Leben im Isartal:"Es geht ja nicht um einen Palast"

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Der Ickinger Waldkindergarten steht nach 22 Jahren Betrieb vor dem Aus, weil das Landratsamt die Genehmigung für einen Bauwagen versagt. Die Gemeinde sucht nun nach Lösungen.

Von Susanne Hauck, Icking

Der Irschenhausener Waldkindergarten kämpft um seine Existenz. Grund dafür sind die Auflagen des Landratsamts. Es will dem im Winter unverzichtbaren Bauwagen keine Genehmigung erteilen. Viele verzweifelte Eltern mit Kleinkindern saßen am Montagabend zur symbolischen Unterstützung im Ickinger Gemeinderat, als Kindergartenleiterin Anette Hemme und Elternbeirätin Elisabeth von Braunschweig ihre Not mit der Baubehörde schildern durften. "Wir kriegen keine Genehmigung", klagte von Braunschweig. "Seit eineinhalb Jahren kommen wir einfach nicht weiter."

Die Sache hat natürlich eine Vorgeschichte. Schon vor mehreren Jahren wurde - übrigens mit Unterstützung der Gemeinde - für den Waldkindergarten am Schäftlarner Weg ein Bauwagen angeschafft. Dort können die Kinder ihre nasse Kleidung wechseln und sich bei schlechtem Wetter aufwärmen oder bei Regen auch mal was malen. Um eine Genehmigung hatte sich bislang keiner groß gekümmert. Außerdem stehen auf dem Gelände noch zwei ältere Bauwagen für Material und Werkzeug sowie eine überdachte Garderobe, wo sich die Kinder geschützt umziehen können. Nach einer Begehung durch das Landratsamt flatterte dem Kindergarten im Dezember 2020 die Aufforderung ins Haus, bis Ende März alles wegzuräumen. Grund waren Bedenken wegen der "Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft", so der Wortlaut des Schreibens. Die Behörde befürchtete außerdem die "Verfestigung einer Splittersiedlung" im Außenbereich. Lediglich ein Bauwagen als reiner Materialwagen und als unbeheizte Notunterkunft, aber keinesfalls wie bisher als Aufenthaltsraum mit Ofen, sei vorstellbar, für den außerdem ein Bauantrag einzureichen sei. Der Waldkindergarten sei der Anordnung nachgekommen und habe die restlichen Einrichtungen beseitigt, schilderte es die Elternbeirätin. "Da waren wir noch voller Hoffnung, wir dachten, unser einziger Bauwagen platzt jetzt zwar aus allen Nähten, aber wir haben wenigstens die Chance auf Genehmigung." Die Sache ging in den folgenden Monaten hin und her, die Eltern schrieben viele Briefe und holten sich aus Verzweiflung schließlich einen Anwalt mit ins Boot. Im März dieses Jahres war der Bauantrag endlich fertig, der ohne Probleme den Gemeinderat passierte. Doch das Landratsamt war auch jetzt nicht zufrieden. Es kündigte mit den gleichen Bedenken wegen der Natur und der Splittersiedlung die wahrscheinliche Ablehnung des Bauantrags an. Nun fürchtet der Kindergarten, dass demnächst die Ablehnungsbescheid kommt und die Einrichtung, die es seit 22 Jahren gibt und die derzeit 18 Kinder betreut, im September vor dem Nichts steht.

"Ohne Bauwagen ist ein Winterbetrieb im Waldkindergarten unrealistisch", sagte Braunschweig. Die Kinder hielten sich zwar überwiegend im Freien auf, müssten sich aber bei Minustemperaturen und Regen auch mal aufwärmen können oder drin essen können. Die Haltung des Landratsamts in diesem Fall sei ihr ein Rätsel. So habe die Behörde bei anderen Waldkindergärten im Landkreis ihren Ermessensspielraum genutzt und mehrfach Bauwagen mit Öfen genehmigt. Weil man so nicht weiterkomme, forderte Braunschweig die Gemeinde auf, mithilfe eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans die rechtlichen Voraussetzungen für den Bauwagen zu schaffen.

"Wir lassen den Waldkindergarten nicht im Stich", versprach Bürgermeisterin Verena Reithmann (UBI), die das Gespräch mit der Behörde suchen will. Auch ihr wollte die Argumentation nicht ganz einleuchten, zumal das Gebiet sogar einst für Wohnbesiedlung vorgesehen war. Das Ziel sei jedoch zunächst "der direkte Weg" mit Baugenehmigung, da alles andere mit zu viel Kosten und Aufwand verbunden sei. Im Notfall könne der Gemeinderat noch in der Septembersitzung tätig werden.

Hinterher zeigte sich Elternbeirätin Elisabeth von Braunschweig über das klare Bekenntnis sehr erleichtert. "Es geht ja nicht um einen Palast oder um besonderen Komfort", sagte sie. "Es muss halt nur irgendwo was Warmes für die Kinder geben." Dann könnten sie auch mit den mit den Auflagen vom Amt verbundenen Einschränkungen leben, wie zum Beispiel der Riesenmangel an Platz oder dass die Kinder seitdem für jedes Werkzeug zum mehrere Hundert Meter entfernt auf einem Privatgrundstück stehenden Materialwagen laufen müssten. Das seit anderthalb Jahren andauernde Gezerre wäre nervlich und finanziell eine Riesenbelastung. Sie hofft auf eine gütliche Einigung.

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