der Sitzung am Montag, auch wenn sie von den Folgen betroffen seien. Sie sieht die Gemeinde vor großen Herausforderungen. Die übliche Straßenentwässerung sei auf die Dimensionen eines durch die Unwetter hervorgerufenen, wild abfließenden Wassers nicht ausgelegt und könne die Fluten wegen der schnellen Strömung und der im Nu durch Hagel und Blätter verstopften Gullys gar nicht aufnehmen. „Das Wasser läuft dann am Kanal vorbei“, veranschaulichte Reithmann. Deshalb seien die Grundstückseigentümer in der Pflicht, selbst Schutzmaßnahmen zu treffen. „Je außergewöhnlicher das Regenereignis, desto mehr kommt es auf die privaten Häuser an.“
Die Bürger müssen mit ins Boot geholt werden
Das zu kommunizieren sei jetzt die Aufgabe der Gemeinde. „Wir müssen mitteilen, wer gefährdet ist und was er zu seinem Schutz tun kann“, sagte Reithmann. Freilich bedeute ein solcher Schutz nicht, nach dem Floriansprinzip und auf Kosten des anderen, beispielsweise mit Mauern oder Ableitungen, das Wasser zum Nachbar zu lenken, sondern müsse innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen erfolgen. Bei dieser gemeinsamen und sehr komplexen Aufgabe sei die Gemeinde auf planerische Hilfe angewiesen, so Reithmann.
Das bayerische Umweltministerium bietet Kommunen ein Sturzflut-Risikomanagement an. Dabei werden mithilfe eines Planungsbüros Gefahren aus Starkregen erkannt, betroffene Anwohner und Grundstücke erfasst und effektive Maßnahmen zum Schutz vor Starkregen erarbeitet. Für das Konzept, bei dem auf Icking Kosten von geschätzten 100 000 Euro zukommen, stehen Fördergelder in Höhe von 75 Prozent in Aussicht. Für die Umbaumaßnahmen selbst ist allerdings kein Zuschuss zu erwarten.
Bedenken über die Solidarität
Im Gemeinderat gab es dafür grundsätzlich grünes Licht, aber auch Bedenken, wie etwa über die Solidarität innerhalb der Gemeinde. Es käme halt wirklich darauf an, ob die Hauseigentümer mitmachten, meinte Philipp Geiger (Grüne). Man könne den einzelnen zwar nicht zwingen, räumte die Bürgermeisterin ein, „aber ich gehe davon aus, dass jeder Eigentümer ein eigenes Interesse hat sich zu schützen“. Vigdis Nipperdey (Ickinger Initiative) prognostizierte große Probleme mit der Abgrenzung zwischen kommunaler und privater Verantwortung. Weil das Ganze verspreche, eine „teure Sache“ zu werden, werde jeder versuchen, die Zuständigkeit auf den anderen abzuwälzen. Die Erfahrung der Betroffenen unbedingt einzubeziehen, das forderte Beatrice Wagner (SPD). Die Bürger sollten die Zahl und Art ihrer Schäden dokumentieren, damit man feststellen könne, ob die besondere Topografie Ickings oder die Gebäudearchitektur dafür verantwortlich seien.
Uschi Loth (Parteifreie Wählergemeinschaft Icking) hielt das Starkregen-Konzept für überflüssig. Ohne konkrete Berechnungen, „wo und was bei wem passiert“, könne man aber nicht weitermachen, entgegnete Reithmann. „Versuch und Irrtum können wir uns nicht leisten, gerade bei der Grundschule.“ Mehrheitlich waren die Räte der Meinung, dass das Ganze wegen des großen Gemeindegebiets zwar äußerst aufwendig sei, aber eben unumgänglich. Wie Reithmann mitteilte, hat die Gemeinde im Hinblick auf Hochwasser auch schon hilfreiche Vorarbeit geleistet. Vor Jahren schon sei eine Abflusskarte erstellt worden, die ermittelt, wohin das Wasser schadlos fließen kann. Außerdem hat die Gemeinde 2023 in einem staatlichen Pilotprojekt den „Hochwassercheck“ vorgenommen.