Konzertrezension:Entdeckungen aus den Übergangsphasen

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Die Musiker des Malion Quartetts beeindruckten bei ihrem Auftritt in Icking mit feiner Balance der Stimmen, Farbvielfalt, Dynamik und überzeugenden dramaturgischen Spannungsbögen. (Foto: Felix Broede/ Veranstalter/oh)

Das Malion Quartett aus Frankfurt präsentiert dem Publikum in Icking famose Interpretationen entlang eines besonderen roten Fadens.

Von Ulrich Möller-Arnsberg, Icking

Manchmal erschließt sich erst im Laufe eines Konzertabends, wie folgerichtig sein Programm von den Musikern gedacht ist. So geschehen beim letzten Konzert vor der Sommerpause bei Klangwelt Klassik. Zu Gast war das Malion Quartett aus Frankfurt. Das „Hoffmeister“-Quartett KV 499 von Mozart stand zu Beginn des Streichquartettabends im Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium, bevor Werke des polnischen Komponisten Karol Szymanowski und des Italieners Giuseppe Verdi folgten. Musik, von diesen dreien jeweils geschrieben in einer besonderen Übergangsphase, was sie dann auch wie einen roten Faden im Laufe des Konzerts dramaturgisch verband.

Primarius Alex Jussow zeigte mit seinen musikalischen Partnerinnen Miki Nagahara (Violine), Lilya Tymchyshyn(Viola) und Bettina Kessler (Cello), wofür das 2018 gegründete Malion Quartett mit Preisen wie beim Osaka International Chamber Music Competition ausgezeichnet worden ist. Die vier Musiker beeindruckten mit feiner Balance der Stimmen, Farbvielfalt, Dynamik und überzeugenden dramaturgischen Spannungsbögen. Dies zeigten sie gleich von Beginn an bei Mozart und dessen 1786 geschriebenem Quartett, das zwischen seinen ersten, Joseph Haydn gewidmeten Streichquartetten, und den späteren „preußischen Quartetten“ steht. Zu dieser Zeit hatte sich der 30-Jährige in Wien etabliert, wo er nicht mehr nur als „genialer Musikant“ aus Salzburg, sondern als veritabler Komponist wirken konnte.

Eine besondere Entdeckung

Eine andere Übergangsphase hatte Karol Szymanowski 1917 hinter sich, als er sein Streichquartett Nr. 1 schrieb. Im kleinen Örtchen Tymoszówka in der südlichen Ukraine geboren, war der Sohn von polnischen Gutsbesitzern als Kompositionstalent einige Jahre in Wien gewesen und hatte Aufenthalte in Italien absolviert. Sein Quartett geriet beim Ickinger Konzert zur besonderen Entdeckung. Szymanowskis slawischer Impressionismus klang wie gemacht fürs Malion Quartett. Ein Wechselspiel zwischen feintönigem Flageolett-Klang und harschen, kraftvollen Marcato-Passagen, bei denen Szymanowskis expressionistisches Vorbild Béla Bartók zu spüren war.

Nach der Pause schließlich, zu der es schon begeisterte Bravo-Rufe aus dem gut gefüllten Saal gab, folgte Giuseppe Verdis e-Moll Streichquartett. Komponiert 1872 in Neapel als kammermusikalisches Verlegenheitswerk, weil gerade die Proben zu Verdis Erfolgsoper Aida wegen einer erkrankten Sopranistin unterbrochen werden mussten. Aber auch dabei kam ein Stück seltener Güte heraus. Dafür steht allein schon ein Moment, in dem das Cello arienhaft abhebt und dabei von den höheren Streichern im Pizzicato begleitet wird. Das und die noch folgende raffinierte Final-Fuge, in der sich die stimmführenden Instrumente überlappen, konnte bei der famosen Interpretation des Malion Quartetts nicht das Ende des Abends sein. Ein nicht abreißender Beifall führte zu einer ganz innigen Komposition des Ukrainers Myroslav Skoryk als Zugabe; der Titel: Melodie. Ein Stück Wehmut in Zeiten, die eine ganz andere Sprache sprechen, als die, um die es der Musik geht.

Weitere Informationen unter www.klangwelt-klassik.de

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