Süddeutsche Zeitung

Sonnenenergie im Isartal:Aus für Solarpark "Kaltenbrunn"

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Der Eigentümer zieht die Photovoltaik-Pläne für sein umstrittenes Grundstück zugunsten des Dorffriedens zurück. Zwei weitere Anlagen im Ickinger Gemeindegebiet bleiben im Rennen.

Die bei den Anwohnern verhasste Freiflächen-Photovoltaikanlage "Kaltenbrunn" im Ickinger Ortsteil Attenhausen ist vom Tisch. Am Ende einer zweistündigen Debatte am Montag im Gemeinderat teilte Bürgermeisterin Verena Reithmann (UBI) mit, dass der Eigentümer sie soeben informiert habe, bei so wenig Zustimmung das Grundstück nicht mehr zur Verfügung stellen zu wollen. Fast 50 Attenhauser, die gegen die Pläne Sturm gelaufen waren und die Sitzung teils sehr emotional verfolgt hatten, quittierten das mit großem Jubel.

Der Gemeinderat, der sich seit vergangenem Jahr mit den Anträgen zum Bau dreier PV-Anlagen beschäftigt, nähert sich dem Thema auf Zehenspitzen. Auch in dieser Sitzung wurde viel geredet und nichts beschlossen. Was aber daran lag, dass der Projektentwickler Vispiron noch nicht so richtig offengelegt hat, was er eigentlich dort genau vorhat. Es ist in den Anträgen nicht nur die Rede von den sattsam bekannten Solarmodulen, sondern auch von etlichen Nebenanlagen wie Batteriespeichern, Vorrichtungen zur Erzeugung von Wasserstoff und Kühlhäusern zur Lagerung von chemischen Produkten der Pharmaindustrie.

Dem Gemeinderat geht es darum, möglichst nur das zuzulassen, was zur Betreibung der Anlage technisch zwingend notwendig ist, anstatt auf Kosten des Landschaftsbilds die wirtschaftlichen Interessen eines Investors zu bedienen. Was außerdem Unmut hervorrief: Vispiron hat bislang noch nicht eingewilligt, der Gemeinde vertraglich eine aktivere Beteiligungsrolle zuzugestehen, die beispielsweise ein Vetorecht bei Verkauf vorsieht. Die Kommune hat diesen Kriterienkatalog aber für unverhandelbar erklärt.

"Das Drama von Attenhausen ist seine Nähe zur Autobahn"

So blieb Bürgermeisterin Reithmann eigentlich nur noch übrig, das Stimmungsbild unter den Räten abzufragen. In Sachen Kaltenbrunn im Ortsteil Attenhausen waren diese sich einig, dass es keinesfalls zumutbar sei, den Anwohnern einen bis zur Wohnbebauung reichenden Solarpark mit Dimensionen von über fünf Hektar direkt vor die Nase zu setzen. "Das Drama von Attenhausen ist seine Nähe zur Autobahn", kommentierte Georg Linsinger (UBI). Das Dorf habe mit dem Mobilfunkturm und der Geothermiebohrung schon viel zu viel über sich ergehen lassen müssen und könne nicht für alles herhalten.

Anders schaut es bei dem zweiten Attenhauser Standort bei der alten Geothermiefläche aus. Dieser wurde allseits zum Favoriten erklärt, da er weitaus abgelegener liegt und wenig einsehbar ist. "Er ist gut geeignet und wird lokal akzeptiert", fasste Jörg Überla (Grüne) zusammen. Beim dritten Standort zwischen Icking und Ebenhausen auf einem Feld zwischen B11 und Bahngleisen lief alles mal wieder auf die Grundsatzdebatte Energiewende gegen Landschaftsbild hinaus. "Mir würde das an dieser sensiblen Stelle wahnsinnig weh tun", bekannte etwa Claudia Roederstein (UBI), die wegen der dort geplanten sechs Meter hohen Kühlhäuser eine 3D-Simulation forderte. Vigdis Nipperdey (Ickinger Initiative) haderte mit dem "unverantwortlichen Umgang mit einer einmaligen Kulturlandschaft" und zitierte dabei Gabriel von Seidls Manifest gegen die Zerstörung des Isartals vor hundert Jahren. "Lasst uns um Himmels Willen eine weniger sichtbare Fläche suchen", beschwor sie das Gremium.

Während sich die CSU mit ihrer Meinung auffallend bedeckt hielt, konnten sich Grüne, PWG und die restliche UBI für den Standort an der B 11 erwärmen, falls er begrünt und halbwegs verdeckt wäre. Das Ganze abzuschmettern, nur dass die "die Stoderer, die aus Minga rausfahren" am Wochenende weiter ihren tollen Bergblick haben, hielt Uschi Loth (PWG) jedenfalls für die falsche Denkweise. "Die Lage ist nicht verkehrt, hier werden wenigstens keine Anwohner gestört." Laura von Beckerath-Leismüller von den Grünen erinnerte an das Bekenntnis der Gemeinde zur Klimaneutralität vor drei Jahren und mahnte, nicht weiter Zeit zu vertun mit unaufhörlicher Suche nach vermeintlich geeigneteren Flächen. "Wir sollten das Ganze nicht vorneherein verteufeln, aber sorgsam prüfen", hatte Stefan Schneider (UBI) das Schlusswort. So soll der Projektentwickler alle geplanten Nebenanlagen im Detail offenbaren und den Bedingungen der Gemeinde zustimmen.

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